Geschöpfe der Nacht
Kältetiefschlaf von Kosmonauten auf den langen Reisen zu den Sternen überflüssig machen. Wenn der Mensch so lange leben kann, wie er will, dann wird es keine Rolle mehr spielen, wie lange die Reise dauert. Das ist, was ich möchte – nicht bloß ein endloses Leben nur für Sie und nach Ihnen für mich.«
»Dann werden Sie keins von beiden haben.« Thebom Skankar schien zu flüstern, aber sein Flüstern erfüllte den Saal, als hätte er die Worte gebrüllt. »Nur Zerstörung. Haben Sie die Worte von Zeus vergessen? Ich verkündete diese Worte einmal, zuerst unter dem Namen Homer. Erinnern Sie sich, wie Zeus den anderen Göttern sagt, daß sie ein Ende einer Kette nehmen sollen, während er das andere nimmt, damit sie selbst sehen können, wie seine Kraft immer noch größer ist als ihre Kräfte zusammengenommen? Denn ich bin auch Zeus. Meine Kraft ist größer als die meiner Söhne – selbst wenn Sie Shaitan wiederbeleben und auf Ihre Seite bringen könnten. Oder ein Dutzend Shaitans. Anerkennen Sie mich, oder sterben Sie.«
Thebom Shankar verstummte. Sein Blick verlagerte sich von Rafe auf die Gruppe um Ab. Rafe folgte der Blickrichtung zu Forebringers steif aufrecht sitzender Gestalt. Forebringers rechte Hand hatte die Sessellehne verlassen und war halb unter seiner pflaumenfarbenen Jacke verschwunden. Als er genauer hinsah, bemerkte Rafe, daß die Adern auf Forebringers Stirn hervortraten und daß er seine Hand ganz langsam und wie gegen einen nahezu unüberwindlichen Widerstand weiterschob.
Shankar hob seine rechte Hand langsam von seinem Schoß und zeigte mit dem Mittelfinger auf den Chef der UNO-Polizeitruppe.
»Willet Forebringer«, flüsterte er. »Ihr Verlangen, mich zu bekämpfen und mir zu schaden, beleidigt mich. Ich sehe, daß Sie nicht auf die Vernunft hören wollen. Darum sind Sie auf dieser Erde nicht mehr von Nutzen für mich. Willet Forebringer, ich befehle Ihnen, zu sterben.«
Forebringers Hand kroch noch eine oder zwei Sekunden lang weiter, dann stockte ihre Bewegung. Der sehnige Körper fiel gegen die Rückenlehne zurück und blieb dort, den Kopf im Nacken und zur Decke starrend. Die rechte Hand rutschte aus der Jacke, und eine kleine Pistole glitt aus den schlaffen Fingern und klapperte auf die Fliesen.
»So«, sagte Shankar und blickte wieder Rafe an. »Haben Sie gesehen? Jede Nacht träumt die ganze Welt unter der Energieausstrahlung. Und die Trägerwellen dieser Sendungen bringen mir die Kraft, die Ladung all ihrer freigesetzten Emotionen. Ich sammle sie wie eine Batterie und beziehe daraus die Macht über Leben und Tod, wie Sie eben gesehen haben. Können Sie einer Macht wie dieser widerstehen? Sie sollten nicht so dumm sein, zu glauben, Sie könnten es.«
»Ab«, sagte Rafe. »Wie geht es? Du weißt genug über die Energie, um dich von ihrer Wirkung zu befreien. Du mußt es können, wenn jemand wie ich es kann. Ich brauche Hilfe, Ab. Du weißt, welche.«
»Mr. Harald«, sagte Shankar streng, »nun haben Sie auch diesen Mann getötet, der Dein Freund war …«
»Lukas!« Das Wort brach plötzlich über Abs Lippen, wie von einer inneren Explosion herausgeschleudert. »Lukas! Jetzt! Jetzt!«
Die drei Wachhunde wurden unruhig. Ihre Aufmerksamkeit galt nicht mehr Rafe allein. Sie wandten ihre Köpfe zu den offenen Fenstern und zurück, und ihre Rückenhaare begannen sich zu sträuben. Unter den Fenstern raschelten Zweige, und ein langer grauer Körper schoß über das niedrige Fensterbrett eines der mittleren Fenster. Lukas blickte mit seinen gelben Lichtern umher.
Die Wachhunde knurrten und grollten. Mit langsamen, leise tappenden Schritten ging der Wolf auf den nächsten Hund zu, ohne dessen zähnebleckende Erregung zu beachten oder zurückzuknurren. Einen halben Meter vor dem Hund blieb er stehen, die Rute in der Luft, ein Vorderbein etwas angehoben, und schnupperte. Der Wachhund wich nicht von der Stelle, aber sein Knurren hörte auf, und allmählich legte sich sein Rückenfell. Er kauerte nieder und begann plötzlich leise zu winseln. Er wälzte sich auf den Rücken und langte mit einer Pfote nach dem Wolf.
Lukas blieb eine Sekunde stehen, ohne ein Geräusch. Dann warf er seinen Körper herum und schnürte zu den beiden anderen Hunden, die ihr Knurren und Grollen während der letzten Minute verdoppelt hatten. Sie rissen abwechselnd ihre Pfoten vom Boden und zuckten, als ob sie es nicht erwarten könnten, sich in den Kampf zu stürzen. Aber ihre anerzogene Disziplin hielt
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