Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)
ihrem Leben zu nichts bringen werden. Die sollten sich lieber um ihren eigenen Kram kümmern als um Dinge, von denen sie nichts verstehen.
Werner, Sie unterschätzen das. Natürlich können sie uns nicht verbieten lassen, aber es könnte teuer für uns werden. Wir haben lange genug hier herumgesessen und Carpaccio in uns hineingeschaufelt, wir können nicht bis in alle Ewigkeit vor uns hin siechen, sonst geht irgendwann alles den Bach runter. Wir müssen etwas unternehmen, solange das noch möglich ist.
Genau das tun wir doch, mein Lieber, wir bewegen uns, erklärte Werner und ließ die Gabel in der Luft kreisen. Er und Kiesbert begannen zu lachen. Es amüsierte sie, wie Krays herumzappelte, ein Fisch, der den falschen Haken geschluckt hatte.
Es reicht nicht mehr, nur mit den Gewerkschaften zu sprechen. Wir müssen auch die NGOs ins Boot holen, sagte Krays. Auch wenn es uns nicht passt.
Ich will sie nicht im Boot haben, und ich brauche sie auch nicht, entgegnete Werner kühl. Sie, Krays, können mit den NGOs gern eine Paddeltour über den Baldeneysee machen, wenn Ihnen danach ist. Ich esse mein Carpaccio. Aber setzen Sie sich zu uns, Krays, hören Sie sich an, was Luise erreicht hat, vielleicht bringt Sie das zur Ruhe.
Vor wenigen Tagen hatte Luise sich mit Lennart Wenzel getroffen, im selben Restaurant, in dem sie schon einmal gemeinsam zu Abend gegessen hatten. Er war verfrüht erschienen, saß bereits am Tisch, als sie eintraf, sein Anzug in einem stillen, dunklen Blau, gut geschnitten. Er behandelte sie zuvorkommend, rückte ihr den Stuhl zurecht, ob sie eine gute Woche gehabt habe, fragte er und legte sein Mobiltelefon diesmal nicht auf den Tisch. Auch Luise war vornehm gekleidet, ein dekolletiertes Kleid, sie trug feinen Schmuck, und Wenzel hörte ihr aufmerksam zu, faltete die Hände vor sich auf der Tischplatte und nickte zu allem, was sie sagte. Er musste aufmerksam sein, musste ihre Hand nehmen, wenn Luise sie ihm hinhielt, und sie hielt sie ihm hin, Luise hatte begriffen, dass er es sich nicht mehr leisten konnte, unhöflich zu sein. Ihm ging es nicht um das Halbschlingenverfahren, nicht um das Geld, das sie von ihm wollte, ihm ging es nur darum, dass er sein Mandat behielt.
Luise erzählte, wie gut sich das Halbschlingenverfahren für nachhaltige Produktion nutzen ließ, flocht eine Anekdote ein, ein Missgeschick kurz vor einer Flugreise nach Bayreuth. Ihre Sekretärin hatte das Ticket telefonisch gebucht, und als Luise bereits im Taxi zum Flughafen saß, las sie, dass es nach Beyrouth ausgestellt war, sehen Sie, so schnell kann es gehen, und wenn Sie nicht aufpassen, landen Sie im Libanon.
Sie lachte und Lennart Wenzel lachte auch. Luise Tietjen ging es nicht um die Gelder, die sie mit Wenzels Hilfe bekommen würde, sie wollte von ihm die Bestätigung, dass er sie als Frau begehrte. Ihre Mutter hatte sich immer an Luises Misserfolgen bei Männern geweidet. Carola mochte keine Konkurrenz, und eine Tochter, die erwachsen wurde, während die Mutter selbst alterte, drohte eine ernst zu nehmende Konkurrentin zu werden. Aber ihre Mutter irrte sich, dachte Luise, sie war nicht an Krays gebunden, sie saß im besten Restaurant der Stadt, Lennart Wenzel gegenüber, trank Wein mit ihm, sah ihm ins Gesicht, und er wich ihrem Blick nicht aus, auch sie hatte eine Wirkung auf Männer, und Lennart Wenzel hatte keine Wahl.
Am Tag nach dem Abendessen im Essener Hof telefonierte Luise mit einem Vertragspartner in China, Herrn Dao, er sprach ein tanzendes, gewichtslos klingendes Deutsch. Er würde sich um alles kümmern, versprach er. Seine Fürsorge umschloss Luise beinah mütterlich, er wusste, wie jung sie war.
Sie dankte ihm, er versicherte sich noch einmal, ihre Flugnummer richtig notiert zu haben, er würde sich um alles kümmern, doch das würde nichts mehr ändern, die Verträge mit Dhaka waren längst vorbereitet worden.
Luise musste nach China reisen, um mit möglichst geringem Verlust die laufenden Verträge zu lösen, Tietjen und Söhne würde das Land verlassen, das stand fest, und man musste niemanden beschenken, auf den man nicht mehr angewiesen war. Luise war an Auflagen gebunden, sie musste das Geschäftsziel für dieses Jahr erreichen, sie musste einsparen. Der Markt war stärker und größer als sie.
Auf zwanzig Entlassungen hatten Krays und Luise sich in diesem Quartal geeinigt, auch auf sie, Lotte Bender, das heißt, geeinigt hatten Krays und Luise sich in ihrem Fall nicht, Luise hatte
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