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Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Bossong
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Firmenleitung jung besetzt ist. Zudem gibt es neue ökonomische und insbesondere ökologische Herausforderungen, auf die, wie ich glaube, meine Generation schneller reagieren kann. Mein Onkel und ich hielten es für wichtig, auch in der Leitungsebene zu zeigen: Wir sind ein junges Unternehmen mit starken Traditionen.
    RP: Nachhaltigkeit, der bewusste Umgang mit Ressourcen und das kritische Hinterfragen von Arbeitsbedingungen ist Teil Ihrer neuen Strategie. Wie macht sich das bemerkbar?
    Tietjen: Nachhaltigkeit und Wertebewusstsein lässt sich für uns nicht mehr vom Begriff der Qualität trennen. Wir wollen sicher sein, dass Kleidung in einer nachhaltigen Weise produziert wird. Wir kümmern uns um soziale Probleme ebenso wie um Umweltaspekte – das liegt uns sehr am Herzen. Alle Unternehmen sollten sich verantwortlich fühlen und nachhaltig handeln. Die ökologischen Probleme sind weltweit einfach zu groß, wir müssen handeln.
    RP: Wie reagieren Sie auf Veränderungen des Marktes?
    Tietjen: Wir verstehen uns als Scharnier zwischen Markt und Konsument. Die steigenden Baumwollpreise beispielsweise haben wir nicht an unsere Kunden weitergegeben. Wir haben selbstverständlich alles dafür getan, ein attraktives Preisniveau für unsere Produkte beizubehalten. Der Kunde kann nicht der Leidtragende von Teuerungen auf dem Rohstoffmarkt sein, da muss es andere Lösungen geben.
    RP: Beeinflussen die steigenden Baumwollpreise die Art und Weise, wie Sie Textilien produzieren lassen? Experimentieren Sie mit anderen natürlichen Materialien und verwenden Sie mehr Kunststofffasern als bisher?
    Tietjen: Wir investieren immer mehr in nachhaltige Materialien. Aber allein wegen des Baumwollpreises werden wir nicht auf andere Materialien umsteigen. Wenn der Kunde Baumwolle will, dann wird er Baumwolle bekommen.
    RP: Welche Lösungen haben Sie?
    Tietjen: Das Tietjen’sche Halbschlingenverfahren, das wir bereits verwenden und permanent auf den neuesten Stand bringen. Dieses Verfahren stellt sich bereits jetzt als absoluter Marktvorteil heraus.
    RP: Ist dies auch einer der Gründe, weshalb sich eine der bekanntesten amerikanischen Kaufhausketten für eine Kooperation mit Tietjen Frottee entschieden hat?
    Tietjen: Sicherlich war die Halbschlinge ein Pluspunkt für uns. Aber die Firma Tietjen hat weit mehr zu bieten: Mut zur Innovation, Wertarbeit und eine einhundertjährige Tradition. Erfahrung und frischer Wind, dafür steht Tietjen Frottee heute.
    RP: Frau Tietjen, Ihr Vater ist in der Vergangenheit durch gerichtliche Prozesse in Erscheinung getreten, in denen er gegen die eigene Firma vorging. Als Unternehmer blieb er hingegen blass. Konnten Sie von einem solchen Mann lernen?
    Tietjen: Selbstverständlich. Mein Vater hat das Unternehmen durch eine schwierige Periode hindurch geführt. Er war stets bemüht, das Richtige für die Firma zu tun. Er hat nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen, das gebe ich zu. Aber nur so lässt sich das Bewusstsein für die Gefahren des Marktes schärfen. Ich verdanke meinem Vater sehr viel.
    RP: Frau Tietjen, ich danke Ihnen für das Gespräch.

XV
     
    Kurt Tietjen wusste, dass er die Kontrolle über sich verlor. Er wusste es seit jenem Nachmittag im März, einige Monate, nachdem er von seiner Reise aus China zurückgekehrt war, vielleicht hatte er es zuvor geahnt, aber er hielt nichts von Ahnungen, bis zu jenem Nachmittag im März hatte er nichts von Ahnungen gehalten. Er hatte auch nichts von Ärzten gehalten. Ein Tietjen war nicht krank, ein Tietjen war da oder nicht und gab sich mit keinen halben Sachen zufrieden.
    Er steckte mitten in den Vorbereitungen zu einem neuen Produktionslauf, als etwas auf seine Papiere tropfte. Er blickte hinauf zur Decke, konnte jedoch nichts erkennen, das Wenden des Kopfes verursachte ihm Schwindel. Mit einer Hand hielt er sich an der Stuhllehne fest und tastete mit der anderen nach seiner Stirn, die sich feucht und kalt anfühlte. Die Tropfen waren aus seiner Haut gesickert, die Schläfen hinuntergeronnen, aufs Papier getropft. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, versuchte ruhig zu atmen, aber das Atmen selbst fiel ihm schon schwer. Vor seinen Augen drehte sich alles, er schloss die Augen, das machte es nur schlimmer.
    Wie er in die Praxis gekommen war, wusste er nicht mehr. Später fand er einen Taxibeleg in seiner Jackentasche, er hatte, obwohl kaum noch zum Sprechen fähig, sich eine Quittung für das Finanzamt ausstellen lassen.
    Kurt saß

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