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Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Bossong
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zusammengesunken auf der Lederbank von Doktor Reuter. Er hatte sich von der Sprechstundenhilfe umgehend in eines der Behandlungszimmer bringen lassen, wollte nicht gesehen werden, nicht von anderen Patienten, nicht von der Arzthelferin, am liebsten nicht einmal von Doktor Reuter selbst. Wer zum Arzt ging, zeigte Schwäche, nein, dachte Kurt, er hatte es eigentlich nicht nötig, hier zu sein.
    Kurt atmete schwer. Seine Arterien waren verengt. Der schlanke, hochgewachsene Kurt Tietjen hatte seit einigen Monaten ein aufgeschwemmtes Gesicht, einen breiten Nacken, einen weichen Leib. Kurt, der sich mehr als fünfzig Jahre gesund ernährt hatte, gedünstetes Gemüse, mageres Fleisch, Schonkost, hatte nach seiner Rückkehr aus China begonnen, all das wahllos in sich hineinzustopfen, was er sein Leben lang entbehren musste: Imbissfleisch, Frittiertes und zum Nachtisch Buttercreme.
    Reuter untersuchte ihn mit zunehmend unheilvollen Instrumenten, zuerst hatte er nur die weiche Schlaufe eines Pulsmessgerätes um Kurts Arm gelegt, am Ende hingen Kabel von Kurts Brust, und eiskalte Noppen waren auf seine Haut geklebt.
    Ob es Herzinfarkte in seiner Familie gebe?
    Nein, antwortete Kurt harsch, als hätte Reuter ihm einen Vorwurf gemacht. Er dachte nicht an seinen Vater, der an einem sonnigen Novembertag zusammengebrochen war. Er dachte überhaupt nicht, sah nur die glänzenden Instrumente vor sich liegen, eine kleine, feindliche Armee, die weiter gegen seinen Körper zu Felde rücken würde, wenn er die falschen Antworten gab.
    Wir werden Sie ins Krankenhaus einweisen müssen. Ich gehe davon aus, dass wir Ihnen eine oder auch mehrere Gefäßstützen setzen müssen.
    Wozu?, fragte Kurt. Er fröstelte, blickte an sich herunter, auf die Metallpfoten an seiner Brust. Er wollte nicht länger an einen fremden Kreislauf angeschlossen sein, dessen Funktion er nicht durchschaute.
    Damit Sie uns noch lange erhalten bleiben, antwortete der Arzt.
    Ihnen? Was läge Ihnen denn daran, Herr Reuter?
    Ihrer Familie. Der Firma.
    Kurt fuhr sich über die Stirn, die wieder trocken, aber noch immer eiskalt war, blickte aus dem Fenster, vor dem eine Birkenkrone im Sonnenlicht glitzernd zerfiel.
    Herr Reuter, würde ich Sie in Schwierigkeiten bringen, wenn ich nicht ins Krankenhaus ginge?
    Sie würden vor allem sich selbst in Schwierigkeiten bringen.
    Ich befinde mich immer in irgendwelchen Schwierigkeiten, damit kann ich umgehen.
    Herr Tietjen, unter uns: Wollen Sie sterben?
    Herr Reuter, ich würde gerne leben, aber ich glaube nicht, dass ein paar Metallröhrchen dafür ausreichen.
    Nehmen Sie es nicht zu leicht, Herr Tietjen. Der Arzt wandte sich von ihm ab, er hatte sich nur umgedreht, nicht das Zimmer verlassen, aber Kurt fühlte sich mit einem Mal unerträglich allein. Er sah auf die Birkenkrone, dann fühlte er wieder seine Stirn. Kalt wie die Stirn eines Toten.
    Wie viele Tage im Krankenhaus denn nötig seien, fragte er.
    Das kann ich so nicht sagen, aber es ist für Ihre Gesundheit unerlässlich, dass Sie sich heute noch einweisen lassen. Ich zwinge Sie nicht. Ich stelle nur fest. Wegen der Operation sollten Sie sich keine Gedanken machen, heutzutage ist das ein Standardeingriff, Sie sind ja nicht der Erste, der länger durchhält als seine Gefäße.
    Vor der Operation habe er keine Angst, erklärte Kurt, aber er könne den Geruch von Krankenhäusern nicht ertragen, nicht das Essen und schon gar nicht die leidenden Gesichter. Im Übrigen bin ich mir gar nicht sicher, ob ich länger als meine Gefäße durchhalten will.
    Herr Tietjen, seien Sie unbesorgt, ein Körper hält selten länger durch als der Wille seines Besitzers. Der Arzt drehte sich wieder zu ihm, legte seine festen, warmen Finger auf Kurts Brust und begann, die Metallstapfen zu entfernen. Wir werden den Eingriff also vornehmen? Das ist richtig, Herr Tietjen, das ist die richtige Entscheidung.
    Ja, ja, murmelte Kurt, er sei es langsam leid, die richtigen Entscheidungen treffen zu müssen.
    Der Arzt lächelte, fing sich wieder und erklärte in nüchternem Ton: Er dürfe keine stark cholesterinhaltige Nahrung zu sich nehmen, keinen Alkohol, keine Zigaretten, Herr Tietjen, auf keinen Fall Zigaretten!, er solle Stress vermeiden, ebenso Langstreckenflüge, am besten Flüge überhaupt, er dürfe sich nicht aufregen, nicht zu wenig schlafen, aber auch nicht zu viel.
    Er habe nie etwas gedurft, sagte Kurt. Ob sein Arzt ihm nicht freundlicherweise jetzt, da es doch ohnehin zu spät sei, zur

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