Gesetz der Lust
Palast lag in ihrem Rücken. Im Schatten der Mauern führte Marc Victoria über den Hof.
Sie folgte ihm, blieb stehen, wenn er stehen blieb und hielt immer den gleichen Abstand. Marc schlich sich durch die überwucherten Beete an den Mauern vorbei und hoffte, niemand würde aus einem der Fenster sehen. Dann blieb er stehen und sah sich nach ihr um. Mit dem Kopf deutete er auf das kleine Tor neben dem großen Portal.
Victoria nickte, sie hob die Waffe höher. “Wir haben es beinahe geschafft”, flüsterte er ihr zu, als sie an dem kleinen Tor angekommen waren, das er bei seiner Ankunft unverschlossen gelassen hatte. Es war zu schön, um wahr zu sein. Waren Spiders Männer alle so unfähig, dass sie nichts bemerkt hatten? Im Mondschein warf Marc einen Blick auf seine Uhr und stellte überrascht fest, dass sie nur sechzehn Minuten gebraucht hatten, um aus dem Palast zu entkommen.
Die mittelalterliche Zugbrücke lag über dem Graben, in dem mehr Schlamm als Wasser zu erkennen war. Marc nahm Victorias Hand und lief mit ihr zusammen über die hölzerne Brücke, durch den Park auf die Bäume zu.
Victoria atmete schwer hinter ihm. Hier, in dem offenen Gelände, würden sie gute Zielscheiben abgeben. Aber sie hatten keine andere Wahl, sie mussten so schnell wie möglich in den Schatten der Bäume gelangen.
“Tory, hör mir zu. Wir müssen schnell zu den Bäumen dort drüben laufen. Wenn du irgendetwas hörst, reagiere nicht, laufe nur noch schneller. Ich bin gleich hinter dir.”
“Okay.” Im Mondlicht waren ihre Augen groß und voller Schrecken.
Marc warf einen Blick auf die Waffe in ihrer Hand. Er dachte daran, sie zurückzulassen, damit sie schneller laufen konnte. Doch es konnte auch ihm etwas zustoßen, dann hätte sie wenigstens die Möglichkeit, sich selbst zu verteidigen. Er deutete auf die Waffe. “Du weißt, wie du sie benutzen musst?”
Sie nickte. “Wenn das rote Licht aufleuchtet, muss ich schießen.”
“Richtig. Los jetzt.”
Der Mond stand hoch am Himmel, es war beinahe taghell. Victorias weißes Hemd war eine gute Zielscheibe, als sie über den Kiesweg so schnell wie möglich auf die Bäume zuliefen. Sobald sie in Deckung wären, würde er ihr sein Hemd geben.
Doch zuerst mussten sie den breiten Weg um den Burggraben herum überqueren, dann die Wiese, bis sie zu dem kleinen Wald kamen, der die Grenze des Grundstückes bildete.
Sie waren schon bis zu der Wiese gekommen, als ein hoher Pfeifton Marc eine Sekunde zu spät sagte, dass sie doch kein Glück gehabt hatten. Die Kugel traf ihn an der Stirn, er sank auf die Knie. Der Schmerz würde erst später einsetzen, jetzt fühlte er nur das warme Blut, das ihm in die Augen lief. Victoria war stehen geblieben, ihr weißes T-Shirt leuchtete hell im Mondlicht.
“Lauf, verdammt noch mal!”, rief Marc.
8. KAPITEL
D as Geräusch von Schritten auf dem Kies hinter ihnen sagte Marc, dass die Verfolger ihnen auf der Spur waren. Noch einmal hörte er das Geräusch einer Kugel, sie spritzte in das Gras zwischen ihnen. “Verschwinde hier!”, schrie er Tory an, als er wieder einen Schuss hörte.
Er blickte über seine Schulter zurück. An der Zugbrücke erkannte er das Mündungsfeuer, und Sekunden später hörte er auch die Detonation. Irgendwie gelang es ihm, Victoria mit einer Hand zur Seite zu ziehen, in der anderen Hand hielt er die Uzi und feuerte.
Ein Mann stürzte über das Geländer der Zugbrücke in das Wasser, doch gleich darauf spritzte das Gras vor ihren Füßen auf von einer Reihe von Einschlägen. Marc stieß Victoria vor sich her, während er gleichzeitig das Feuer erwiderte. “Lauf, um Himmels willen!” Sie stolperte, doch er zog sie mit sich hoch.
“Ich werde nicht ohne dich gehen.”
Diese dumme Frau blieb wirklich stehen und wartete auf ihn. Blut rann ihm ins Auge, er stolperte, doch riss er sie mit sich. Noch hundertfünfzig Meter, hundert, achtzig. Kugeln flogen um sie herum, doch die Bäume kamen immer näher.
Leise wehten die Blätter der Bäume im Wind, ihre dunklen Äste winkten ihnen. Als er noch etwa dreißig Meter von den Bäumen entfernt war, fühlte Marc, wie eine Kugel ihn ins Bein traf. Er fiel zu Boden.
Verdammt, die Kerle waren nicht nur hinter ihnen, sie waren auch vor ihnen. Das Blut, das ihm über das Gesicht rann, sagte ihm, dass sie es ernst meinten. Er hielt die Uzi auf die Stelle, an der er das Mündungsfeuer eines Gewehrs entdeckt hatte und feuerte. Man hörte einen Schrei und dann einen dumpfen
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