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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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es war leer.
    Als wir zur Schwesternstation zurückgingen, öffnete sich mit leisem Klingeln erneut die Fahrstuhltür. Sprewell trat mit konsternierter Miene heraus und hielt ein Blatt Papier in der Hand. Einen Computerausdruck. War das mein Foto? Hatte der Soldat im Erdgeschoss sich an mein Gesicht erinnert, das in der Fahndungsliste abgebildet war? Unwillkürlich wanderte mein Blick zu der Waffe an seinem Gürtel, und ich dachte an Code 1.
    »Morris, ich muss mit dir reden.«
    Tucker versteifte sich und ging langsam auf seinen alten Kameraden zu.
    In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was hatten die zwei zu reden? Eine sofortige Erwägung der Möglichkeiten lieferte mir zwei Optionen: Entweder Sprewell hatte Tucker doch überprüft und herausgefunden, dass er unehrenhaft entlassen worden war, oder Tucker hatte uns in eine Falle gelockt.
    Ich legte den Kopf schief, bemüht, nicht zu auffällig zu lauschen. Die salbungsvolle Musik jagte mir Schauer über den Rücken.
    »Das soll wohl ein Witz sein«, hörte ich Tucker schockiert sagen. Dann drehte er sich zu Sean um. »Holt das Mädchen. Ich muss hier was erledigen.«
    Tucker wollte mit Sprewell allein irgendwohin. Er würde uns verpfeifen. Ich klappte den Mund auf, um etwas zu sagen, irgendetwas , das ihn davon abhielt, fortzugehen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt, so, als würde Rebecca persönlich meine Stimmbänder umklammern. Wir durften Tucker nicht folgen. Wir mussten sie suchen.
    Einmal, als er gerade den Fahrstuhl betrat, trafen sich unsere Blicke, und die Sorge in Tuckers Augen war stark genug, Zweifel in mir zu wecken. Vielleicht wollte er uns gar nicht verpfeifen. Vielleicht war er derjenige, der in Schwierigkeiten steckte.
    Wie dem auch sei, uns lief die Zeit davon.
    Sean hastete zurück zum Schwesternzimmer und nannte barsch Rebeccas Namen. Die Schwester schaute ihn verängstigt an.
    »Ja, Sir. Sie ist entweder in der Physiotherapie am Ende des Ganges …« Sie zeigte nach rechts. »…oder im Gemeinschaftsraum, dort hinten.« Nun zeigte sie in die Gegenrichtung.
    Sean lief in Richtung Physiotherapie und ich in die andere Richtung.
    Langsam, ermahnte ich mich.
    Ich kam an mehreren Krankenzimmern vorbei. Die meisten Türen waren geschlossen. Alle außer denen von Zimmer 408 und seinem Nachbarn, 409. Dort lag ein verhutzelter Mann auf einer mit Folie abgedeckten Matratze, starrte mit offenem, weiß verkrusteten Mund blicklos zur Decke empor und weinte stumm.
    Ich öffnete die Tür am Ende des Gangs.
    Der Raum war leer, abgesehen von einem Tisch in der Mitte, auf dem ein Keramiktopf und ein Plastikkorb mit Stiefmütterchen standen. Ein Mädchen mit gelben Handschuhen saß auf einem Kunststoffstuhl vor dem Fenster. Die einst so langen, schönen blonden Locken waren geschoren worden, sodass die Haare nun wie eine enge Mütze auf ihrem Kopf hafteten.
    Rebecca.
    Plötzlich bombardierten mich die Erinnerungen an sie. Wie ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, mit hüpfenden Locken und einem künstlichen Lächeln. Ihre endlose Liebe zu dem rotblonden Wachmann, Sean Banks. Oder wie ich neben ihr auf meinem Bett gesessen und spät in der Nacht eine Strategie für meine Flucht entworfen hatte. Das war die Nacht, in der ich ihr von Chase erzählt hatte.
    Zuerst war sie mir keine Freundin gewesen, und jetzt war sie es vielleicht auch nicht, aber eine Weile war sie alles gewesen, was ich hatte.
    Ich trat einen Schritt vor und fühlte die Nerven an meinem Rückgrat prickeln. Wenn die Schwestern bei der Überwachung der Patienten so nachlässig waren, musste es noch andere Sicherheitsmaßnahmen geben. Vielleicht Kameras oder einen Wachmann, den ich übersehen hatte … Sie wären verrückt zu glauben, ein Mädchen, das sich jede Nacht aus seinem Zimmer in der Reformschule geschlichen hatte, würde, unbewacht, an solch einem Ort bleiben.
    »Rebecca«, sagte ich zögernd.
    Vor mir versteifte sich ihr schlanker Körper.
    »Ich möchte heute nicht beten.« Sie drehte sich nicht um.
    Mir brach das Herz, als ich ihre Stimme hörte.
    Als ich um den Tisch herumgegangen war, zeigte Rebeccas Nase nach unten. Obwohl sie mich nicht anschaute, konnte ich den bitteren Ausdruck sehen, der ihr einst so engelhaftes Gesicht entstellte. Sie topfte Stiefmütterchen um. Ihre Finger waren schwarz vor Erde.
    Sonst sah sie okay aus. Kein gebrochener Hals. Keine Magensonde. Abgesehen von dem Haar sah sie noch genauso aus wie damals, als wir getrennt worden waren. Eine kühle Woge

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