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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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zur Flucht zu verhelfen. Dies war meine Chance, Wiedergutmachung zu leisten.
    »Hoffentlich dauert das nicht so lange«, bemerkte Tucker.
    Sean stieg zuerst aus, gefolgt von Tucker, und dann waren Chase und ich allein. Er blieb sitzen, den Kopf gesenkt, um keine Passanten auf sich aufmerksam zu machen. Wir hatten uns nicht voneinander verabschiedet, und das würden wir auch jetzt nicht tun.
    Ich zog den Goldring, den er bei den Loftons gestohlen hatte, vom Finger, griff nach seiner Hand und schob ihn über seinen kleinen Finger. Seine Hand fing an zu zittern, kaum dass ich losgelassen hatte.
    »Dreißig Minuten«, sagte er. »Dann komme ich rein.«
    Ich nickte und stieg aus, doch ich wusste, eher würde ich sterben, als zuzulassen, dass Chase mir in dieses Gebäude folgte.

K APITEL
    19
    Als wir zum Eingang marschierten, ging ich den Plan im Kopf noch einmal durch. Alles hing von Tucker ab. Mir kam es immer noch surreal vor, dass ich mein Leben in die Hände des Mörders meiner Mutter legte. Wieder einmal machte ich mir bewusst, dass er uns während des Feuers im Wayland Inn geholfen hatte. Dass er geblieben war, um die Tunnel zu evakuieren, und dass er mir beinahe menschlich erschienen war, als er mir von seiner Familie erzählt hatte.
    Noch hat er mich nicht umgebracht, sagte ich mir, aber das war ein kläglicher Trost.
    Nahe der Tür hing ein Plakat mit den Statuten hinter Glas, aber ich sah kein Bild der Meistgesuchten im Zusammenhang mit den Heckenschützenmorden. Vielleicht glaubte das FBR immer noch, Ember Miller wäre vor zwei Tagen in Greeneville gestorben. Trotzdem hielt ich für alle Fälle den Kopf gesenkt.
    Tucker ging geradewegs auf die Vordertür zu, öffnete und ließ mir den Vortritt in den hell erleuchteten Vorraum mit dem schwarz-weiß karierten Boden. Eine Heilsschwester saß mit einem künstlichen Lächeln auf den Lippen hinter einem Glasfenster. Sie hatte eine breite Stirn und glattes Haar, das sie zu einem streichholzdünnen Zopf geflochten hatte. Als wir sie erreicht hatten, strahlten meine Nerven wieder die gleiche unheimliche Ruhe aus wie ich sie von meiner Flucht aus der Basis in Erinnerung behalten hatte. Und ich war froh darüber. Ich brauchte jetzt einen klaren Kopf.
    »Willkommen im Horizons-Physical-Rehabilitation-Zentrum. Wie kann ich Ihnen helfen?«, flötete sie.
    »Patientenverlegung«, sagte Tucker.
    »Ich brauche eine Kopie Ihres Einsatzbefehls, bitte.« Erwartungsvoll streckte sie die Hand unter dem Fenster hindurch.
    Ich ballte die Fäuste. Von Papieren hatte Tucker uns nichts erzählt.
    »Ist Sprewell da?«, fragte Tucker ärgerlich, ganz so, als wäre es unter seiner Würde, sich mit diesem Mädchen und seinen albernen Regeln herumzuschlagen, und ich war nicht ganz sicher, ob dieser Eindruck nicht der Wahrheit entsprach.
    »Äh … ja, Sir. Haben Sie einen Termin vereinbart?«, fragte sie nun mit einem gespannten Zug um die Mundwinkel.
    »Wir werden warten.«
    Er starrte sie an, bis sie sich erhob und davonging.
    »Du hättest nicht so fies zu ihr sein müssen«, flüsterte ich.
    »Nicht jetzt«, blaffte mich Sean an, und Tucker schmunzelte.
    Die Schwester kam zurück und nahm wieder Platz. »Sergeant Sprewell wird gleich bei Ihnen sein.«
    »Danke«, entgegnete Tucker nicht sonderlich freundlich.
    Musik der Amerikanischen Kirche erscholl aus den Lautsprechern. Der Soprangesang traf einen Ton, der mir eine Gänsehaut über den Leib jagte. Ich rieb das schmerzende Handgelenk und bemühte mich darum, die harten Muskeln in meinem Hals zu entspannen, was mir nicht leichtfiel, da die Schwester mich unentwegt anstarrte.
    »Wir sind uns doch schon begegnet, nicht wahr?«, fragte sie schließlich.
    Ich senkte den Kopf noch weiter und wandte den Blick ab. »Ich glaube nicht.«
    »Aber ich bin ganz sicher«, entgegnete sie. »Ich erinnere mich an dein Gesicht …«
    Mehrere Sekunden lang brachte ich keinen Ton heraus und dachte ernsthaft daran, die Flucht zu ergreifen. Dann fiel mir ein, was Beth über die Ankunft der Schwestern in Louisville gesagt hatte.
    »Dallas«, sagte ich. »Ich wurde in Dallas ausgebildet.«
    »Das ist es. Ich wurde auch dort ausgebildet.« Wieder lächelte sie auf ihre unechte Art.
    Ein grauenhafter Summton erklang, und ich nahm ruckartig Haltung an. Einen Moment später trat ein Soldat mit Knopfaugen und einem geröteten Gesicht – Sprewell, seinem Namensschild zufolge – durch die bis dahin geschlossene Tür auf der linken Seite neben dem

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