Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
grimmiger Miene. Wie es schien, waren er und ich die Einzigen, die das Geschehen besorgniserregend fanden. »Irgendwas von unseren Leuten?«, fragte er Wallace.
»Noch nicht«, sagte der, und sein Grinsen verblasste. »Sie werden zurückkommen, wenn sie können.«
Ich schloss die Augen. »Wahrscheinlich sind die da mittendrin.«
Ich hatte es nicht einmal aussprechen wollen, noch weniger wollte ich es mir vorstellen, aber nun war es zu spät. Wir mochten nicht die besten Freunde sein, aber tot wollte ich keinen von ihnen sehen.
»Das sind die Risiken, die wir auf uns nehmen müssen«, verkündete Wallace ungerührt.
Wie gern ich ihm auch widersprochen hätte, er hatte recht.
»Wir müssen die Sicherheitsmaßnahmen um das Gebäude herum verdoppeln«, wandte sich Chase an Wallace. »Jetzt. Ehe die Soldaten anfangen, die Slums und die Zeltstadt auf den Kopf zu stellen.«
Wallace blieb stehen und schüttelte den Kopf, als würde er gerade aus einem Traum erwachen.
»Sehr guter Gedanke, Jennings«, lobte er.
Die Sicherheitsmaßnahmen wurden verstärkt, genau wie Chase es angeregt hatte. Beinahe alle wurden mit einem Auftrag aus dem Haus geschickt, der der Sicherheit unserer Zuflucht diente. Nur Billy, Wallace und ich blieben zurück. Sogar Chase musste in der Lobby des Motels Position beziehen.
Ich blieb im dritten Stock. Seit ich erfahren hatte, dass sich der Sniper in unmittelbarer Nähe befand, war ich furchtbar nervös. Ich wollte auch etwas tun, aber ich wusste nicht, was.
Vier Stunden vergingen, ohne dass sich irgendetwas rührte. Ich lauschte den Funkübertragungen, die bestätigten, dass vier Soldaten durch Heckenschützenfeuer von einem Dach am Rande des Platzes getötet worden waren. Kurz war es zum Aufruhr gekommen, wobei neun Zivilisten ins Kreuzfeuer geraten und getötet worden waren. Ich betete, dass darunter niemand von unseren Leuten war.
In der fünften Stunde kehrten drei unserer Leute zurück. Sie stanken nach Schweiß und waren vollends verdreckt. Die anderen hatten sie nicht gesehen, aber sie berichteten, dass der Platz von Soldaten abgeriegelt worden war, die die Leute gezwungen hatten, sich aufs Pflaster zu legen, bis sämtliche Dächer gesichert waren. Außerdem war in der Zeltstadt das Innerste nach außen gekehrt worden.
In der siebten Stunde kamen Houston und Lincoln zurück. Sie lachten und plauderten darüber, wie verrückt das alles gewesen sei. Es mochte ein wenig gezwungen sein, aber sie lachten.
Niemand sprach Caras Namen aus, nicht einmal Billy, dem es schwerfiel, die Klappe zu halten.
Langsam regten die Funkberichte mich auf. Sie wiederholten nur immer wieder die gleiche Botschaft. Die Strichliste des Snipers stand nun bei elf. Die Schnellstraßen waren gesperrt worden und mit ihnen alle Wege nach Knoxville für jeden, der nicht für das FBR arbeitete.
Die Dinge hatten sich verändert – die Stadt fühlte sich, sogar aus dem Wayland Inn betrachtet, anders an.
An diesem Tag sprach während des ganzen Abendessens niemand ein Wort. Nicht einmal, um sich über die Erbsen zu beklagen, die irgendwann während ihrer Lagerung gelb geworden waren.
Später würde ich beim Rückblick auf das Treffen des nächsten Morgens gleich ein Dutzend Hinweise entdecken, die mir hätten verraten müssen, dass sich nun alles ändern würde. Die Art, wie Billy meinem Blick auswich, beispielsweise, oder die, wie Wallace mich anstarrte, vollends gedankenverloren, und wie er anschließend Riggins eine Abfuhr erteilte, als dieser fragte, ob Cara sich gemeldet hätte. Die Tatsache, dass die Radios und Funkgeräte, über die während der ganzen Nacht mehrere Kanäle abgehört worden waren, nun alle schwiegen.
»Ruhe«, forderte Wallace. Sein Gesicht spiegelte eine Mischung aus Ehrfurcht und Sorge wider, so, als hätte ihn etwas überrascht. Mir krampfte sich augenblicklich der Magen zusammen. Wallace konnte nie irgendetwas überraschen.
»Es geht um Cara«, hörte ich Lincoln Houston zuflüstern. Sein Gesicht war aschfahl, und seine Sommersprossen stachen noch schärfer hervor.
»Hab sie aus den Augen verloren«, sagte Houston mehr zu sich selbst als zu irgendeinem anderen. »Noch bevor die Schießerei angefangen hat.« Er fluchte, offenbar wütend auf sich selbst.
»Sie macht das schon, Mann«, versuchte einer der anderen Jungs ihn zu trösten. »Mach dir keine Gedanken. Cara folgt nur Caras Regeln. Das hat nichts zu sagen. Die ist immer wieder aufgetaucht.«
Ich verdrehte mir den Kopf nach
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