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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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hörbar einen Abschiedsgruß.
    Keine zehn Minuten später waren wir reisebereit. Draußen an der Laderampe gab es eine einzelne Zapfsäule für die Lieferwagen auf ihren Auslieferungstouren, und Marco füllte uns drei rote Plastikkanister mit Treibstoff ab, damit wir unterwegs nicht vor aller Welt tanken mussten. Der Streifenwagen stand auf einem Einzelparkplatz neben dem Generator des Gebäudes, gleich an dem hohen Maschendrahtzaun, der die Fabrik umgab. Als er die plätschernden Behälter im Kofferraum deponierte, kam mir kurz der Gedanke, dass es gefährlich war, so viel Benzin herumzukutschieren, aber dann dachte ich, dass die Brandgefahr unsere geringste Sorge sein dürfte.
    Und dann, Chase und Sean in geborgten Uniformen und ich in dem Heilsschwesternrock und der Bluse, die Cara zurückgelassen hatte, rollten wir schon die Auffahrt hinauf auf den Highway und gaben Gas.
    Entsetzt verfolgten wir die Fernsehbilder. Der Boden war übersät mit großen Betonbrocken und umgestürzten Straßenlaternen. Weißer Kalkstaub, dicht wie Nebel, hing in der Luft und hüllte die Menschen ein, die schreiend und hustend die Flucht ergriffen, als handele es sich um ein lebendes Wesen, das Jagd auf sie machte, nicht um ein weiteres eingestürztes Gebäude. Statisches Rauschen erfüllte unser Wohnzimmer.
    Die Kamera wackelte. Der Mann, der dabei war, das Gebiet abzusperren, lief davon. Und dann färbte sich der Bildschirm kurz schwarz, ehe wieder das Nachrichtenstudio gezeigt wurde.
    Chicago war angegriffen worden. Wie Baltimore und San Francisco. Washington und New York. Aber so viel näher als diese anderen Städte.
    »Komm her, Baby.« Mom streckte die Hand nach mir aus, und ich glitt in ihren Arm und fühlte, wie sehr sie schwitzte und zitterte. Ich kniff die Augen zu. Draußen spielten Kinder. Ein Wagen fuhr die Straße hinunter. Wie konnten die Leute nur so angstfrei sein?
    Chase, dachte ich. Nur seinen Namen, immer und immer wieder. Ich wusste nicht, wo sein Onkel wohnte, aber ich betete, dass es nicht in der Innenstadt war.
    »Ember, wenn so etwas passiert, dann kommst du sofort nach Hause, ja?« Ihre Stimme brach. Ich wickelte die Arme um sie, um ihr Kraft zu geben. »Wir treffen uns hier und überlegen, was wir tun können.«
    Es fiel mir schwer, es mir auf dem Ledersitz bequem zu machen. Die ständige Furcht, die damit einherging, nach Anbruch der Sperrzeit unterwegs zu sein, der einschüchternde Bordcomputer neben dem Steuer und die Glastrennwand in meinem Rücken sorgten dafür, dass ich nicht zur Ruhe kam.
    Und mein Gehirn tat ein Übriges. Die Gedanken wirbelten durcheinander. Bilder meiner Mom, das Haar voller Clips und in Kleidern aus meinem Schrank. Die Ähnlichkeit unserer Gesichter. Wie sah sie wohl jetzt aus? Es waren nur ein paar Monate vergangen, aber ich wusste, dass ich mich sehr verändert hatte. Härter geworden war. Misstrauischer. War sie noch die Alte? Falls sie den Schuss überlebt hatte, wie schwer war sie verletzt worden? War sie medizinisch ausreichend versorgt? Oder wurde sie, wie die Frau auf dem Platz, gezwungen, andere in die Konformität zu treiben, indem sie ihnen Angst einjagte?
    Hör auf, dachte ich. Hör einfach auf. Sie ist tot. Hör auf, dir vorzustellen, sie wäre noch am Leben. Hör auf zu hoffen.
    Meine Absätze hämmerten auf die ordentlich gesaugten Gummibodenmatten. Caras Wollrock brachte meine Haut zum Jucken.
    Ich drehte mich zu Sean um. Wir hatten die Belüftung zwischen den Sitzen geöffnet, trotzdem konnten wir einander nicht hören, ohne zu brüllen. Er blickte zum Fenster hinaus und hüllte sich in zufriedenes Schweigen. Es war lange her, seit ich dieses vage, friedvolle Lächeln zum letzten Mal gesehen hatte. Das war Beccas Lächeln.
    »Sag irgendwas«, forderte Chase mich auf und riss mich aus meinen Gedanken. Sein Blick klebte derweil auf der Straße.
    »Was denn?«, fragte ich.
    »Irgendwas. Deine Stimme … sie hilft mir.« Seine Daumen pochten auf das Steuer.
    »Glaubst du, wir sehen ihn wieder? Billy meine ich.« Nicht Tucker.
    »Wenn Tucker ihn nicht zuerst erwischt.« Die Art, wie er den Namen aussprach – es war, als würde er etwas mit den Zähnen zerreißen.
    Ich rieb mir die Schläfen. »Ich denke dauernd, es ist meine Schuld«, platzte ich dann hektisch heraus. »Dass ich das alles hätte verhindern können – was immer er auch tut – damals, an dem Tag in der Basis. Hätte ich ihn damals erschossen, wäre er nie im Wayland Inn aufgetaucht. Er wäre nie

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