Gesetze der Lust
drückte diese auf den Grabstein. Dabei beließ sie es. Bei ihrem nächsten Besuch würde sie etwas länger bleiben.
Suzanne nahm ihr Handy heraus und drückte die Kurzwahltaste eins.
„Hey du“, sagte sie, als Patrick ranging.
„Hey. Alles in Ordnung?“, fragte er.
„Mir geht’s ehrlich gesagt ziemlich gut. Ich habe die ganze Father-Stearns-Geschichte ein für alle Mal geklärt.“
„Gut. Dann bist du damit also fertig?“
„Ja, voll und ganz. Du hattest recht. Es ging gar nicht um die Schwester, sondern um eine Geldspende an die Kirche. Er wird nicht der neue Bischof, obwohl er es vermutlich werden sollte. Aber was soll’s. Hast du Lust, was essen zu gehen?“
Sie verspannte sich, als Patrick nicht gleich antwortete.
„Ich weiß nicht. Ist es nur ein Abendessen? Oder ist es ein Date?“
Suzanne überlegte einen Moment, bevor sie antwortete.
„Es ist ein Date.“
Michael schloss gehorsam die Augen und versuchte, nicht zu niesen oder zu zucken.
„Das ist lächerlich, Nora“, sagte er. „Ich fühle mich, als würde ich heiraten.“
Nora grinste.
„Ganz so förmlich oder Furcht einflößend ist es nicht. Die Halsband-Zeremonien hier im 8. Zirkel sind nur eine Entschuldigung dafür, einen Sub öffentlich zu demütigen und einen Dom zu hänseln, weil er sich verliebt hat. Griffin ist schon längst überfällig.“
„Ist der Guyliner Teil der Demütigung?“ Michael öffnete die Augen, nachdem Nora fertig war, sie mit Eyeliner zu verschönern.
„Ich kenne Griffin. Er macht sich in die Hose, wenn er dich mit Eyeliner sieht. Das ist eine seiner Schwächen.“
„Super.“ Er atmete tief durch. „Ich kann nicht glauben, dass das hier wirklich passiert. Es ist nicht echt, oder?“
Nora trat einen Schritt zurück und drehte seinen Kopf ins Licht. Zufrieden mit ihrer Arbeit nickte sie.
„Doch. Sehr echt. Und es wird sich sehr real anfühlen, wenn es aufhört, lustig zu sein. Wenn Griffin das erste Mal etwas verlangt, was dir nicht gefällt … in dem Moment sackt diese ganze Halsbandgeschichte erst richtig ein. Aber das ist es wert. Wenn man den richtigen Dom gefunden hat, ist es das alles wert. Genieß einfach die Flitterwochenphase, solange sie anhält.“
Michael schaute Nora an, die die Kappe auf den Eyelinersteckte und ihn wegpackte. Sie sah heute so seltsam aus, ganz in Weiß. Weißer Rock, weiße Bluse, weißes Halsband. Er war ebenfalls ganz in Weiß gekleidet – weiße Hose, keine Schuhe, weißes Button-down-Hemd, die Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt.
„Wir fahren morgen zusammen für eine Woche nach Key West. Wo wir gerade von Flitterwochen sprachen.“
Nora richtete ihr Halsband.
„Gute Wahl für gleichgeschlechtliche Paare. Habt ihr zwei in all der Aufregung schon eine Lösung für die Schul- und Wohnsituation gefunden?“
„Ja. Er kauft sich ein neues Haus, das per Zug leicht zu erreichen ist. Ich werde dann während der Woche im Wohnheim wohnen und an den Wochenenden ganz der Seine sein.“
„Wirst du jedem in der Schule erzählen, dass du der bisexuelle, Halsband tragende Sub des reichsten Erben in New York bist?“
„Vielleicht noch nicht in diesem Schuljahr.“
Nora grinste.
„Gute Entscheidung. Kommt deine Mom einigermaßen damit zurecht?“
„Ja. Besser, als ich gedacht habe.“
„Mütter können einen manchmal überraschen.“
Michael ging an seinen Rucksack und holte eine Fotomappe heraus.
„Hier. Ich gebe dir das lieber wieder zurück für den Fall, dass Griffin herumschnüffelt.“
„Danke.“ Sie nahm die burgunderrote Mappe an sich, öffnete sie und lächelte, als ihr Blick auf das Foto fiel. „Gott, sie waren aber auch unglaublich sexy, oder?“
„Wirklich“, stimmte Michael zu, der über Noras Schulter das Schwarzweißfoto anschaute. Auf dem Bild saß ein achtzehn Jahre alter Father S. in schwarzem Anzug lässig in einem Sessel. Zu seinen Füßen saß ein anderer Junge, nur ein Jahr jünger, mit langen dunklen Haaren und kunstvoll zerknitterter katholischer Schuluniform. Die Jacke lag neben ihm, der Schlips war gelöst und der oberste Kragenknopf geöffnet.
„Kingsley und Søren. Ich glaube, das ist das einzige Foto, das die beiden als Teenager zeigt. Es sieht so aus, als würden sie lernen oder gemeinsam an etwas arbeiten. Ich frage mich, ob irgendjemand außer uns Perversen es versteht.“
Michael hatte es verstanden. Der Hals des jungen Kingsley trug zwei blaue Flecken, die jeder ohne SM-Erfahrung als Knutschflecken abtun
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