wie lange ich unter dem heißen Wasserstrahl stehe, ich werde immer noch schmutzig sein, wenn ich wieder herauskomme .
Suzanne drängte die Erinnerungen beiseite. Sie würde das hier für Adam tun … für Adam und Michael Dimir und jedes andere Kind, das von Priestern verletzt worden war.
Sie schlüpfte durch den Seiteneingang in die Sacred Heart und suchte sich ihren Weg an den kleinen Klassenzimmern vorbei. Selbst in dem dämmrigen Licht konnte sie die Nachrichten am Schwarzen Brett lesen.
Chorprobe, Dienstagabend, 19 Uhr – Vergesst nicht eure Notenblätter. Gina .
Suzanne lachte, trotz der Tränen, die ihr in den Augen brannten. Arme Gina.
Die Kolumbusritter wollen dich! Für weitere Informationen schicke eine E-Mail an
[email protected] .
Ihr Dad war ein Kolumbusritter gewesen. Was für ein eindrucksvoller Name für eine Gruppe üblicherweise übergewichtiger Väter, die nicht mehr taten, als für wohltätige Zwecke Kochwettbewerbe zu veranstalten.
Alle Paare, die vorhaben, zu heiraten, müssen sich mindestens sechs Wochen vor der Hochzeit mit Father Stearns treffen. Termine bitte über Diane vereinbaren .
Ein zölibatär lebender Priester als Eheberater? Suzanneschüttelte den Kopf. Was konnte ein katholischer Priester schon über Sex oder Ehe oder romantische Beziehungen generell wissen?
Am Ende des Korridors stieß Suzanne auf eine geschlossene Tür mit einem gravierten Namensschild darauf. Father Marcus Stearns SJ. SJ? Sie hatte diese Initialen vorher schon mal gesehen, erinnerte sich aber nicht mehr daran, was sie bedeuteten. Sie holte ihr Notizbuch aus der Tasche und schrieb sie auf. Mit beinahe zitternden Fingern griff sie nach dem Türknauf. Er ließ sich drehen. Also hatte Father Stearns die Wahrheit gesagt. Sein Büro war wirklich immer offen.
Aus Sicherheitsgründen schaltete sie kein Licht an. Sie holte die kleine Taschenlampe aus ihrer Handtasche und ließ den Strahl einmal durch das Büro gleiten. Ihr erster Gedanke war, dass Father Stearns ein Ordnungsfanatiker sein musste. Alles schien an seinem Platz zu stehen. Kein Buch, das herumlag, kein einzelnes Blatt Papier. Es war ein sehr schönes Büro, fand Suzanne. Das große Buntglasfenster musste an sonnigen Tagen ein wundervolles rosarotes Licht ins Zimmer werfen. Der reich geschnitzte Tisch sah aus, als wäre er aus alter Eiche – und wog vermutlich so viel wie Patricks Saab.
Die Bücher in den Regalen waren mit militärischer Präzision ausgerichtet. Sie betrachtete die Titel und erkannte, dass sie nur wenige davon lesen konnte. Wie viele Sprachen beherrschte Father Stearns? Es schien, dass er neben den üblichen Bibelsprachen Hebräisch, Griechisch und Latein auch Bücher in Französisch, Spanisch, Italienisch besaß … und viel weitere, die in einer skandinavischen Sprache geschrieben zu sein schienen. Sie konnte weder Schwedisch noch Dänisch oder Norwegisch, aber sie erkannte die typischen Buchstaben – das å mit dem kleinen Kreis darauf oder das schräg durchgestrichene ø. Suzanne nahm das am ältesten wirkende Buch aus dem Regal. Seiner Größe und Form und dem abgegriffenen Ledereinband nach zu urteilen musste es eine Bibel sein. Sie öffnete es. Auf der ersten Seite stand eine Widmung, mit der eleganten Handschrift einer Frau geschrieben.
Min Søren, min søn er nu en far. Jeg er så stolt. Jeg elsker dig altid. Din mor .
Das einzige Wort, das Suzanne in dem Satz erkannte, war der Name Søren. Sie hatte auf dem College einige Kurse in Philosophie belegt und dabei einiges über Søren Kierkegaard, den dänischen Philosophen und Theologen, gelernt. Aber wenn sie sich richtig erinnerte, war Kierkegaard kein Katholik gewesen. Sie holte erneut ihr Notizbuch heraus und schrieb die Widmung sorgfältig und Wort für Wort ab. Dazu machte sie sich eine Notiz, Søren Kierkegaard noch einmal genauer nachzuschlagen. Warum besaß Father Stearns eine Bibel, die jemandem namens Søren gewidmet war? Vielleicht war das ein Verwandter von ihm? Er sah durchaus so aus, als hätte er skandinavisches Blut. Aber ihre Recherchen hatten ergeben, dass sein Vater Engländer und seine Mutter eine weiße Protestantin aus New England war. Ein weiteres Geheimnis.
Sie stellte die Bibel zurück ins Regal und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Schreibtisch zu. Irgendetwas kam ihr daran komisch vor, aber sie konnte nicht sagen, was. Dann fiel es ihr ein – es gab keinen Computer. Nun gut, vielleicht hatte er einen Laptop. Obwohl sie hier auch kein