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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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hätte.
    »Davon abgesehen, geht es dir gut?«, fragte Maxime, als wir eintraten.
    »So halbwegs. Und dir?«
    »Es geht. So viertelwegs«, fügte er scherzhaft hinzu. Aber ich sah wohl, dass er nicht scherzte.
    »Doch nichts Ernstes?«
    »Nein … Zu viele unlösbare Probleme.« (Sein Ton änderte sich:) »Komm, heute Abend, Entspannung, Pause, Halbzeit, Oase, Parenthese und Meeresfrüchte-Bankett: Austernplatte, Krabben- und Krebscake …«
    Verblüfft starrte ich ihn an. Ich fiel drauf herein, für zwei Sekunden hatte ich es »geschluckt«: Wir beide verabscheuten Meeresfrüchte, vor allem er, der nicht einmal eine halbe Auster hinunterkriegte, ohne dass ihm schlecht wurde. Er gab sich zerstreut und fahrig.
    »Ach nein, nein nein! Programmänderung in letzter Sekunde: Kalbsbrust mit Mangold, Sommerkartoffeln und Sprossensalat. Puh!«
    Das Wortspiel ließ ich mir nicht entgehen: »Sommersprossensalat?«
    »Haha!«, lachte Maxime. Er hatte das Essen von der Vorspeise bis zum Dessert bei seinem üblichen Feinkostladen in Vincennes bestellt.
    Ich überreichte ihm sein Geschenk.
    »Hier, ich habe dich lange genug auf die Folter gespannt.«
    Das Armband von Cordoba gefiel ihm genauso, wie ich es erhofft hatte. Für mich hatte er kürzlich bei einer Stippvisite in Nordafrika ein langes Briefmesser aus graviertem Silber gefunden, das, wie er sagte, ursprünglich als Waffe gedient haben mochte und ideal war, um Briefe zu öffnen. Erneute Umarmung, erneute Geburtstagsglückwünsche.
    »Da sich nun auch der vortreffliche Herr Appetit eingefunden hat«, wie er zu sagen pflegte, schickten wir uns an, im Wohnzimmer im ersten Stock zu Abend zu essen.
    Bevor wir zu Tisch gingen, zeigte Maxime noch auf sein Klavier:
    »Spielst du uns nachher was vor?«
    »Gern. Und du? Ein kleines Lied, ein kleines Madrigal?«
    Seit seiner Jugend sang er als Amateur Stücke Alter Musik, die er mit ein paar Klaviertönen begleitete. Seine Musikalität beeindruckte mich: Er besaß Partituren, aber er war genauso in der Lage, Stücke aus der englischen, spanischen und italienischen Renaissance, die ihm gefielen, nach Gehör zu spielen.
    »Nein, nicht heute Abend. Das nächste Mal, dann bin ich besser vorbereitet. Diesmal … In den vergangenen Wochen hatte ich nicht viel Zeit zum Singen.«
    An einer Wand des Wohnzimmers hing ein 1902 gemaltes Bild von Eugène Galien-Laloue. Es stellte einen Abschnitt des Boulevard de Bonne-Nouvelle bei Einbruch der Nacht dar. Maxime hatte das Gemälde gekauft, weil eine der darauf abgebildeten Figuren ihm auf verblüffende Weise ähnlich sah, man hätte meinen können, er hätte höchstpersönlich Modell gestanden.
    »Das Datum für meine große Reise steht fest«, sagte er etwas später (während wir, begleitet von einem leichten Wein, die Kalbsbrust, den Mangold, die Sommerkartoffeln und eben den Sprossensalat verzehrten).
    Weder er noch ich mochten den Gedanken, ein Tier zu töten, um es zu essen. Aber das Kalb lag nun einmal da, hervorragendzubereitet und angerichtet, und wir versetzten ihm den letzten Todesstoß, indem wir es von den Tellern in unsere Mägen beförderten. (Nebenbei möchte ich darauf hinweisen, dass Maximes Empfindlichkeit in der Hinsicht nichts mit dem zuvor erwähnten Aberglauben zu tun hatte, ich meine, er glaubte nicht etwa, dass ein menschliches Wesen in einem Tier wiedergeboren werden könne.)
    Ich komme zu seiner Aussage bezüglich »seiner großen« Reise zurück: Anfangs begriff ich nicht, worauf er anspielte – welche Reise, in welches Land? –, und dann, ja, natürlich: touristische Raumfahrt, er hatte ein paar Bekannte angesprochen, die wiederum ihre Beziehungen hatten spielen lassen …
    »Deine Reise ins Weltall?«
    »Ja.«
    »Siehst du, die hatte ich ganz vergessen. Offenbar habe ich nicht so recht daran geglaubt.«
    »Ich auch nicht. Und doch werde ich am kommenden 10. September, wenn Gott will, der erste Raumfahrttourist sein. Nun ja, einer der ersten. Über den Preis für das Ticket reden wir lieber nicht …«
    »Ist es immer noch inoffiziell?«
    »Genau. Und ich werde alles tun, es so lange wie möglich so zu belassen.«
    Am kommenden 10. September würde Maxime also Passagier an Bord eines experimentellen Flugzeugs sein, eines auf den ersten Blick ganz normalen, tatsächlich aber mit einer Rakete ausgestatteten Flugzeugs. Das Flugzeug hebt ab, steigt auf, erreicht die Grenzen der Atmosphäre. Dort schaltet er den Raketenmotor an, mit dem er senkrecht weiterfliegt, eben wie

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