Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Fasern von der Kleidung des Täters haben wir zur weiteren Untersuchung
aufbewahrt. Du weißt schon, eine Kosten-/Nutzungsbeschränkung.“
Stefan
reckte die geballte Faust in die Luft.
„Gut,
sehr gut, jetzt haben wir ihn. Mann oh Mann, ich kann es gar nicht erwarten ihm
selber die Handschellen anzulegen.“
„Mann,
mach mal halblang. Ist ja schön, dass es dich so begeistert, aber ehrlich
gesagt bringt es uns doch auch wieder nicht weiter. Denn DNS-fähiges Material
von dem Mörder haben wir wirklich mehr als genug, nur eine Spur zu dem Mörder
haben wir immer noch nicht. Was willst du jetzt tun?“
„Weiß
noch nicht“, murmelte Stefan. In diesem Moment vibrierte sein Handy.
46
Er saß am Küchentisch und schaute auf den Bildschirm von
seinem Computer. Die Worte waren einfach herrlich, ja sie waren nahezu so
genial wie von einem berühmten Dichter und Denker geschrieben. So richtig. So
alles erklärend. Er las noch einmal mit großer Befriedigung, was er geschrieben
hatte:
Es dauert nicht mehr lange und sie werden über mich
Bescheid wissen. Ich bin bereit und erwarte sie. Mein Platz in der
Kriminalstatistik ist mir sicher. Mir ist zumute wie einst, als Else mich
verlassen hatte. Zuerst der allumfassende Schmerz und dann die Erkenntnis, dass
es ein nahezu gleichwertiges Ventil gab. Freiwild! Das Freiwild musste büßen
und von diesem Freiwild gab es mehr als ich je hätte nutzen können. Früher
hatte ich nichts gewusst von den Verlockungen einsamer Frauen – aber alles war
anders geworden, seit sie weg war.
Wir sind das Resultat unserer Umwelt. Wir sind
Ausgestoßene, ja sogar Aussätzige wie damals die Leprakranken. Wir gehören
nicht mehr zur Gesellschaft. Die Zurückweisung ist mein Schmerz und mein
Antrieb zugleich.
Er machte einen Ausdruck um es seinem
Porno-Gewalt-Tagebuch beizufügen. Er brauchte die Seiten über Pornographie und
Gewalt nur aufzuschlagen und eine warme Welle durchströmte ihn. Er dachte an
die letzten Nächte. Er war mit ihr noch nicht fertig. Es geilte ihn auf, sie zu
quälen und zu demütigen. Das war auch für ihn eine völlig neue Variante. Bisher
hatte ihm das Ermorden an sich, das langsame Erlöschen des Lebens und am Ende
dann der gebrochene Blick, einen Megakick erschafft. Aber nun ließ er sein
Opfer länger am Leben, um sich immer wieder einen neuen Kick zu besorgen.
Die Uhr tickte, das wusste er.
Seine Zeit war um, aber vielleicht würde er Glück haben und sie ein drittes Mal
in Angst und Schrecken versetzen können. Das erste Mal am Freitagabend war nur
das Vorspiel gewesen. Es war ihm absolut klar, dass er auf ihrer Kleidung
Spuren hinterlassen hatte. Das war der Preis für seine Sucht – die Sucht nach
ihr. Nachdem er das Chloroform eingesetzt hatte, hätte er sie und auch ihre
Kleidung nicht mehr berühren dürfen, aber die Versuchung war zu groß. Ein
Fehler, der vermutlich sein Ende bedeuten würde. Dafür hatte er sich letzte
Nacht erheblich mehr Mühe gegeben, keine Spuren zu hinterlassen. Es war ihm ein
großer Spaß gewesen, so spät in der Nacht zu ihrem Auto unter dem Carport zu
laufen. Er war mehrere Male um das Auto herum geschlichen und hatte sich
überlegt, wo er das Auto am sinnvollsten anzünden sollte. Erst hatte er
überlegt, ein Feuer unter den Tank zu legen, hatte sich aber dann dagegen
entschieden, da ihr Auto ein Dieselfahrzeug war und Diesel brannte
bekanntermaßen schlecht. Das Feuer wäre vermutlich von selber wieder
ausgegangen. Dann kam ihm die Idee, ein Stück Pappe anzuzünden und es mit dem
brennenden Teil voran in den Kühlergrill zu stecken. Nachdem er den Brand
gelegt hatte, war er von dem schnell brennenden Auto weggelaufen. Er war zu
seinem Haus zurückgekehrt und hatte sich unter der Treppe des Haupteingangs
versteckt. Es war ein kleiner Bretterverschlag, in dem das Brennholz lagerte.
Der Verschlag war so niedrig, dass er nur in leicht nach vorne gebückter
Haltung stehen konnte. Aber durch die Ritzen der Dielen hatte er einen
prächtigen Blick.
Das Auto brannte im Nu
lichterloh und schon bald brannte auch das Innere des Autos, und irgendwann
machte es – peng! – die Scheiben waren geplatzt. Er brauchte nicht mehr lange
warten bis die Feuerwehr eintraf. Er beobachtete das Szenario aus seinem
sicheren Versteck. Endlich kam auch sie um das Haus gelaufen, um sich den
Schaden anzusehen – die kleine Schlampe. Er sah ihren Schmerz und auch, dass
sie fast zusammengebrochen war, wäre die Polizistin ihr nicht zu
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