Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
schade, jetzt bist du nicht da. Wenn
du heute Nachmittag noch zurückkommst, dann melde dich doch mal. Ich komme dann
auf einen Sprung bei dir vorbei. Bis später also. Tschüss.“
Nachdem ich bei Angela kein
Glück gehabt hatte, machte ich mit Amelie noch eine kleine Runde. Wenn ich
zurück kam, würde Angela sich bestimmt schon gemeldet haben. Wie üblich gingen
wir zum Liblarer See, der jeden Tag und bei jedem Wetter anders aussah und mich
immer wieder begeisterte. Ich ging mit zügigen Schritten die Asphaltstraße zum
Segelclub hinunter und sah schon von weitem ein mir bekanntes Gesicht. Wie
immer kannte ich den Namen des Besitzers nicht, doch seinen Hund Schelm kannten
Amelie und ich sehr gut. Ich freute mich, jemanden zu treffen, mit dem ich
plaudern konnte. Langsam stieg meine Vorfreude auf den heutigen Abend und mein
Adrenalinspiegel kam auf Touren. Wir sprachen über dieses und jenes und
plötzlich erzählte ich ihm von meinem mysteriösen Fund vor ein paar Wochen. Ich
hatte kaum meine Schilderung beendet, als er mit einem leichten Lächeln
antwortete „ach, ist Ihnen das auch passiert. Schon komisch, wir müssen fast
zur gleichen Zeit hier unten am See gewesen sein, denn sowohl mir als auch
Schelm ist fast das Herz stehen geblieben. Als Schelm dann auch noch unheilvoll
knurrte, da bekam ich es dann wirklich mit der Angst zu tun. Und mir ging es wie
Ihnen, ich konnte auch nicht erkennen, was denn da im Gebüsch lag und dachte
auch, es könnte ein menschlicher Körper sein. Ich bin dann am nächsten Morgen
wieder zu der Stelle gegangen und wissen Sie was? Ich musste laut lachen,
zugegeben, es war auch eine große Erleichterung dabei. Denn was da im Gebüsch
lag war nichts anderes als ein überdimensionaler Teddybär, den wohl keiner mehr
wollte. Den Teddy hatte man in einen Müllsack von der Größe XXL gesteckt und
die kurzen Teddyarme standen an den Seiten heraus. Im Nachhinein muss ich noch
immer darüber lachen, aber in der Dämmerung fand ich es überhaupt nicht
witzig.“
Ich hatte seiner Erzählung ganz
still gelauscht und mir fielen spontan die Schritte ein, die mich in
zusätzliche Angst versetzt hatten. Ich konnte nun auch nicht mehr anders und
musste laut lachen.
„Das gibt es nicht. Die Sache
verfolgt mich nun schon seit Wochen, auch weil ich am nächsten Tag nichts mehr
gefunden hatte. Man weiß ja nie, noch dazu, wo fast zeitgleich die Frauenleiche
hier in der Nähe gefunden worden war. Jetzt bin ich aber wirklich erleichtert.
Wie gut, dass wir uns getroffen haben, jetzt braucht mich das wenigstens nicht
mehr zu belasten. Ich muss nun aber auch leider weiter. Einen schönen Tag
noch.“
Er grüßte auch und wir setzten
beide unsere Wege fort.
Zu Hause angekommen ging mein
erster Blick zum Anrufbeantworter. Er zeigte aber keinen eingegangen Anruf an.
Ich versuchte, mich an unser letztes Telefongespräch zu erinnern. Wir hatten
Mitte der Woche telefoniert und Angela hatte mir nichts von einer Verabredung
am Wochenende erzählt. Aber es war ihr gutes Recht. Sie tat, was sie wollte.
Auch gut, dann würde ich morgen oder Anfang der Woche mit ihr telefonieren.
Es war mittlerweile schon fünf
Uhr durch und ich beschloss, um mir etwas besonders Gutes zu tun, ein duftendes
Schaumbad zu nehmen. Ich saß mit einem Turban um die frisch gewaschenen Haare
gewickelt in der Wanne und ließ den Tag Revue passieren. Was sich alles so
ereignen kann. Ich dachte wieder an Angela. Vielleicht dramatisierte ich auch
zu sehr. Aber irgendwo in meinem Hinterkopf hörte ich eine leise Alarmglocke.
Die amüsante Geschichte mit dem
Teddybär vertrieb meine trüben Gedanken. Alles in Ordnung, dachte ich. Ein
Irrtum, wie sich noch herausstellen sollte.
26
Pünktlich um acht Uhr klingelte es an der Tür. Amelie, wie
immer sofort zur Stelle, begrüßte Jannis überschwänglich.
„Ja, wer ist denn da. Ist das
meine Amelie“, begrüßte Jannis zuerst den Hund, um dann mich mit einer
dezenten, zärtlichen Umarmung ebenfalls zu begrüßen.
Ich erwiderte seine Umarmung
und hauchte zwischen zwei beidseitig angedeuteten Begrüßungsküsschen ein „guten
Abend“ in sein rechtes Ohr.
„Wenn Du willst können wir
gleich aufbrechen“, schlug ich vor. Ich war ohne Umschweife gleich zum Du übergegangen.
Amelie ahnte, dass sie dieses Mal nicht mitkommen durfte. Ihr Blick sprach
Bände der Enttäuschung.
Jannis trug einen taubenblauen,
offensichtlich maßgeschneiderten Anzug mit einem vanillefarbenen Hemd und
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