Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
Kleenex unter dem Arm.
Sie setzte sich zu mir und nahm
mich in den Arm.
„Wenn es nicht geht, dann sag
einfach gar nichts. Ich bleibe trotzdem bei dir.“
Mein Kopf lag an ihrer Schulter
und ich weinte jämmerlich. Dabei strich sie mir sanft über den Rücken.
„Schhhhhh“, redete sie
beruhigend auf mich ein. „Alles wird wieder gut. Es kann dir nichts passieren.
Hier nimm mal einen Schluck Kaffee, der wird dir bestimmt gut tun.“
Vorsichtig setzte sie die Tasse
an meinen Mund, wobei ich ihr mit einer Hand ein wenig half. Ich trank gierig
einige Schlucke, musste aber die Tasse absetzen, da ich anfing zu husten. Dabei
prustete ich den Kaffee bis zum Couchtisch und außerdem lief mir der Kaffee
über das Kinn und tropfte auf Angelas Schoß.
Sie nahm zwei Kleenextücher aus
der Schachtel und tupfte erst mein Kinn ab, bevor sie sich um ihre eigene
Kleidung kümmerte.
„Ich bekomme gleich Besuch“,
nuschelte ich leise vor mich hin.
„Wer kommt denn? Soll ich bleiben
oder soll ich dann besser gehen?“
„Er heißt Markus, und ist ein
Kollege von Stefan. Er will eine Aussage aufnehmen.“
„Mein Gott, so schlimm?“ fragte
sie verwundert.
Die Frage konnte ich erneut nur
durch Nicken mit dem Kopf bestätigen. Und wieder schossen mir die Tränen in die
Augen.
Es klingelte.
„Du bleibst liegen, ich mache
die Tür auf“, Angela hatte jetzt fest das Regiment übernommen.
Sie ging zur Tür und einen
Augenblick später betrat Markus die Wohnung.
„Hallo, Sie werden schon
erwartet“, begrüßte Angela Markus.
„Ich bin eine Nachbarin, kommen
Sie doch herein, die Ärmste liegt auf der Couch.“
Markus betrat das Wohnzimmer
und ich schaffte es immerhin, mich ein wenig von meiner Couch aufzurichten.
„Hallo, ich bin Markus Groß,
ein Kollege von Stefan.“
Jetzt standen beide vor mir und
eine gewisse Verlegenheit kam auf.
„Hallo“, antwortete ich tonlos,
griff instinktiv nach meinen Haaren, um sie ein wenig her zu richten und
stellte dabei fest, dass meine Frisur zerdrückt war und die Haare mir wirr vom
Kopf abstanden.
Noch immer standen beide etwas
verlegen herum.
Angela begriff sofort die
Situation, dass sie im Augenblick nicht gebraucht wurde und machte einen nicht
nur sehr praktischen, sondern auch sehr nötigen Vorschlag.
„Ich lasse euch beiden mal
allein und, Susanne, was hältst du davon, wenn ich mit Amelie eine kleine Runde
drehe?“
Amelie, die ihren Namen
verstanden hatte, stand sofort auf und lief zur Tür, so als wolle sie nur noch
weg hier.
„Danke, du bist ein echter
Schatz“, brachte ich sehr dankbar, aber auch nur unter großer Anstrengung
hervor.
Angela nahm Amelies Leine vom
Garderobenschränkchen und verließ mit ihr die Wohnung.
Jetzt war ich mit Markus allein
und das Schwierigste stand mir noch bevor.
Ich bot ihm einen Kaffee an,
den er auch gerne annahm. Er setzte sich an den Küchentisch um sich besser
Notizen machen zu können. Ich erhob mich langsam von der Couch und ging mit
kleinen Schritten zum Küchentisch. Als ich mich gesetzt hatte, bat ich ihn um
einen kleinen Moment Geduld, bis ich innerlich so gefestigt war, dass ich
alles, möglichst ohne Weinkrampf erzählen konnte.
41
Ich schilderte den Tathergang noch mal. Es gelang mir
nicht immer flüssig, wieder und immer wieder schossen mir die Tränen in die
Augen, und Markus erkundigte sich immer sehr teilnahmsvoll, ob wir besser eine
Pause einlegen sollten. Ich lehnte die Pausen ab, da ich die Schilderung und
die Erinnerung an den genauen Ablauf so schnell wie möglich hinter mich bringen
wollte.
„Warum ausgerechnet ich“,
fragte ich zwischendurch.
„Das versuchen wir
herauszufinden. Wird aber nicht einfach werden, denn sollte es der gleiche
Täter sein, der für die beiden Morde verantwortlich ist, dann ist er bei Ihnen
anders vorgegangen, als bei den beiden toten Frauen. Sollte es also der gleiche
Täter sein, müssten wir herausfinden, ob es Gemeinsamkeiten zwischen den beiden
Frauen und Ihnen gegeben hat, abgesehen davon, dass sie alle hier aus dem
Erftkreis stammen.“
„Aber wir stehen immer noch am
Anfang und außer der DNS haben wir noch nicht viel in der Hand. Es gibt
offensichtlich keine Zeugen und dann brauchen wir noch die Beurteilung unseres
Profilers. Was im Moment wenig ist. Aber vielleicht kann Stefan mehr erreichen.
Bevor ich los gefahren bin, hatte er noch eine Idee, die er mit dem Chef besprechen
wollte.“
Es klingelte an der Tür und ich
erhob mich
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