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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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in der Nähe des alten Leuchtturms herum, gut versteckt hinter einem der Ginsterbüsche. Von dieser Warte aus konnte er sehen, wer den Weg heraufstieg. Er war sich sicher, dass nur dieser Ort für ein Stelldichein seiner beiden Opfer infrage kam. Es gab sonst auf der Insel keinen Platz, an dem nicht jemand vorbeiging oder der von irgendwoher eingesehen werden konnte. Hier, hinter dem alten Gemäuer, so sinnierte er, hatte mit Sicherheit schon so mancher Liebeshandel begonnen, manche Schwangerschaft ihren Anfang genommen.
    Seine Fantasie ging bei dem Gedanken mit ihm durch. Hier würde er auch seine Rache vollziehen, hier würde er sie zu Boden werfen, ihr seinen Willen aufzwingen und sie schänden. Sie hatte es, so versicherte er sich selbst, sie hatte es wirklich verdient.
     
    Als Patrick am nächsten Morgen seine Pflichten am Hafen erledigt hatte, passierte er die Herberge. Darauf hatte Brighid bereits gelauert. Ihre Sehnsucht war inzwischen grenzenlos – nun, nachdem es kein Tabu mehr zwischen ihnen gab.
    „Hey, Patrick, darf ich dich ein Stück begleiten?“
    „Aber klar doch, ich habe direkt darauf gehofft“, grinste er schelmisch.
    Wie von ungefähr schlugen sie den Weg zum Lighthouse ein, begierig darauf, sich endlich wieder und ungesehen zu umarmen. Sie konnten allerdings nicht verhindern, dass inzwischen die halbe Insel über die zarten Bande spekulierte.
    „Weißt du, mir kommt es vor, als läge unser Zusammensein Jahre zurück, so schwer ist mir die Trennung von dir gefallen“, flüsterte sie. „In mir ist alles durcheinander, ich glaube, ich brenne!“
    „Ja“, meinte er, „wer hätte das gedacht. Ich bin auch ganz verrückt nach dir. Willst du es fühlen?“
    Mühsam beherrscht erreichten sie das alte Gemäuer und fielen sich in seinem Schutz in die Arme. Sie küssten sich, erforschten sich aufs Neue und die Zeit schien stillzustehen.
    Nicht unweit von ihnen lauerte die Gefahr in Person des Franzosen, dessen Hass sich angesichts des verliebten Paares ins Unermessliche steigerte. Doch noch war der für ihn günstige Zeitpunkt nicht da. Die Qual in seinem Inneren war kaum mehr zu bändigen, als er Geräusche hörte, die ihn nur zu gut an seine eigenen, gierigen Wünsche in den vergangenen Wochen erinnerten. Und er malte sich aus, was zwischen den beiden geschah. Für seine verschmähte Liebe ein schier unerträglicher Zustand.
    Dann, nach langen, bangen Minuten des Wartens trat das Paar wieder in sein Blickfeld, schlenderte an den Rand des Kliffs und blickte eng umschlungen und zwischen Küssen auf die im Sonnenlicht nur mäßig bewegte See. Der Horizont war matt verschwommen, ein Zeichen, dass das Wetter beständig blieb. Scharfe Sicht war immer auch ein Zeichen von aufkommendem Wetterwechsel.
    Brighid hatte sich gerade etwas von Patrick gelöst und beschattete mit der Hand ihre Augen.
    „Ich glaube, da zum Horizont hin, sehe ich ein Schiff“, meinte sie.
    Patrick blickte ebenfalls angestrengt in die Weiten des Ozeans zu ihren Füssen.
    Jetzt war die Stunde des Rächers gekommen. Er schlich behutsam näher. Dann spurtete er plötzlich wie ein angriffswütiger Stier los, mit der Absicht, den verhassten irischen Gewinner der Buhlschaft von hinten in den Abgrund zu stoßen.
    Die schnelle Bewegung schreckte eine Möwe auf. Schreiend erhob sie sich in die Luft.
    Brighid drehte sich um und blickte in das wutverzerrte Gesicht des anstürmenden Franzosen. Sie begriff sofort. Sie gab Patrick einen unsanften Stoß, sprang selbst zur Seite und streckte wie von fremder Hand geführt ein Bein aus.
    Jean-Pierre griff ins Leere. Er stürzte über ihr Bein und ging nur einen Meter vom Klippenrand entfernt zu Boden. Mit dem Kopf hing er bereits über der Kante und blickte in die unter ihm schäumende Gischt der Brandung.
    Traumwandlerisch griff Brighid nach einem alten, angemoosten Knüppel, der neben ihr lag, wohl die Stütze eines inzwischen abgestürzten Zauns. Sie hob das Holz auf und ließ es mit Kraft auf Jean-Pierres Kopf krachen. Regungslos blieb der Franzose liegen.
    Patrick starrte wie entgeistert auf die Szene. Erst jetzt begriff er das Geschehen.
    „Ich glaube, der wollte uns umbringen“, flüsterte er, inzwischen wachsbleich geworden.
    „Ja, das wollte der Teufel mit Sicherheit. Ich weiß gar nicht, wie ich so schnell reagiert habe. Jedenfalls ist er jetzt erst einmal außer Gefecht.
    „Doch was nun? Sieh doch, er blutet ja!“
    „Aber er scheint zu leben. Wahrscheinlich hat er eine leichte

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