Gespenster Kuesst Man Nicht
nicht sehen.«
Wieder war es eine vertraute Männerstimme, die im Wechsel mit Gilleys durch den Flur schallte. Und da erschien Gilley auch schon und führte ausgerechnet Rektor Habbernathy herein, der leicht zerzaust und tief besorgt aussah. »Ach du meine Güte!«, sagte er, als er mich sah. »Nicholas erzählte mir, dass Sie gestern Abend verletzt wurden. Ich wollte vorbeikommen und sehen, wie es Ihnen geht.«
Ich zwang mich zu lächeln. »Danke, gut, Sir! Bitte setzen Sie sich doch.«
Jetzt erst schien der Rektor Detective Muckleroy zu bemerken. Widersprüchliche Gefühle zeichneten sich in seinem Gesicht ab, und er sagte: »Guten Morgen, Bob! Es überrascht mich doch sehr, dass Sie in diese Sache eingebunden sind.«
»Owen, freut mich, Sie zu sehen«, sagte Muckleroy. »Ich bin üblicherweise in alle Fälle eingebunden, wo es um Mord geht.«
Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Rektors, und er sank schwer auf einen Stuhl. »M-mord?«, stotterte er. »Wer ist denn ermordet worden?«
»Soweit wir bisher wissen, drei kleine Jungen. Einen davon haben wir gestern gleich neben dem Schulgelände am Hole Pond ausgebuddelt.«
So unmöglich es schien, Habbernathys Gesicht wurde noch weißer, und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass er seine Worte sehr sorgfältig überdachte, ehe er sprach. »Wie tragisch!«, sagte er schließlich. »Die Eltern des Jungen müssen außer sich sein.«
Auch Detective Muckleroy betrachtete den Rektor forschend, und ich hätte meinen Kopf verwettet, dass er das Gleiche dachte wie ich: Habbernathy wusste mehr über unser ausgegrabenes Skelett. »Erzählen Sie mir doch was über diesen Hatchet Jack«, sagte er.
Der Rektor legte die Stirn in Falten und neigte den Kopf. »Über wen?«
Ich hätte laut herauslachen können, so offensichtlich war es, dass er genau wusste, von wem die Rede war. »Über den Geist, nach dem wir fahnden«, sagte ich kurz und bündig. »Sie wissen schon, dieser Perverse, der Ihre Schüler durch die verlassenen Gänge in Northelm jagt.«
Der Rektor gab etwas von sich, was entfernt wie Lachen klang. »Schon wieder der«, sagte er verächtlich. »Wie ich Ihnen schon einmal gesagt habe, Miss Holliday, ich glaube nicht an Geister.«
»Und wie erklären Sie sich dann das hier?« Ich zeigte auf meinen zugepflasterten Kopf.
Offenbar verwirrt sah der Rektor mich einen Augenblick lang an. »Nicholas erzählte mir, Sie seien gestern Nacht in einem der Klassenzimmer gestürzt. Ich dachte, Ihre Verletzung rühre daher?«
Gilley, der seitlich am Tresen stand, seufzte übertrieben und verdrehte die Augen. »Oh bitte, hören Sie auf, den Unwissenden zu spielen, Mr Habbernathy.«
»Ich fürchte, ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, erklärte der Rektor reichlich verschnupft. »Die älteren Schüler in Northelm erzählen den jüngeren schon jahrzehntelang Spukgeschichten. Trotz all unserer Anstrengungen, das zu unterbinden, ist das leider zu einer beharrlichen Tradition geworden. Es gibt keinen Hatchet Jack. Er ist nichts als ein Hirngespinst.«
»Nicholas hat uns erzählt, dass Sie anderer Meinung sind«, versuchte ich den Rektor aus der Reserve zu locken.
Die Farbe kehrte in die Wangen des Rektors zurück. Er wurde knallrot. »Mein Bruder ist geistig behindert. Er ist ebenso wenig in der Lage, Ihnen meine wahren Gedanken wiederzugeben, wie er schriftlich dividieren kann.« Er stand auf. Es war unverkennbar, dass er Mühe hatte, seine Gefühle in den Griff zu bekommen. »Nun ja. Es war mir lediglich ein Anliegen, mich zu vergewissern, dass Sie wohlauf sind. Aber ich fürchte, Ihre Verletzung hat mir bestätigt, dass es unklug wäre, Sie Ihre Untersuchungen an der Schule fortsetzen zu lassen. Northelm kann hierfür keine weitere Verantwortung übernehmen.«
Kampflustig erhob ich mich ebenfalls. »Soll ich das dann Mr Dodge ausrichten? Mir ist, als sei es Teil Ihrer Vereinbarung mit ihm gewesen, dass mein Team dort ungestört eine Woche lang arbeiten kann.«
Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt lang hingeschlagen. Er wusste, dass ich ihn am Wickel hatte. »Ganz sicher wird Mr Dodge verstehen, dass ich ein Justizverfahren riskiere, wenn ich Ihnen wie bisher freie Hand gebe.«
»Sie könnten eine Verzichtserklärung unterzeichnen«, schlug der Detective vor. »Nicht wahr, M. J.? Sie unterzeichnen einfach eine Erklärung, in der Sie Northelm von jeglicher Verantwortung entbinden, falls Ihnen bei Ihren Ermittlungen etwas passieren sollte. Ihre Versicherung würde
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