Gespenster Kuesst Man Nicht
gestorben sind. Den Grundschulflügel habe ich inzwischen vollständig untersucht. Jacks Portal ist nicht dort, wir wissen also, dass er nicht dort gestorben ist. Auch den Baum am Ufer des Hole Pond habe ich untersucht, dort ist das Portal auch nicht. Ich habe den starken Verdacht, dass Jack eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Natürlich kann es auch ein Autounfall oder ein Sturz oder dergleichen gewesen sein, jedenfalls aber ist er in der Nähe der Schule gestorben. Angesichts seiner starken Präsenz dort ist etwas anderes kaum denkbar. Deshalb sollten Sie, Detective, alles daran setzen, ihn zu identifizieren. Er muss in der Nähe gelebt haben – das weiß ich einfach –, und wenn wir herausfinden können, wo, wird es vielleicht leichter für mich, seinen Sterbeort zu finden, und dann habe ich ihn.«
»Ich wollte ja sowieso die alten Totenscheine für Sie durchgehen. Das kann ich heute machen«, sagte Muckleroy.
»Hat Amelia Ihnen schon die alte Zeichnung gegeben?«
Muckleroy nickte, sah aber grimmig drein. »Ich weiß nicht, ob wir die wirklich in der Stadt aufhängen sollten.« Er öffnete seine große lederne Brieftasche und holte eine ausnehmend furchterregende Zeichnung heraus. Sie stellte einen Mann mit mordlüstern verzerrtem Gesicht dar, der ein Beil über dem Kopf schwang. »Mit der mache ich mich entweder zum Gespött der Leute, oder die Stadt verfällt in kollektive Hysterie.«
Ich schob ihm die Zeichnung wieder hin. »Da haben Sie recht. Tun Sie mir einen Gefallen, Detective –«
»Bob«, erinnerte er mich.
»Bob. Fragen Sie Amelia doch, ob sie die Zeichnung umarbeiten kann. Vielleicht lassen sich Jacks allgemeine Gesichtszüge beibehalten, aber ein bisschen entschärfen, sodass es aussieht wie ein typisches Fahndungsbild.«
»Gute Idee.« Er steckte die Zeichnung ein. »Ich sage ihr sofort Bescheid. Noch was?«
»Denk an die Brothers«, sagte Gilley.
Ich lächelte ihn dankbar an – nun, da der Kopfschmerz weg war, fiel mir das um einiges leichter. »Jep, danke, Gil! Bob, wir haben erfahren, dass Eric möglicherweise mit Nachnamen Brother hieß. Der dritte kleine Junge heißt Mark, und eventuell heißt er auch Brother.«
Muckleroy sah verwirrt aus. »Sie sind Brüder?«
Ich schüttelte den Kopf. »Eher nicht. Sie könnten Cousins gewesen sein, oder das Ganze ist einfach ein gewaltiger Zufall. Sie können ja mal sehen, ob Sie etwas damit anfangen können.«
»Klar.« Er trank seinen Kaffee aus. »Was werden Sie beide tun?«
»Wir werden einem anderen Hinweis nachgehen«, sagte ich. »Gil hat einen Lehrer gefunden, der seit den Siebzigerjahren in Northelm unterrichtet.«
»Wen?«
»William Skolaris«, sagte Gilley.
Muckleroy schnaubte. »Der alte Knacker wird Ihnen nicht viel nützen.«
»Warum nicht?«, fragte ich.
»Er ist ein ziemlicher Sauertopf. Gilt als verschroben und zugeknöpft. Eigentlich würde man sich wundern, warum Habbernathy ihn all die Jahre behalten hat, aber Habbernathys Vater und Skolaris waren dicke Freunde. Er wohnt sogar im früheren Haus der Habbernathys.«
»Was für ein früheres Haus?«, fragte ich.
»Früher waren die Habbernathys so was wie der Dorfadel hier. Das heißt, bis Winston sich verschuldete und die Schule beinahe pleiteging. Er war gezwungen, den Wohnsitz der Familie zu verkaufen, um die Schule halten zu können, und Skolaris hat die Kohle dafür aufgebracht.«
»Was für eine Ironie, wenn der Angestellte den Arbeitgeber aus der Patsche holt.«
»Keiner weiß, woher Skolaris diese Summe nahm. Das Haus ist ein wunderhübsches altes Ding. Habbernathy hat es vermutlich weit unter Wert verkauft, nur um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen.«
»Damals ist Winston also aufs Schulgelände gezogen?«
Muckleroy nickte. »Ja. Erst nach den Olympischen Spielen hat er seinen finanziellen Engpass überwunden. Er hat nämlich mit all den reichen Eltern, die mit ihren Kids hergekommen waren, um die Spiele zu sehen, Führungen durch die Schule veranstaltet. Das hat sie gerettet; sonst hätte er sie garantiert schließen müssen.«
Zum zweiten Mal an diesem Morgen klopfte es an der Tür. Gil und ich wechselten einen erstaunten Blick, und er stand auf, um nachzusehen. »Erwarten Sie Besuch?«, fragte Muckleroy.
»Nein«, entgegnete ich. »Aber typisch, dass die Leute genau dann beschließen vorbeizukommen, wenn ich so schmeichelhaft aussehe.«
Muckleroy lächelte mich mitfühlend an. »Ist nicht so schlimm. Mit einem Hut würde man es fast gar
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