Gespenster um Al Wheeler
wissen ?«
»Ich weiß es«, sagte sie. »Die
arme Emily war eine wunderbare Köchin .«
»Wenn das, was sie gesagt hat,
zutrifft, so war der Ermordete kurz vor seinem Tod Gast hier in diesem Haus und
anscheinend krank. Aber eben das wurde damals von Ihrem Mann, seinem Vater und
seiner Schwester kategorisch bestritten. Ihr Mann bestreitet es noch immer — und
wir sind nicht sicher, ob er die Wahrheit sagt. Das ist alles, was
dahintersteckt, um Ihre Frage zu beantworten, Mrs. Sumner .«
Sie biß sich kurz und heftig
auf die Unterlippe. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Lieutenant. Ich
liebe meinen Mann, aber ich begreife ihn nicht immer. Und vom ersten Tag an,
als wir von unserer Hochzeitsreise in dieses Haus zurückkamen, war ich mir der
konstanten Spannung zwischen den beiden bewußt — zwischen Charity und Crispin, meine ich .«
»Spannung ?« wiederholte ich fragend.
»Das ist noch ein höflicher
Ausdruck dafür«, sagte sie in verzweifeltem Ton. »Haß wäre richtiger. Sie
hassen einander in einer Weise, wie ich das bei zwei menschlichen Wesen nie für
möglich gehalten hätte — ganz zu schweigen von Geschwistern. Zuerst dachte ich,
die Sache würde vorübergehen — schließlich platzt jedem einmal der Kragen. Aber
in den letzten drei Jahren ist es womöglich noch schlimmer geworden. Es ist so,
als ob sie einander am liebsten mit Stumpf und Stiel ausrotten möchten .«
Ihr Gesicht nahm einen
gequälten Ausdruck an. »Aber da muß es noch mehr zwischen den beiden geben —
nur zwischen diesen beiden allein. Niemand kann daran teilnehmen oder darf auch
nur wissen, um was es sich dabei handelt .«
Sie wandte plötzlich ihr
Gesicht ab, und ihre Stimme schwankte. »Ich habe ihn, öfter als mir lieb ist,
darum gebeten, mich ins Vertrauen zu ziehen, damit ich versuchen könne zu
helfen — aber jedesmal wandte er sich einfach ab und
behauptete, er wisse nicht, wovon ich rede. Einmal habe ich sogar meinen Stolz
hinuntergeschluckt und Charity gefragt, woran es
läge, daß sie und er sich einander so angifteten. Ich war sogar dumm genug, ihr
meine Hilfe anzubieten! Charity schlug in der ihr eigenen reizenden, unnachahmlichen Weise vor, am besten
könnte ich allen dadurch helfen, daß ich Crispin verließe, so daß sie den
Anblick meines unglücklichen Gesichts nicht länger mehr im Haus zu ertragen
brauche. Oder wenn das nicht klappe, so könne ich ja ein Verhältnis mit einem
der Hausangestellten anfangen und sie dazu als Zuschauerin einladen — das
hielte sie für ausreichend unterhaltsam, um sie davon abzuhalten, Crispin zu
piesacken.«
»Glauben Sie, daß Charity innerlich wirklich so abgebrüht ist, wie sie nach
außen hin gern glauben machen möchte ?« fragte ich.
»Allerdings«, sagte sie mit
Nachdruck. »Sogar noch abgebrühter. Ich weiß nicht, was geschehen ist, daß sie
so werden mußte, aber ich habe mich schon oft ernsthaft gefragt, ob sie
überhaupt ein menschliches Wesen ist .«
Sie blickte über die Schulter
zum Haus zurück, und plötzlich erschien die Maske der würdigen Hausherrin
wieder auf ihrem Gesicht.
»Oh, da ist ja Crispin,
Lieutenant .« Ihre Stimme war betont heiter. »Warten
Sie hier auf ihn, er ist bereits auf dem Weg hierher .«
Sie ging mit eifrigen Schritten
auf ihn zu, als kehrte er erstmals nach vier Jahren aus dem Krieg heim. Wer
kann schon erraten, was in einer Frau vorgeht? Ich beobachtete, wie sie ihn mit
anscheinender Begeisterung begrüßte, sich eine Weile angeregt mit ihm
unterhielt und dann auf das Haus zuging. Ich zündete mir eine Zigarette an,
während ich darauf wartete, daß Crispin Sumner zu mir herüberkommen würde.
Er war noch immer auf
Landedelmann zurechtgetrimmt und war, abgesehen von Hemd und Krawatte, noch
genauso angezogen wie am Tag zuvor. Der schmollende Zug um seine hervorstehende
Unterlippe war betonter als je. Seine lehmfarbenen Augen betrachteten mich eine
Sekunde, glitten flüchtig über die Landschaft und richteten sich dann wieder
auf mein Gesicht.
»Sie wachsen sich zu einer
unerträglichen Belästigung aus, Lieutenant«, sagte er schneidend. »Ich dachte,
ich hätte das vermittels einiger Telefonanrufe gestern abend klargemacht. Nun sehe ich, daß ich zu
drastischeren Maßnahmen greifen muß .«
»Wenn Ihnen die Zeit dazu
reicht«, sagte ich.
»Was?« Meine Worte verblüfften
ihn maßlos, und seine Augen hüpften herum, als wollten sie alles auf einmal
sehen. »Was zum Kuckuck soll das heißen ?«
»Daß Sie
Weitere Kostenlose Bücher