Gespenstische Warnung
freundschaftlich standen Sie
eigentlich miteinander während ihrer Zeit bei der Theateragentur?« Ich schielte
ihn von der Seite her an, für den Fall, daß mein Ton nicht deutlich genug sein
sollte.
»Unsere Freundschaft war rein
platonisch.« Sein Gesicht verdüsterte sich wieder. »Verdammt noch mal, Holman!
Das ist unerhört! Ich denke nicht daran, zu dulden, daß Sie mich ausfragen wie
einen Kriminellen! Sie können —« Das Telefon klingelte und unterbrach das
Donnergrollen. Er schnaubte enttäuscht und ging dann durch das Zimmer zu dem
scheußlichen Tisch, auf dem das Telefon stand. »Hugill!« schrie er in die
Sprechmuschel. Dann wurde sein Gesichtsausdruck weicher. »Oh, hallo, Sonia...
Wer?« Seine buschigen Brauen hoben sich eine Spur. »Ja, er ist da. Bleiben Sie
am Apparat.«
Er starrte mich mißtrauisch an. »Es
ist Sonia, sie möchte mit Ihnen reden, Holman.« Er reichte mir zögernd den
Hörer, als handle es sich um den Schlüssel zu irgendeinem streng geheimen Code.
»Rick?« Somas Stimme klang
tränenschwer. »Etwas Schreckliches ist passiert. Linda Galen ist heute abend
ermordet worden!«
»Was?« Ich gab mir alle Mühe, meine
Stimme überrascht klingen zu lassen.
»Die Polizei ist jetzt hier im Klub
und wartet darauf, Sam zu vernehmen, sobald seine Vorstellung vorüber ist. Ich
habe versucht, die Sache mit den Morddrohungen zu erklären, aber sie wollen die
Briefe sehen.«
»Haben Sie der Polizei gesagt, daß ich
sie habe?«
»Ja, Rick. Die Beamten wollen, daß Sie
sofort in den Klub kommen.«
»Ich komme«, sagte ich ohne jede
Begeisterung. »Wer leitet die Ermittlungen?«
»Ein Lieutenant Santana.« In ihrer
Stimme lag ein hoffnungsvoller Unterton. »Kennen Sie ihn?«
»Wir haben uns schon mal getroffen.«
Mein Inneres krampfte sich schmerzhaft zusammen, als ich mich an meine letzte
Zusammenkunft mit Lieutenant Santana erinnerte; sie hatte mit einem Boxkampf
geendet. »Sagen Sie ihm, ich sei in einer Viertelstunde dort.«
»Danke, Rick.«
Ich legte auf. Hugill beobachtete mich
erwartungsvoll wie ein Hühnerhund, und ich wartete darauf, daß er demnächst
laut anschlagen würde. Nach ein paar Sekunden schüttelte ich den Kopf und sagte
mit düsterer Stimme: »Es ist scheußlich? Eine von Sorels Exfrauen ist heute
abend ermordet worden.«
»Wie entsetzlich!« Seine Stimme klang
echt erschreckt. »Arme Beverly Quillen«, murmelte ich.
»Beverly?« Seine Stimme überschlug
sich. Ich betrachtete eingehend sein graues Gesicht und die gequälten Augen und
zuckte dann die Schultern. »Sie muß sich in bezug auf
Linda Galen völlig getäuscht haben«, log ich.
»Wovon, zum Teufel, quasseln Sie jetzt
eigentlich?« schrie er mich beinahe an.
»Nun da Linda Galen ermordet worden
ist«, sagte ich geduldig, »kann sie kaum mehr die Hauptverdächtige bei Sorels
geplanter Ermordung sein, wie Beverly angenommen hat.«
Ein paar Sekunden lang sah er aus, als
ersticke er demnächst vor meinen Augen. Dann sagte er langsam und mühselig:
»Soll das heißen, daß Linda Galen heute aberid ermordet worden ist — und nicht Beverly?«
»Natürlich.« Ich hob die Brauen. »Wie
kommen Sie denn darauf?«
»Sie und Ihr verdammtes hinterhältiges
Geschwätz«, knurrte er.
»Was kümmert es Sie, wer ermordet
worden ist?« Ich lächelte ihn voller Herzlichkeit an. »Sie kennen ja gar niemanden
namens Beverly Quillen.«
»Scheren Sie sich zum Teufel, Holman«,
sein Schnurrbart sträubte sich heftig, »bevor ich Sie hier rausschmeiße!«
»Ich bin jemand, der einen Wink mit
dem Zaunpfahl versteht«, sagte ich mit großer Würde. »Und ich glaube, daß Sie
mit Ihren Bildern hier einen Vogel haben.«
Das war kein besonders guter Abgang,
aber der Gedanke an Lieutenant Santana machte mich nervös. Während der ganzen
Rückfahrt zum Klub dachte ich an ihn, was mich nur noch nervöser machte. Ein
uniformierter Polizeibeamter im Foyer teilte mir mit, daß sich der Lieutenant
im Büro des Managers aufhielte, und erklärte mir, wie ich dorthin käme.
Santana sah genauso aus wie beim letztenmal , als ich ihn gesehen hatte, und das hatte
durchaus nichts Beruhigendes. Er war nach wie vor um die Fünfzig herum,
mittelgroß und mittelschwer, und hatte die üblich dünner werdenden schwarzen
Haare auf dem Kopf, die an den Schläfen grau wurden. Sein Gesicht sah immer
noch so aus, als sei es mit einer stumpfen Axt aus Stein gehauen worden, und
seine braunen Augen glitzerten vor grundsätzlicher Verachtung für die
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