Gespenstische Warnung
könnten also ungestört reden.«
»Sie sahen sie?«
Sorel schüttelte den Kopf, überaus
vorsichtig, als fürchte er, er könne ihm jeden Augenblick von den Schultern
fallen. »Nein, ich sah sie nicht. Der Schwule da—«, sein Finger wies auf
Andreas Bruder, »-begegnete mir im Korridor und sagte, ich dürfe nicht rein.
Wir stritten uns ein paar Minuten lang herum, aber er ist ebenso verrückt wie
seine Schwester! Er zog ein Messer heraus, und ich bekam Angst, er könne damit
auf mich einstechen, und so ging ich wieder weg.«
»Lieutenant!« Frank Marco blickte
Santana mit einem knabenhaften Lächeln an, das Grübchen in seinen rundlichen
Wangen hervorrief. »Das ist absolut phantastisch! Ich meine, ich hatte niemals
ein Messer bei mir. Ich warnte ihn lediglich, nicht in die Wohnung
hineinzugehen, das ist alles. Vor allem da er, als er das letztemal Linda und meine Schwester besuchte, beide beinahe umgebracht hätte! Ich wollte
einfach nicht...«
»Klar.« Santana schnitt ihm das Wort
mitten im Satz ab, und das knabenhafte Lächeln schrumpfte ein bißchen ein. »Sie
sind weggegangen?« Er blickte den Komiker ein paar Sekunden lang an. »Wohin
sind Sie denn gegangen?«
»Zurück ins Hotel.«
»Sie lügen! Sie gingen um das Gebäude
herum und kamen durch den Lieferanteneingang herein — er war nicht verschlossen
— , dann gingen Sie die Hintertreppe hinauf und durch die Hintertür in die
Wohnung hinein. Sie war offen, als Miss Marco heimkam. Und dann haben Sie Linda
Galen erstochen.«
»Nein!« Sam schloß fest die Augen.
»Nein, ich ging geradewegs zurück ins Hotel. Ich kann Linda gar nicht
umgebracht haben. Ich liebte sie, verstehen Sie? Ich wollte, daß wir beide
wieder heirateten.«
»Das ist noch nicht mal komisch«,
sagte Andrea mit dünner Stimme. »In all den Jahren seit ihrer Scheidung hat er
sie nur einmal gesehen — das war vor drei Monaten. Ich war dabei, als er in ihr
Appartement gestürmt kam wie ein Irrer, mich bewußtlos schlug und—«, ihre
Stimme schwankte vorübergehend, »-Linda brutal vergewaltigte. Heute abend hat
er sie zum zweitenmal nach der Scheidung
wiedergesehen, und da hat er sie ermordet. Wenn das Liebe ist, dann muß er noch
verrückter sein, als ich dachte.«
»Sag es ihnen, Sonia«, flüsterte Sam,
die Augen nach wie vor fest geschlossen.
»Es stimmt«, bestätigte seine
persönliche Managerin. »Seit dem Zeitpunkt vor drei Monaten, als Sam die
Fassung verlor und gewalttätig wurde, war ihm klar, daß er Linda die ganze Zeit
über geliebt hatte. Ich weiß, daß sie zusammentrafen, wann immer sie
Gelegenheit dazu hatten, aber es war sehr schwierig für sie. Andrea Marco ist
eine sehr besitzergreifende Person, sie konnten sich also nur treffen, wenn sie
nicht da war, und das war nicht oft. Es war so weit gekommen, daß Linda viel zu
sehr Angst davor hatte, was Andrea und ihr Bruder tun würden, wenn sie von
ihrer Verbindung zu Sam erführen, als sich noch von ihm helfen zu lassen.«
»Sie dreckige, verlogene Hexe«, sagte
Andrea, jedes Wort betonend. »Linda hat niemals jemand geliebt außer mir
und...«
»Seien Sie still«, sagte Santana, ohne
die Stimme zu heben. »Miss Mayer, haben Sie je während der letzten drei Monate
Linda Galen mit Sorel zusammen gesehen?«
Sonia zögerte und schüttelte dann den
Kopf. »Nein, Lieutenant.«
»Haben Sie mit ihr telefoniert?«
»Nein, nie.«
»Woher wollen Sie dann wissen, daß es
wahr ist?«
»Sam hat mir alles erzählt.« Ihre
graugrünen Augen waren bekümmert, während sie den Blick von ihm abwandte.
»Natürlich wird es für sie ohne Sam
einsam sein!« sagte Andrea in ätzendem Ton. »Kein Job, niemand, der ihr das
Bett warm hält, und keine bedeutende Managerin für einen Spitzenkomiker mehr.«
Santana starrte sie kalt an. »Sie«,
knurrte er, »und Ihr Bruder können gehen. Sagen Sie dem Beamten draußen, wo ich
Sie beide morgen finden kann. Ich werde Ihnen noch einige Fragen stellen.«
»Ich gehe nicht.« Ein Ausdruck
eiserner Entschlossenheit erschien auf ihrem Gesicht. »Nicht, bevor ich gesehen
habe, wie Sie Sorel wegen Lindas Ermordung festgenommen haben.«
»Raus!« bellte Santana.
Frank Marco stand schnell auf, ergriff
den Arm seiner Schwester und zog sie hoch. »Komm schon, Sis «,
flehte er. »Streite dich nicht mit dem Lieutenant herum.«
»Ich muß es wissen!« Sie riß ihren Arm
los und starrte ihn finster an. »Begreifst du das denn nicht, Frank? Ich muß
wissen, daß er dafür, daß er Linda
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