Gespenstische Warnung
beschweren würde.
Natürlich hätte ich mir das Trinkgeld sparen und einfach an die Tür klopfen
können, aber ich dachte, das würde den schönen blonden Wachhund munter machen
und Sam bekäme ich gar nicht zu Gesicht. Vermutlich schlief er jetzt, und wenn
ich Glück hatte, kam ich gerade rechtzeitig zu einem seiner Alpträume.
Über die Hintertreppe gelangte ich in
den fünften Stock und fand Zimmer 505, ohne auch nur den Staub auf dem beigen
Teppich aufzuwirbeln, der den Korridor in einen Zugang zu einem Zimmer von
Millionenwert verwandeln sollte, hierfür jedoch mindestens fünf Jahre zu alt
war.
Das Schloß klickte leise, als ich den
Schlüssel umdrehte. Dann stieß ich die Tür lautlos auf. Vielleicht war ich über
das, was ich sah, nicht weiter überrascht, aber erwartet hatte ich es nicht.
Sorel schlief, aber er war nicht
allein. Seine persönliche Managerin saß da und hatte ihn in den Schlaf gewiegt.
Ihre geöffnete Bluse entblößte ihre vollen Brüste, sie lehnte mit dem Rücken
gegen das Kopfende des Bettes und streichelte leicht Sams Kopf.
Sie blickte zu mir auf und lächelte
schwach. »Wie sind Sie zu dem Schlüssel gekommen, Rick?«
»Ich habe jemanden bestochen.«
»Nun, und was wollen Sie?«
»Ich wollte mit Sam sprechen.« Die Tür
klickte hinter mir ins Schloß. Ich trat an den Rand des Bettes und hatte das
Gefühl, ein bißchen einfältig auszusehen.
»Ich bin überzeugt, Sam wüßte zu
dieser Nachtzeit nicht auf eine Ihrer Fragen eine Antwort, Rick.« Sie
streichelte weiter seinen Kopf, blickte mich aber die ganze Zeit über an.
»Ich dachte, ich könnte
dahinterkommen, ob er Santana die volle Wahrheit gesagt hat oder nicht, wenn
Sie nicht mit dabei wären, um die harten Schläge von ihm abzuhalten.«
»Sehr komisch, Rick«, sagte sie
gleichmütig. »Aber ich bin bei ihm, um ihn zu schützen, Tag und Nacht.
Bitte begreifen Sie das. Und nun gehen Sie, wir sehen uns dann morgen.«
Ich zuckte die Schultern. »Was ist
denn dann Ihre Version? Ist er ein großer, harter Mann, der Frauen schlägt —
unter dem Deckmantel rührseligen Selbstmitleids? Hat er vielleicht diese Briefe
selbst geschrieben, um eine Ausrede zu haben —«
Ihre Augen funkelten mich an. »So
etwas dürfen Sie nicht einmal wagen zu denken, Rick. Nicht eine Minute lang. Er
hat Sie engagiert, damit Sie ihm das Leben retten, und das ist alles, was
Sie...«
Sam unterbrach sie mit einem schrillen
Schrei. Er war entnervend. Ich fuhr vom Bett zurück, als ob mich eine Schlange
gebissen hätte, aber Sonia war auf dem Posten. Sie beugte sich schnell vor,
streichelte Sams Gesicht und flüsterte ihm leise Dinge ins Ohr, die ich nicht
verstehen konnte.
Sam schrie erneut auf und schlegelte
mit den Armen umher, wobei er ihr fast gegen das Ohr schlug, und dann begann er
sich zu beruhigen. Sie summte ihm weiter etwas vor, sein Gesicht entspannte
sich, und er begann wieder sanfter zu atmen.
Als ich zur Tür ging, blickte Sonia
nicht einmal auf.
Ich setzte soeben meinen Fuß auf die
vordere Veranda, als mich eine Stimme aus dem Dunkel anrief. »Rick — sind Sie
das?«
»Ja, ich bin’s, Sonia«, rief ich
zurück, den Impuls unterdrückend, ins nächste Gebüsch unterzutauchen, bevor ich
ihre Stimme erkannte.
»Tut mir leid, Rick.« Sie lächelte mir
ängstlich zu, als ich vollends zur Veranda emporstieg. »Aber ich muß jetzt mit
Ihnen reden. Es hat keine Zeit bis morgen.«
»Wie haben Sie es geschafft, noch vor
mir hier zu sein?« fragte ich verwirrt. »Haben Sie eine Düsenmaschine
gechartert?«
»Mit dem Taxi«, sagte sie zerknirscht.
»Um drei Uhr morgens kommt ein Taxi einem Flugzeug am nächsten.«
»Na, kommen Sie herein und holen Sie
erst mal Luft«, sagte ich.
Ich öffnete die Haustür, knipste die
Lichter an und führte sie ins Wohnzimmer. Sie trug das atemberaubende Kleid,
das aus den zwei aufreizenden Schichten bestand, und das Kupferglöckchen
klingelte munter vom Ohrläppchen herab, als sie sich auf der Couch niederließ.
Ich ging zur Bar hinüber und beschäftigte mich dort mit Flaschen. Dann trug ich
die Gläser zur Couch zurück. »Was macht Sam?« fragte ich, während ich mich
neben sie setzte.
»Er schläft. Ich habe ihm genügend Nembutal gegeben, um ein Riesenpferd zum Schlafen zu
bringen.«
»Was hat nun also keine Zeit bis
morgen?« fragte ich. »Das haben Sie doch gesagt, erinnern Sie sich?«
»Sie haben doch all die schrecklichen
Dinge gehört, die der Lieutenant heute abend zu Sam gesagt hat,
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