Gesponnen aus Gefuehlen
sterben.
Das Klappern von Geschirr drang durch die Tür herein. Sie musste mit ihm reden.
»Mist«, fluchte er, als sie die Küche betrat.
Er mühte sich mit dem Campingkocher ab, der auf der Arbeitsplatte stand.
»Was machst du da?«, fragte Lucy.
»Wonach sieht es aus?« Er fuhr herum. Der Topf, der auf dem Kocher gestanden hatte, kippte zur Seite und fiel auf den Fußboden. Eine undefinierbare rote Pampe kippte über Nathans Schuhe.
Lucy runzelte die Stirn. Nathan warf ihr einen wütenden Blick zu.
»Ich versuche zu kochen.«
»Weshalb benutzt du nicht den Herd?«
»Weil das ein Gasherd ist und ich keine Gasflasche mit mir herumschleppe. Außerdem soll niemand merken, dass jemand in dem Haus ist«, erklärte Nathan entnervt.
»Wir müssen reden«, sagte sie und setzte sich mit angezogenen Knien auf einen Stuhl.
»Das versuche ich die ganze Zeit«, erwiderte Nathan, während er sich abmühte, die Sauerei zu beseitigen.
»Die Schuhe kannst du vergessen«, bemerkte sie. »Nur mal interessehalber: Wie oft in deinem Leben hast du schon gekocht?«
»Nicht allzu oft.«
»Dachte ich mir. Dir ist das Essen doch vom ersten Tag an in den Schoß gefallen.«
»Du kannst es gern selbst machen«, forderte er sie heraus.
»So war es nicht gemeint«, erwiderte Lucy. Um ihre Kochkünste stand es nicht viel besser. Nathan hielt ihr einen Löffel vor die Nase.
»Los mach dich nützlich.« Damit verließ er die Küche und verschwand im Bad. »Ich habe riesigen Hunger«, rief er, bevor die Tür zuschlug.
»Wenn er es unbedingt will«, knurrte Lucy und begutachtete die Vorräte, die Nathan mitgebracht hatte. Viel war es nicht. Ein paar Dosen mit Bohnen, Ketchup, eine Tüte Nudeln, Toastbrot, ein paar Äpfel. Was sollte sie damit anfangen? Sie drehte an dem Wasserhahn. Heraus tröpfelte ein braunes Rinnsal. Darin wollte sie ihre Nudeln nicht kochen. Lucy beschloss, die Bohnen warm zu machen. Das war besser als nichts. Sie konnte sie ein bisschen würzen.
Es kostete Lucy einige Mühe, den Campingkocher in Gang zu bringen. Sie goss die Bohnen, die reichlich schleimig aussahen, in den Topf. Als die Soße zu blubbern begann, kippte sie Ketchup hinzu und würzte das ganze mit Pfeffer und Salz. Mehr stand ihr nicht zur Verfügung, also musste es reichen. Als Nathan aus dem Bad zurückkam, standen die Bohnen auf dem Tisch. Daneben lagen Toastscheiben und die Äpfel.
Nathan schnupperte in der Luft. »Es riecht merkwürdig«, bemerkte er.
»Deins roch nicht besser«, erwiderte Lucy. »Was war das überhaupt?«
»Ravioli aus der Dose.«
Lucy schaufelte Nathan Bohnen auf seinen Teller und nahm sich den Rest. Besonders vertrauenerweckend sah die Masse nicht aus.
Tapfer tauchte sie ihren Löffel hinein und beobachtete Nathan aus dem Augenwinkel.
Es schmeckte furchtbar. Am liebsten hätte Lucy das Zeug ausgespuckt. Doch da Nathan seinen Teller, ohne mit der Wimper zu zucken, leer löffelte, würgte sie den Bissen hinunter. Danach stocherte sie in dem Brei herum und versuchte sich an dem kalten Toast und den Äpfeln. Sie war eindeutig zu verschwenderisch mit dem Salz und dem Pfeffer gewesen.
»Eine Sterneköchin wird aus dir nicht, so viel steht fest«, meinte Nathan, nachdem er aufgegessen hatte.
»Für dich hat es gereicht.«
Nathan zuckte mit den Schultern. »In der Not frisst der Teufel Fliegen.«
»Du kannst mich mal gern haben.« Lucy stand auf, stellte ihren Teller in die Spüle und stapfte ins Schlafzimmer.
»Kein Bedarf«, brüllte Nathan hinterher.
Das Zimmer empfing sie mit allgegenwärtiger Dunkelheit und Kälte. Hier konnte sie nicht noch einmal längere Zeit verbringen. Sie fühlte sich in dem winzigen Haus mittlerweile wie in einem Gefängnis. So funktionierte das nicht. Wenn sie Nathan überreden wollte, sie gehen zu lassen, musste sie deutlich diplomatischer sein.
Zähneknirschend ging sie zurück in die Küche, wo Nathan die Teller und Löffel in den braunen Wasserstrahl hielt.
Lucy lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete ihn.
»Was ist?«, fragte Nathan nach einer Weile.
»Spricht etwas dagegen, rauszugehen? Ich fühle mich eingesperrt. Ich weiß nicht mal, ob draußen Tag oder Nacht ist.«
Nathan sah auf seine Uhr. »Draußen wird es dunkel sein, wenn dir das weiterhilft.«
»Weiß tatsächlich niemand, wo wir sind?«
»Niemand«, bestätigte er.
»Was denkst du, wird dein Großvater mit dir anstellen, wenn er dich zu fassen kriegt?«
»Darüber zerbrich dir nicht den Kopf. Das ist meine
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