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Gesponnen aus Gefuehlen

Gesponnen aus Gefuehlen

Titel: Gesponnen aus Gefuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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Nicken hinnahm.
    Ohne ein weiteres Wort ging er an ihm vorbei und betrat nach wenigen Minuten das Haus. Er lief in sein Zimmer, darauf vertrauend, dass Sirius vor der Tür warten würde.
    Er duschte, zog sich um und spürte mit jeder Sekunde, wie seine Lebensgeister zurückkehrten. Entschlossen trat er aus der Tür.
    »Ich esse heute Abend in der Küche«, erklärte er und wartete die Erwiderung nicht ab. Sirius polterte hinter ihm die Treppe hinunter.
    Der Gang glich einem Wettlauf, und wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte Nathan darüber gelacht. Er erreichte die Küche vor Sirius und riss die Tür auf. Sofia blickte erschrocken auf, als die beiden in ihr Reich gestürmt kamen.
    »Nathan«, strahlte sie. »Du siehst blass aus.« Sie warf Sirius einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann packte sie ein Tablett und drückte es dem finster dreinblickenden Mann in die Hand. »Bring das Orion. Harold hat heute anderes zu tun.«
    Verunsichert blickte Sirius auf das vollgepackte Tablett, dann glitt sein Blick zu Nathan.
    »Wage es nicht, Dummheiten zu machen. Ich bin sofort zurück.« Mit diesen Worten verschwand er aus dem Raum.
    Sofia drückte Nathan auf einen der antiquierten Stühle. »Sag schon, wie geht es dir?«
    »Ich brauche etwas zum Schreiben, Sofia. Du musst diese Nummer anrufen und ihnen sagen, dass Lucy in Gefahr ist. Sie muss das Land verlassen. Sie darf niemandem vertrauen. Ich habe Angst, dass Beaufort sie findet. Er möchte, dass sie seine Frau wird. Sie weiß, was er ihr antun wird. Aber du musst ihr deutlich machen, dass er es wirklich ernst meint. Sie kann ziemlich stur sein.«
    Die Tür sprang auf und Sofia griff geistesgegenwärtig nach dem winzigen Zettel, auf den Nathan Colins Nummer notiert hatte.
    Dann machte sie sich daran, Nathan sein Abendbrot aufzutischen.
    »Du solltest deinen Großvater fragen, ob du diese Nacht im Haus schlafen darfst. Das Feldbett ist auf Dauer sicher sehr unbequem.«
    »Es geht schon«, erwiderte Nathan. »Das Bett ist mein geringstes Problem.«
    »Wir sollten gehen«, bestimmte Sirius, nachdem Nathan ein Brot gegessen hatte. Dieser stand auf und drückte Sofia an sich.
    Sirius zog Nathan von ihr fort. Seine Finger bohrten sich schmerzhaft in dessen Oberarm.
    »Das reicht«, sagte er.
    Wortlos folgte Nathan ihm in sein unterirdisches Gefängnis. Als die dicke Tür hinter ihm ins Schloss fiel, fühlte er sich nutzloser als zuvor. Er konnte nichts tun, was Lucy half. Er konnte nur hoffen, dass Sofia es schaffte, sie zu warnen.
    Um sich abzulenken, setzte er sich an seinen Schreibtisch und blätterte durch das Buch von Oscar Wilde. Erleichtert sah er, dass es leer war. Jetzt dauerte es nur noch wenige Tage, bis der Text Zuflucht in dem Schutzbuch fand. Das würde seinen Großvater vorerst besänftigen. Dann zog er Charles Dickens’ Nicholas Nickleby zu sich heran. Das Buch machte ihm Sorgen. Die Schrift begann bereits zu verschwimmen, ganz leicht erst und doch sichtbar. Sie flimmerte vor seinen Augen und wogte vor und zurück. Es war wie damals bei Alice und doch anders. Es schien, als ob das Buch sich den Kampfgeist seines Protagonisten zu eigen gemacht hatte und gegen ihn ankämpfte. Nathan seufzte. Er würde das Buch für heute in Ruhe lassen.
    Ziellos streifte er durch die Regalreihen. Seit ungefähr fünfundzwanzig Generationen wurden hier unten Bücher verwahrt. Während seiner Ausbildung hatte Nathan viel über seine Vorfahren gelernt. Jeder hatte sich den Zielen des Bundes unterworfen. Obwohl sie ihre Aufgabe im Verborgenen ausführten, waren durch den Zugewinn an Wissen auch die Macht und der Ruhm seiner Familie gewachsen. Sein Vater war der Einzige in einer langen Reihe von Ahnen gewesen, der sich verweigert hatte. Nathan stellte sich die Frage, was oder wer ihn dazu veranlasst hatte. Bisher war für ihn nur entscheidend gewesen, dass seine Eltern ihn verlassen hatten, aber vielleicht war das nicht ihre Absicht gewesen.
    Nathan tastete sich zwischen den Regalgängen hindurch. Noch nie war er so lange allein in dem unterirdischen Gewölbe gewesen. Wie es wohl wäre, wenn die Bücher auch mit ihm sprechen würden? Wer weiß, was sie ihm erzählen könnten. Was hatte sich in den Jahrhunderten, seit diese Bibliothek bestand, hier unten alles ereignet?
    Hatte sein Großvater hier Schwarze Magie studiert? Die Magie, die es ihm ermöglichte, Menschen in Hunde zu verwandeln und magische Feuer zu beschwören.
    Nathan hatte von Büchern wie dem Delomelanicon

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