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Gesponnen aus Gefuehlen

Gesponnen aus Gefuehlen

Titel: Gesponnen aus Gefuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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nächsten Stunden nicht verließen.
    Im Schutz der Bäume und Sträucher tastete er sich zu Sofias Haus.
     
    Lucy stand hinter dem Küchenfenster und starrte in die Finsternis. Sie hatten alles getan, was möglich war. Ob Nathan es schaffte, zu ihr zu kommen, lag jetzt an ihm. Sie versuchte, mit ihren Augen die Schwärze der Nacht zu durchdringen. Mehr als einmal bildete sie sich ein, einen Schatten zu sehen. Doch jedes Mal war es der Wind, der Zweige und Äste der Bäume und Büsche bewegte. Wie lange sollte sie warten? Vielleicht hatte jemand bemerkt, dass Harold die Zimmertür aufgeschlossen hatte. Vielleicht versuchte Nathan es gar nicht. Vielleicht war er in diesem Moment bei seinem Großvater und sagte ihm, dass sie hier auf ihn wartete.
    Sie ärgerte sich über sich selbst. Er hatte sein Leben für sie riskiert. Sie hatte sich in der Nacht in der Hütte entschieden, ihm zu vertrauen. Sie durfte diese Entscheidung nicht anzweifeln. Sie brauchte ihn. Sie sehnte sich nach ihm. Sie vermisste ihn von Minute zu Minute mehr. Sie konnte die ihr gestellte Aufgabe ohne ihn nicht bewältigen. So sehr sie Colin liebte und so sicher sie war, dass dieser sie in allem, was sie tat, unterstützen würde, hierbei konnte er ihr nicht helfen. Diese Aufgabe durften Nathan und sie nur gemeinsam lösen. Sie würde alles daran setzen, ihn davon zu überzeugen. Gemeinsam würden sie das Vermächtnis der Hüterinnen suchen und das Rätsel lösen. Gemeinsam würden sie herausbekommen, wie sie die Bücher befreien konnten.
    In ihre Gedanken versunken, hätte Lucy das Pochen an der Tür fast überhört. Ihr Herz klopfte. Sie tastete sich zur Eingangstür. Langsam drückte sie die Klinke hinunter. Ein Schatten trat in den schmalen Flur und griff nach ihrer Hand.
    »Du bist hier«, flüsterte sie. Nathan zog sie an sich. Sie atmete seinen Duft ein. Sie wünschte, er würde sie nicht wieder loslassen. Sie war nicht mehr allein. Das warme Licht, das aus ihren Malen aufstieg, spann einen sanften Schimmer und hüllte sie ein wie ein schützendes Schild.
    Sie spürte Nathans Lippen auf ihrer Stirn. Sie sah zu ihm auf und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. Er wich ihrem Blick aus.
    »Wir sollten zu Sofia und Harold gehen«, sagte er und klang seltsam distanziert.
    Widerwillig löste sie sich von ihm.
    »Der arme Harold stirbt beinahe vor Angst. Wir haben ein bisschen zu viel von ihm verlangt«, erklärte sie verlegen.
    Nathan schob sie vor sich her. Harold und Sofia saßen auf dem geblümten Sofa in dem winzigen Salon, der vom matten Mondlicht und den glühenden Resten eines Kaminfeuers spärlich erhellt wurde.
    »Wir fanden es zu gefährlich, Licht zu machen. Es ist schon so spät«, erklärte Sofia und stand auf.
    Nathan nickte und umarmte sie. »Danke«, flüsterte er. »Ich konnte nicht früher kommen. Großvater war ungewöhnlich lange auf.«
    Sofia schob ihm eine Tasse Tee zu. Auch sich selbst und Lucy füllte sie nach. Harold griff nach einer Flasche Whisky und goss einen kräftigen Schuss in seine Tasse.
    »Das brauche ich jetzt«, entschuldigte er sich. »Wer mag noch?« Lucy und Sofia nickten.
    Nathan wandte sich Lucy zu, die dicht neben ihm saß. Mit unüberhörbarer Schärfe in der Stimme fragte er: »Was machst du hier? Hatte ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?«
    Er war nur wütend, dachte Lucy erleichtert. Damit konnte sie umgehen. Es war schließlich nicht das erste Mal.
    »Ich musste wissen, ob es dir gut geht«, verteidigte Lucy sich.
    »Ich hatte dir gesagt, dass du wegfahren sollst, und zwar so weit, wie du kannst.«
    »Weit gefahren bin ich ja immerhin.« Lucy lächelte.
    Nathan musterte sie ernst. »Ich befürchte, mit dir werde ich mir noch viel Ärger einhandeln.«
    »Darauf kannst du wetten«, erwiderte sie.
    »Wir sollten zu den wichtigen Dingen kommen«, unterbrach Harold sie.
    Die beiden wandten sich ihm zu.
    »Wir können euch nicht viel helfen«, erklärte Sofia. »Wir haben getan, was wir konnten. Nun liegt es an euch beiden. Was habt ihr vor? Lucy möchte die Bücher befreien, das wissen wir. Aber was ist mit dir, Nathan. Wo stehst du?«, fragte sie ihn.
    Lucy sah ihn erwartungsvoll an. Das war die schwierigste Frage und Lucy ahnte, dass es Nathan schwerfiel, alles, an was er bisher geglaubt hatte, infrage zu stellen.
    »Bist du deshalb hergekommen«, fragte Nathan sie.
    Lucy nickte. »Ich muss das tun«, antwortete sie. »Das weißt du.«
    »Ja das weiß ich.« Nathans Gesicht verschloss sich und

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