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Gesponnen aus Gefuehlen

Gesponnen aus Gefuehlen

Titel: Gesponnen aus Gefuehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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Lucy fragte sich, was falsch an ihrer Antwort gewesen war.
    »Ich habe immer gedacht, dass es richtig ist, was der Bund tut. Dass es richtig ist, die Bücher zu schützen. In den letzten Tagen habe ich viel Zeit gehabt, über alles nachzudenken und nun … Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich glaube, die Bücher wehren sich gegen unseren Schutz. Es ist ein bisschen wie mit Menschen, denen man Sicherheit um den Preis der Freiheit bietet. Sie wollen nicht von uns versteckt werden. Es fällt mir von Mal zu Mal schwerer, sie auszulesen. Vor ein paar Tagen jedoch hat sich eins von ihnen freiwillig geopfert.«
    »Wie meinst du das? Weshalb sollte es das tun?« Lucy wartete, dass er weitersprach.
    »Ich schwöre, dass ich es nicht auslesen konnte. Es war Nicholas Nickleby . Es wehrte sich, aber als mein Großvater kam, um zu kontrollieren, wie weit ich mit meiner Arbeit bin, da war es verschwunden. Hätte der Text sein Buch nicht verlassen, hätte Batiste mich weiter eingesperrt. Es hat sich geopfert, damit ich dir helfe.«
    Lucy nickte. »Er hat dich eingesperrt? Wo?«, fragte sie.
    »In der Bibliothek, in der der Bund die Bücher aufbewahrt. Sie ist hier.«
    Lucy wurde aufgeregt. »Ich habe es gewusst. Kannst du mich hinführen? Können wir die Bücher rausholen?«
    Nathan schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht herein. Nur dem obersten Perfectus wird der Zugang gewährt. Und selbst wenn du alle Bücher herausholen könntest, Lucy, was dann? Es sind Tausende. Du wirst sie nie zurücklesen können. Wo sollten sie auch hin? Ohne die Schutzbücher wären sie heimatlos. Sie würden zu Buchgeistern werden.«
    Die Erinnerung überfiel Lucy mit eiskalter Wucht.
    »Buchgeister«, flüsterte sie. »Ich hatte noch nie solche Angst«, flüsterte sie tonlos.
    »Was sind Buchgeister?«, fragte Sofia.
    »Das sind Bücher, die ohne ein Schutzbuch ausgelesen wurden. Es gab Zeiten, da hat der Bund Bücher ausgelesen, ohne vorher eines anzufertigen. Oft war keine Zeit oder es geschah aus Furcht vor einem Text oder aus Dummheit. Ich weiß es nicht. Womöglich wusste man anfangs auch nicht, was passiert. Der Zorn dieser schutzlosen Bücher wurde im Laufe der Zeit immer größer. Sie beginnen, uns heimzusuchen. Sie wollen sich rächen für das, was ihnen angetan wurde«, erklärte Nathan ihr.
    Sofia sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Aber was wollen sie von Lucy?«
    »Sie unterscheiden nicht zwischen den Männern und Frauen. Sie wissen nicht, dass Lucy ihnen das niemals angetan hätte. Sie vergessen ihre guten Gefühle. Was bleibt, ist blinde Wut.«
    Lucy schauderte. »Es war, als wollten sie meine Seele rauben.«
    Nathan nickte.
    »Aber wenn ich sie nicht zurücklesen kann, was soll ich dann tun?« Sie war davon ausgegangen, dass das die einzige Möglichkeit war, die Bücher zurückzuholen.
    »Alles, was ich weiß, ist, dass ein Mädchen die Bücher freilassen muss. Die Aufgabe, die Bücher zu schützen, wurde uns übertragen, mit der Maßgabe, wenn die Zeit reif sei, die Bücher den Menschen zurückzugeben. Aus dieser Fähigkeit der Frauen resultiert die Angst der Männer. Sie wollen den Zeitpunkt bestimmen. Wenn du mich fragst, werden sie dies nie tun. Es hätte für sie keinen Nutzen.«
    »Ein Mädchen muss die Bücher befreien«, überlegte Lucy laut. »Hast du jemals von einem Buch gehört, das man das Vermächtnis der Hüterinnen nennt?«, fragte sie ihn.
    Nathan sah sie an. »Das sagt mir durchaus etwas.«
    »Und was?«
    »Ich glaube, das ist das Buch, das die Mitglieder des Bundes am meisten fürchten.«
    »Warum?«
    »Angeblich steht in diesem Buch, wie die Frauen die Bücher den Menschen zurückgeben können. Aber niemand hat dieses Buch jemals gesehen. Ich glaube nicht, dass es noch existiert.«
    »Die Bücher haben mir gesagt, dass ich es suchen soll. Es wird mir sagen, was ich tun muss.«
    Nathan strich Lucy eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sanft fuhr sein Finger über ihre Wange, während er sie musterte.
    »Warum du, Lucy Guardian?«, fragte er. »Warum haben die Bücher ausgerechnet dich ausgewählt?«
    Lucy spürte, wie ihr unter seiner Berührung warm wurde. »Vielleicht ist es einfach an der Zeit, dem ein Ende zu setzen«, antwortete sie.
    »Ja, vielleicht«, sagte Nathan. »Aber sie haben nicht gesagt, wo du es findest?«
    Lucy schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Sie machen es ganz schön spannend, findest du nicht?«
    Lucy lächelte. »Sie haben nur gesagt, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen

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