Gestaendnis im Orchideengarten
Insiderinformationen abrufen, die er brauchte. Zweitens: Ende Gelände. So einfach war das .
Wenige Minuten später stand er vor ihrer Tür und klopfte. Als niemand öffnete, ging er um die Ecke, um sie in ihrem kleinen Büro zu suchen.
Die Tür war angelehnt, er spähte hinein, doch auch dort war Sara nicht. Als er sich umdrehte, kam sie ihm umringt von zwei Kindern entgegen. Der Junge war vielleicht elf, er hielt sich fest an der Hand des kleinen Mädchens und lachte über etwas, das Sara gesagt hatte.
Das Gesicht des Mädchens konnte Leo nicht erkennen, da es von einer riesigen Orchidee verdeckt war, die es im Arm hielt.
Sara lächelte ihm zu. Ohne die Baseballkappe konnte er die Lachfältchen um ihre Augen herum erkennen. Sie schien sich richtig zu freuen, ihn zu sehen.
Noch schlimmer war allerdings, dass auch er sich richtig freute, sie zu sehen.
Das Lächeln würde ihr bestimmt vergehen, wenn sie wüsste, wie unehrlich er sich ihr gegenüber verhielt. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, sie wirkte so vertrauend und erwartungsvoll.
„Guten Morgen! So ist es recht, man kann nie früh genug mit der Kundenbindung anfangen.“
„Stimmt“, erwiderte sie, „die beiden gehören schon jetzt zu meinen eifrigsten Kunden.“ Dann wandte sie sich wieder dem Jungen zu. „Also, Freddy, sag deiner Grandma, sie darf die Orchidee wirklich nur einmal pro Woche gießen, auf keinen Fall täglich. Sonst geht sie kaputt, wie die, die du ihr zu Weihnachten geschenkt hast.“
Freddy nickte ernst, ließ die Hand seiner Schwester los und holte ein paar Münzen aus seiner Hosentasche.
„Oh nein, die ist umsonst. Sieh es einfach als Ersatz für die andere. Hoffentlich gefällt sie ihr genauso gut wie die letzte. Wenn nicht, kommt ihr eben noch mal vorbei. Und jetzt beeilt euch, macht’s gut!“
Leo und Sara sahen den beiden nach. Das kleine Mädchen lutschte an seinem Daumen und zog die Nase kraus, als es Leo beim Weggehen ansah.
Einen Moment lang spürte er die alberne Lust, ihre Grimasse zu erwidern.
„Sie wohnen da hinten am Ende des Wegs. Ich kenne ihre Familie, seit ich auf der Welt bin, aber ihre Großmutter weiß bis heute nicht, wie man Orchideen ordentlich pflegt.“
Sie wandte sich Leo zu. „Also gut, fangen wir an.“
Mit einer Geste in Richtung Büro fügte sie hinzu: „Ich habe heute Morgen den Pachtvertrag gesucht, aber nicht gefunden. Sollen wir reingehen?“
Leo ließ ihr den Vortritt. Heute trug sie eine dunkelblaue Hose und eine weiße Blümchenbluse. Bei jeder anderen Frau hätte das wahrscheinlich lächerlich gewirkt, aber Sara sah darin hinreißend aus.
Er folgte ihr ins Büro und traute seinen Augen nicht.
Dort herrschte das reinste Chaos, jedenfalls nach seinen Maßstäben.
Zwei Aktenschränke aus Metall zogen sich an einer Wand entlang, auf denen Massen von Unterlagen, Ordnern und kleine Kartons gestapelt waren. Als er näher kam, sah er, dass es sich um Rechnungen und Quittungen handelte. Auch aus den Schubladen quoll das Papier.
Ein großer Kiefernholztisch dominierte den kleinen Raum, übersät von noch mehr Unterlagen, Katalogen und ungeöffneter Korrespondenz.
Dahinter stand ein uralter Bürostuhl, umgeben von sackweise Anzuchterde und Spezialdünger.
Wahrscheinlich kam daher auch der seltsame Geruch.
So hatte es auch im Hotel seiner Tante damals gerochen, wenn die Abflussrohre verstopft waren, oder bei Streiks der Müll tagelang nicht abgeholt wurde. Sara war möglicherweise daran gewöhnt, doch ihm trieb es das Wasser in die Augen.
„Wurde hier vor Kurzem eingebrochen?“, fragte er fassungslos. Sara kramte in einem großen Karton mit alten Umschlägen, dann stellte sie ihn geräuschvoll auf den Boden und machte einen alten Holzstuhl frei.
„Eingebrochen? Nein.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Ach, verstehe. Sie meinen, weil es ein bisschen unordentlich hier ist. Tut mir leid.“
Er schüttelte verständnislos den Kopf. „Das ist nicht gut, Sara. In einem solchen Chaos können Sie kein Unternehmen führen.“
Sie seufzte laut und sah sich um, als würde sie es zum ersten Mal wirklich wahrnehmen. „Ja, ich weiß. Früher konnte ich wenigstens noch meine Unterlagen finden, auch ohne Ordnungssystem. Jetzt bin ich aufgeschmissen. Deswegen brauche ich ja Ihre Hilfe. Ich versinke langsam im Chaos. Sie sind mein Retter in letzter Not.“
Zwei Stunden später stand Sara an ihrem Küchenfenster und steckte Leos Ring an den Daumen. Mit ausgestreckter Hand bewunderte
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