Gestaendnis im Orchideengarten
sehnlichem Blick an. „Nichts dergleichen. Sie sind rundum perfekt.“
„Vereiteln Sie mir nicht meinen Plan. Okay, dann führen wir unsere Abendunterhaltung eben gleich hier im Lieferwagen.“
„Wir tun so, als würden wir hier gemeinsam am Tisch sitzen? Oje, dann bin ich aber ziemlich unpassend gekleidet.“
Er hob seine rechte Hand. „Sie sehen bezaubernd aus. Ich muss Sie die ganze Zeit ansehen. Schon seit Sie den Raum betreten haben. Darf ich Ihnen einen Schluck Champagner Rosé einschenken?“
„Oh ja, sehr gerne.“ Sie rutschte auf dem Beifahrersitz herum und fühlte sich plötzlich angenehm entspannt. „Aus Frankreich?“
„Selbstverständlich. Lassen Sie uns ein wenig über das aufregende Stadtleben plaudern, während wir auf die Vorspeise warten. Sie haben früher in London gelebt, höre ich? Was haben Sie dort gemacht? Wo sind Sie ausgegangen? Vielleicht verkehren wir ja in denselben Lokalen.“
„Ach, das gute alte Stadtleben. Meine Mutter lebt dort immer noch. Kennen Sie Pimlico? Eine sehr noble Gegend. Ich habe damals als Mädchen für alles im Büro einer Immobilienmaklerin gearbeitet und Luxusvillen vermietet. Sie war die Freundin meiner Mutter und hat mir einen Hungerlohn bezahlt dafür, dass ich den Ärger mit den Mietern am Hals hatte. Wenn ich ausging, dann nur mit meinem damaligen Freund, der mehr an meiner Herkunft als an mir interessiert war. Er hatte gute Manieren, war stets gut gekleidet, und meiner Mutter hat er gut gefallen.“
„Oje, klingt beides nicht sehr angenehm. Bitte nehmen Sie noch ein Glas Champagner.“
„Danke, sehr gerne. Er schmeckt fabelhaft.“
Leo hielt an, um ein paar Fußgänger über die Straße zu lassen. „Fahren Sie öfter nach London, um Ihre Mutter zu besuchen?“
„Nein, wir haben seit Jahren kein gutes Verhältnis. Deshalb habe ich den Job aufgegeben, um in Kingsmede in Ruhe Orchideen zu züchten. Sie kommt mich nie besuchen, und wir reden nicht miteinander.“
„Seit drei Jahren? Das kann nicht wahr sein!“ Leo schien aufrichtig schockiert. „Mit Ihnen kann man sich doch ausgezeichnet unterhalten, was ist geschehen?“
Sara sah ihn schweigend an. Es bedeutete ihr viel, vor Leo im richtigen Licht zu erscheinen. Er sollte nicht schlecht von ihr denken. Trotzdem widerstrebte es ihr zunächst, von dem Zerwürfnis mit ihrer Mutter zu reden.
„Wollen Sie es wirklich wissen? Gut, dann kommt jetzt der Hauptgang. Roastbeef. Trocken, sehnig und zäh, zu lange im Ofen gebacken.“
Sie nestelte mit einer Hand an ihrer Baseballkappe und mied Leos Blick. „Meiner Großmutter ging es schon seit Längerem nicht gut, doch sie wollte unbedingt in Kingsmede Manor wohnen bleiben. Wir sind fast jedes Wochenende hergekommen und haben nach ihr gesehen. Als sie ins Krankenhaus musste, kam es zur Krise. Sie brauchte hinterher jemanden, der sie pflegte.“
Sie schob die Kappe nach oben. „Die Maklerin schuldete mir noch vier Wochen Urlaub wegen Überstunden. Immer wenn ich ihn nehmen wollte, ging es nicht, weil irgendein Kunde gerade wieder ausflippte. Ich ließ mich auf eine Woche runterhandeln, um wenigstens in den ersten Tagen nach meiner Großmutter zu sehen.“
Sara nahm die Kappe ab und ließ sich in den Sitz zurückfallen. „Nach drei Tagen rief meine Chefin an, weil es wieder einen schwierigen Kunden gab und sie der Meinung war, dass nur ich die Sache regeln konnte. Ich habe mich geweigert, nach London zu fahren. Dann hat sie meine Mutter angerufen, die wiederum bei mir anrief und sagte, ich könnte ihre Freundin nicht im Stich lassen. Sie bot an, sich um Großmama zu kümmern, während ich in London war. Ich war dumm genug, es zu glauben.“
Traurig schüttelte sie den Kopf. „Ich hätte es wissen sollen.“ Sie sah zu Leo hinüber. „Wissen Sie, was das Problem in London war? Das Wasser im Whirlpool war den Gästen nicht warm genug, und sie wussten nicht, wie man die Temperatur höher stellte. Ich rief den Klempner an und sah ihm dabei zu, wie er den Regler hochschob. Das war’s. Danach kam ich zurück nach Kingsmede, und was erwartet mich da? Eine kranke, unterkühlte und hungrige Großmutter buchstäblich mutterseelenallein. Meine Mutter war nach kürzester Zeit wieder abgereist, weil sie sich über eine Kleinigkeit gestritten hatten.“
Sie zupfte an der Baseballkappe auf ihrem Schoß herum. „Ich werde nicht wiederholen, was ich damals zu meiner Mutter sagte, aber so viel verrate ich: Es war weder höflich noch einer jungen Frau aus
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