Gestaendnis im Orchideengarten
gutem Hause würdig. Ich habe sie alles geheißen.“
Sie schwieg und starrte auf ihre Kappe. „Nie zuvor haben wir so laut gestritten, und am Ende teilte ich ihr mit, dass ich ab sofort nicht mehr für ihre Freundin arbeiten würde, die sowieso dauernd in ihrem Luxuschalet in der Schweiz herumhing. Sie warf mir vor, dass ich undankbar sei und es kein Wunder wäre, wenn ich einsam und allein auf dem Land verrotten würde. Da habe ich aufgelegt und sie seither nie wieder gesehen oder gesprochen. Ich vermisse bis heute weder den Job noch London.“
„Aber Sie vermissen Ihre Mutter“, sagte er leise. Einen Moment lang hallten seine Worte bei Sara nach.
Sie lächelte schief. „Ja, manchmal. Ich habe bei ihr von Anfang an gelernt, dass eine Mutter ihr Kind nicht immer liebt. Doch dass es so weit geht, hätte ich nicht gedacht.“
„Was wurde aus besagtem Freund, der mehr an Ihrer adligen Herkunft als an Ihnen interessiert war? War er damals für Sie da?“
„Und wie!“ Sie rollte mit den Augen. „Er kam zur Beerdigung meiner Grandma angebraust, sah mein kleines Häuschen, verglich es mit Kingsmede Manor und befand, dass er etwas Besseres verdient hatte. Großzügig bot er mir an, ich dürfte jederzeit zu ihm zurückkommen, falls ich mich eines Besseren besinne und in London bleiben wolle. Zwei Wochen später brannte er mit einer anderen Frau nach Australien durch. In seiner Abschieds-SMS warf er mir vor, dass ich die Beziehung ruiniert hätte.“
Sie schüttelte sich, um die Erinnerung an ihn loszuwerden. „Neulich hörte ich, dass er der Tochter eines schottischen Earls nachstellt. Ich wünsche ihm viel Glück. Und ihr auch, sie wird es brauchen. Jetzt habe ich aber Magenschmerzen, das war wohl zu viel zähes Roastbeef auf einmal. Es ist ja kaum mehr etwas für Sie übrig.“
„Für mich?“
„Ja, natürlich. Ich würde auch gern mehr über meinen charmanten Begleiter wissen, zumal er nun im Bilde ist, was für ein unnachgiebiges, grausames, böses Mädchen ich bin.“
„Sie haben recht. Unter diesen Umständen wäre es geradezu fahrlässig, Ihnen einen guten Rat zu verschweigen. Obwohl ich fürchte, dass Sie gleich wieder ganz böse werden. Schieben wir es auf bis nach dem Dessert, dann sind Sie vielleicht in etwas süßerer Verfassung.“
Sie sah ihn unsicher an. „Der Ton gefällt mir nicht. Aber gut, ich habe Sie gebeten, mir zu helfen, jetzt reden Sie schon. Servieren Sie den Nachtisch, aber geben Sie mir eine Sekunde, um mich vorzubereiten.“
Sara biss die Zähne zusammen und hielt sich mit beiden Händen am Armaturenbrett fest. „Okay, ich bin so weit. Sie können jetzt draufhauen, ich bin gewappnet.“
„Sehen Sie mich nicht so an! Es ist nur eine Idee. Gestern habe ich mit einem Freund gesprochen, der am Risikokapitalmarkt Geschäfte macht. Er interessiert sich für kleine Start-up-Unternehmen wie Ihres …“
Sie wollte aufspringen, doch Leo machte eine beschwichtigende Geste.
„Bevor Sie vor Wut durch die Windschutzscheibe springen, würde er gern noch wissen, ob Sie Liefergarantien für Ihre Topprodukte geben können. Im Augenblick sehe ich nur einen Weg, wie Sie das schaffen. Sie müssen mit den beiden Gewächshäusern vom Nachbargrundstück umziehen.“
Sara blieb die Luft weg. Ihr Kopf schwirrte, doch sie wagte es nicht, sich zu rühren, bevor sie nicht alles gehört hatte.
Leo schwieg, während er versuchte, sich in den Verkehr auf der Hauptstraße einzufädeln. „Ich habe mir die Preise rund um Kingsmede angesehen, sie sind höher, als ich dachte. Aber mit einem ordentlichen Businessplan und einer ausgefeilten Vermarktungsstrategie könnten Sie sich neues Pachtland am Ortsrand leisten. Soll ich ihn anrufen? Warum sind Sie denn so still geworden? Was meinen Sie, wäre das eine Idee?“
Sie traute ihren Ohren nicht und starrte Leo mit aufgerissenen Augen an. Gestern hatten sie den halben Tag zusammen in ihrer Küche gesessen, Akten gewälzt, geredet und überlegt, doch offenbar hatte er nichts kapiert. Jedenfalls nicht, warum sie nicht wegwollte aus der Nähe Kingsmede Manors, obwohl ihr die Welt offengestanden hätte. Doch wie sollte er auch, sie hatte es ihm ja nicht erklärt. Leise seufzend sah sie wieder aus dem Fenster.
Ihre eigene Mutter hatte es auch nie verstanden, warum sollte es Leo tun?
„Und was ist mit den Orchideenhäusern? Soll ich die abbauen und mitnehmen?“, fragte sie ihn. „Das ist unmöglich, sie sind viel zu groß.“
Leo lehnte sich nach vorn,
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