Gestaendnis im Orchideengarten
Vielleicht auch ein bisschen mehr, je nachdem, wie meine Vorschläge ankommen. Ich werde es allen zeigen. Das mag kleinkariert klingen, aber die Umstände rechtfertigen es.“
„Natürlich.“ Sie nickte bedächtig mit dem Kopf. „Ich fange langsam an, Sie zu verstehen. Der arme Paolo muss sich warm anziehen, fürchte ich.“ Beschwichtigend hob sie die Hand, als Leo protestieren wollte. „Keine Sorge, ich bin auf Ihrer Seite. Aber er wird sein blaues Wunder erleben, ich wünsche ihm schon jetzt Hals- und Beinbruch.“
Dann lächelte sie Leo an und fragte: „Wann fahren Sie zurück nach London?“
„Morgen. Es ist viel liegen geblieben in den letzten Tagen, ich muss dringend nacharbeiten. Am Donnerstagabend komme ich zurück. Warum fragen Sie?“
„Das trifft sich gut. Ich glaube, am Donnerstag wäre ich frei. Wir könnten am Abend vor dem großen Meeting Essen gehen, Reggie. Falls die Einladung noch steht.“
„Es wäre mir ein Vergnügen“, murmelte er, ergriff ihre Hände und sah ihr eindringlich in die grünen Augen, die voller Hoffnung und Sorge zugleich waren.
„Denken Sie trotzdem noch mal über meinen Vorschlag nach. Ihr Cottage und eins der Gewächshäuser bleiben ja unberührt von den Plänen des Hotels. Nur die beiden anderen müssen weichen. Könnten Sie wirklich nicht damit leben, dass sie irgendwo am Ortsrand stehen? Wäre das so furchtbar? Es wären doch immer noch Orchideen aus Kingsmede Manor, oder nicht?“
„So gesehen, stimmt es“, erwiderte sie. „Ich werde es mir überlegen. Danke, Leo.“
Sara strahlte, sie hatte ihre Lebensgeister wiedergefunden und blickte zuversichtlicher in die Zukunft. Das war gut so. Sie schien nach jedem Strohhalm zu greifen und sich an ihm hochzuziehen, um die Hoffnung nicht zu verlieren. Er wollte ihr gern dabei behilflich sein.
„Hey, wir sind ein Team! Eloises und Reggies Blumenspezialitäten, alles klar? Versuchen Sie es doch, Sara. Wir schaffen das. Wir zeigen allen, was in Kingsmede Manor möglich ist. Sind Sie bereit dazu? Als Erstes erstellen wir einen Businessplan, los geht’s.“
9. KAPITEL
Sara trat aus der Dusche, wischte den beschlagenen Spiegel frei und betrachtete sich im feuchten Dunst.
Die Erschöpfung stand ihr ins Gesicht geschrieben, vor allem die dunklen Ränder unter den Augen zeugten von nächtlicher Arbeit. Das Angebot für Tony Evans war fertiggestellt. Doch trotz Leos Hilfe hatte es viel länger gedauert, als sie dachte. Sie musste alle Orchideensorten abfotografieren, die sie als Zimmerschmuck vorschlagen wollte, und war erst um zwei Uhr in der Früh ins Bett gekommen.
Ihr waren schon die Augen zugefallen, während Leo immer noch bei ihr in der Küche saß und über der Planung brütete. Als ihr der Kopf dann schwer auf die Brust sank, hatte er sie vorsichtig ins Schlafzimmer getragen.
Wie gut, dass es ihn gab .
Sie kämmte sich mit den Fingern durchs Haar, wischte ein paar Strähnen aus der Stirn und fragte sich, was sie ohne Leo tun würde. Ohne ihn hätte sie das alles nicht durchgestanden. Doch er bedeutete ihr mehr als nur ein Geschäftspartner. Sehr viel mehr, das spürte sie.
Leo Grainger war wie ein Wirbelsturm in ihr Leben gerauscht, hatte alles zur Seite gefegt und ihre eine neue Welt eröffnet. Sie versuchte, die richtigen Worte dafür zu finden.
Es war nicht leicht.
Sie klammerte sich an das Waschbecken und fühlte das kühle Porzellan. Dann spritzte sie sich kaltes Wasser ins Gesicht und klopfte mit den Fingerspitzen über die Wangen.
Im Orchideenhaus mussten Temperatur und Luftfeuchtigkeit kontrolliert werden. Es hatte einen plötzlichen Wetterumschwung gegeben, der Himmel war bewölkt, und es sah nach Regen aus. Trotzdem war es ziemlich schwül und warm.
Die sonnigen Tage waren vorüber, nun zogen Gewitterwolken auf – nicht nur draußen, sondern auch in ihrem Herzen.
Wie war sie nur in diese missliche Lage geraten?
Es war ihr so gut gegangen, sie hatte ihr Auskommen, ihre Routine, ihren Kater, und alles war in Ordnung gewesen. Bis Leo Grainger in einem Vampircape in ihr Leben stürmte und alles durcheinanderbrachte. Seitdem wehte ein frischerer Wind, als wären nun lang geschlossen gehaltene Fenster zu ihrem tiefsten Innern geöffnet.
Doch was sie im Spiegel sah, gefiel ihr nicht.
Sie drehte sich nach links und rechts, um ihren Körper im Dunst des Badezimmers zu betrachten. Oberflächlich gesehen, war alles wie immer. Sie war groß, schlaksig und schmal, hatte kaum Oberweite und sehr
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