Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestaendnis im Orchideengarten

Gestaendnis im Orchideengarten

Titel: Gestaendnis im Orchideengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Harrington
Vom Netzwerk:
meinen. „Also gut, dann eben nicht. Ist schon in Ordnung“, sagte er grinsend. „Allerdings weiß ich nicht, ob ich mit diesem Nein wirklich leben kann.“ Dann zwinkerte er anzüglich.
    „Leo“, sagte Sara leise und sah sich um, ob sie schon beobachtet wurden. „Benehmen Sie sich! Das ist ein anständiges Hotel!“
    Er stand sofort stramm und salutierte. „Selbstverständlich, Mylady.“ Dann deutete er zackig-militärisch auf den Fahrstuhl. „Ihre Kutsche wartet schon, Madam.“
    Sara spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief, und sie umklammerte ihre Handtasche noch fester. „Wollen wir nicht hier an der Bar einen Drink nehmen vor dem Abendessen?“, fragte sie unsicher. Oder sollen wir die Drinks einfach ausfallen lassen und stattdessen gleich aufs Zimmer gehen? Könnte ich mir auch nett vorstellen .
    „Ich fürchte, die Bar entspricht nicht Ihren Standards, Lady Sara.“ Dann spreizte er die Finger, hob die Handflächen nach oben und tat, als ob er ihr beim Einstieg in eine Kutsche behilflich sein wollte. Als sie ihm würdevoll die Hand reichte, ergriff er sie begierig. „Bitte folgen Sie mir.“ Er drückte ihre Hand fest an seine Brust und zog Sara ganz nah an sich. So betraten sie gemeinsam den auf Hochglanz polierten Aufzug, in dem kaum mehr als zwei Personen Platz fanden.
    Wie berauscht, nahm sie Leos männlichen Duft wahr, während sie eng aneinandergepresst standen. Der Lift setzte sich in Bewegung, und für einen Moment versuchte sie sich ihm zu entziehen, doch er ließ es nicht zu. Er schien fest entschlossen, sie nicht mehr von seiner Seite weichen zu lassen.
    Fast bedauernd stellte Sara fest, dass sie sich seit dem Walzer auf der Terrasse am vergangenen Samstag nicht mehr so nahe gewesen waren. In ihrer Erinnerung spielte die Musik erneut.
    Dann blinzelte sie, um wieder in der Gegenwart anzukommen, und sah Leo entgeistert an.
    „Hören Sie das auch? Ein Wiener Walzer?“, fragte sie verblüfft. „Auch Fahrstuhlmusik scheint nicht mehr das, was es einmal war.“
    „Das will ich meinen“, erwiderte er. „Immerhin hat es mich sehr viel Charme und Überredungskunst gekostet, das Personal an der Rezeption dazu zu bringen, ein mir genehmes Tonband einzulegen.“
    Er neigte den Kopf. „Es musste eben unser Lied sein, alles andere wäre sinnlos gewesen“, raunte er ihr ins Ohr.
    „Natürlich, verstehe“, sagte sie und hob erstaunt die Augenbrauen. „Finde ich auch.“ Doch dann entspannte sie sich wieder. „Sehr aufmerksam von Ihnen.“
    „Es war mir ein inneres Bedürfnis.“ Er sah sie mit einem Blick an, der nichts anderes bezweckte, als sie auf der Stelle dahinschmelzen zu lassen. Er musste schon ein paar Mal geübt haben, denn es funktionierte perfekt.
    Sara war wie gebannt, als der Fahrstuhl plötzlich anhielt, die Türen aufgingen und der Knopf „dritte Etage“ signalisierte. Sie sah nach draußen und begriff sofort, wo sie waren. Das war kein Stockwerk mit Gästezimmern, sondern der Dachstock, wo früher das Personal wohnte – und natürlich sie selbst. Am Ende des Flurs im kleinen Turmzimmer.
    Oh Leo, wie wunderbar!
    Vor Rührung spürte sie einen dicken Kloß im Hals. Wahrscheinlich würde sie nie wieder sprechen können.
    Leo trat aus dem Fahrstuhl, drehte sich galant um und reichte ihr seine Hand.
    Über seine Schulter hinweg versuchte sie, etwas zu erkennen.
    Doch die elektrische Beleuchtung war ausgeschaltet, stattdessen standen überall Kandelaber mit brennenden Kerzen. Der Sog vom Aufzugschacht verursachte ein kurzes Flackern, warmes Kerzenlicht fiel auf den goldglänzenden Holzboden, und der Duft von Bienenwachs lag in der Luft.
    Die Kerzenständer führten den Flur entlang bis zu ihrem einstigen Kinderzimmer. Sie konnte es kaum fassen, dass Leo all das für sie inszeniert hatte. In ihren kühnsten Träumen hätte sie sich das nicht vorstellen können.
    Sie kannte jede Maserung auf dem Fußboden, alles war ihr vertraut, dort hinten lag der Raum, den sie früher über alles geliebt hatte. Ihr Zimmer.
    „Wollen wir?“, raunte Leo vornehm und strahlte sie an. In seinen nunmehr tiefblauen Augen reflektierte der Schein von hundert Kerzen, und als sie ihre Fingerspitzen geziert in seine Handflächen legte und hinaustrat, wusste sie, dass es nun kein Zurück mehr gab. Herz und Verstand wussten es im selben Augenblick.
    Für diese Reise gab es keine Rückfahrkarte. Wenn sie weiterging, würde sie fortan jede Sekunde ihres Lebens Leo vermissen, wo immer er war,

Weitere Kostenlose Bücher