Geständnis
Medikamente, oder, Keith?“, erkundigte sich
Robbie leise.
„ Ja, natürlich.“
„ Haben Sie so einen Anfall schon mal gesehen?“
Boyette, der immer noch auf dem Boden lag und sich vor
Schmerzen krümmte, stöhnte mitleiderregend. Es sah aus, als würde
er gleich sterben. Fred Pryor tätschelte ihm beruhigend den
Arm.
„ Ja“, antwortete Reith. „Vor etwa vier Stunden, irgendwo in
Oklahoma. Er musste sich dauernd übergeben und ist dann bewusstlos
geworden.“
„ Sollten wir ihn nicht ins Krankenhaus bringen? Schließlich
wäre es doch durchaus möglich, dass er gerade stirbt.“
„ Ich weiß es nicht, ich bin kein Arzt. Was brauchen Sie sonst
noch von ihm?“
„ Wir brauchen seine Unterschrift auf der eidesstattlichen
Erklärung. Er muss unter Eid unterschreiben.“ Robbie trat einen
Schritt zurück und winkte Reith zu sich. Leise sprach er weiter.
„Und dann wäre da noch die Sache mit der Leiche. Selbst mit der
eidessstattlichen Erklärung gibt es keine Garantie dafür, dass das
Gericht die Hinrichtung aufschiebt. Und der Gouverneur wird mit
Sicherheit keinen Aufschub anordnen. Wir müssen die Leiche finden,
und zwar schnell.“
„ Wir legen ihn auf das Sofa in Ihrem Büro. Dann lassen wir die
Jalousien runter. Und ich gebe ihm eine Tablette. Vielleicht stirbt
er ja doch noch nicht.“
„ Gute Idee.“
Es war 13.20 Uhr.
Chapter
22
Der erste Hubschrauberflug in Dontes Leben sollte auch sein
letzter sein. Das Amt für öffentliche Sicherheit des Staates Texas
hatte dafür gesorgt, dass er mit hundertvierzig Kilometern pro
Stunde in fast tausend Meter Höhe über die sanft geschwungenen
Hügel flog und nicht nach unten sehen konnte. Er war zwischen zwei
Wachleuten eingeklemmt, kräftigen, jungen Männern, die angestrengt
aus den Fenstern starrten, als würde Operation Detour ein oder zwei
Boden-Luft-Raketen im Arsenal haben. Vor ihnen saßen mit grimmigem
Gesichtsausdruck die beiden Piloten, die begeistert waren von ihrer
aufregenden Mission. Der laute, unruhige Flug löste bei Donte
Übelkeit aus, daher schloss er die Augen, lehnte den Kopf an den
harten Kunststoff hinter sich und versuchte, an etwas Schönes zu
denken. Es gelang ihm nicht.
Er übte seine letzten Worte, indem er sie stumm mit den Lippen
formte, doch angesichts des Geräuschpegels hätte er sie genauso gut
laut hinausbrüllen können, ohne dass es jemand gehört hätte. Er
dachte an die anderen Häftlinge - einige von ihnen waren Freunde,
einige Feinde, fast alle schuldig, doch es gab auch ein paar, die
behaupteten, unschuldig zu sein - und daran, wie sie ihrem Tod ins
Auge blickten.
Der Flug dauerte zwanzig Minuten, und als der Hubschrauber auf
dem alten Rodeogelände innerhalb des Gefängnisses von Huntsville
landete, wartete schon eine kleine Armee auf den Häftling. Donte,
der Hand- und Fußfesseln trug, wurde praktisch zu einem Van
getragen. Minuten später bog der Wagen in eine schmale Gasse ein,
die auf beiden Seiten von einem hohen, mit Stacheldraht und
Sichtschutzblenden versehenen Maschendrahtzaun umgeben war. Donte
wurde aus dem Van geholt, durch ein Tor geführt und über einen
Gehweg in ein kleines, flaches Gebäude aus roten Ziegeln gebracht,
in dem Texas seine Hinrichtungen durchführt.
In dem Gebäude kniff Donte die Augen zusammen und versuchte,
sich auf seine neue Umgebung zu konzentrieren. Zu seiner Rechten
waren acht Zellen, die alle auf einen kurzen Korridor hinausgingen.
Auf einem Tisch vor ihm lagen mehrere Bibeln, darunter auch eine in
Spanisch. In dem Korridor hielt sich ein Dutzend Wärter auf, von
denen sich einige über das Wetter unterhielten, als wäre das in
diesem Moment gerade das Wichtigste. Donte wurde vor eine Kamera
gesetzt und fotografiert. Man nahm ihm die Handschellen ab, und ein
Angestellter des Gefängnisses sagte, dass er jetzt die
Fingerabdrücke brauche.
„ Warum?“, fragte Donte. „Routine“ war die Antwort. Der Mann
nahm einen von Dontes Fingern und rollte ihn auf einem
Stempelkissen ab.
„ Ich verstehe nicht, warum man einem Mann die Fingerabdrücke
abnehmen muss, bevor man ihn umbringt.“
Der Wärter antwortete nicht.
„ Ah, jetzt kapier ich's“, sagte Donte. „Ihr wollt sicher sein,
dass ihr den Richtigen habt, stimmt's?“
Der Wärter nahm sich den nächsten Finger vor.
„ Dieses Mal habt ihr jedenfalls den Falschen.“
Anschließend wurde Donte in eine der acht Zellen geführt. Die
übrigen sieben waren nicht besetzt. Er setzte sich auf den Rand
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