Geständnis
Zelle.
Sein Name war Darreil Clark, ein junger Mann aus West Texas, aus
Midland, glaube ich. Er hatte mehrere Menschen in einem Drogenkrieg
getötet, wurde verurteilt und in den Todestrakt geschickt, noch in
Ellis Unit. Im Todestrakt gab ihm jemand eine Bibel, und ein
anderer Mann erzählte ihm von seinem Glauben. Clark wurde Christ
und sehr gläubig. Als alle Berufungen abgelehnt waren, wurde das
Datum der Hinrichtung festgelegt. Er akzeptierte sein Ende. Er
freute sich auf den Tod, weil er den genauen Moment kannte, in dem
er in das Himmelreich eingehen würde. Die Geschichte von Darreil
Clark ist einzigartig.“
„ Und was wollen Sie mir damit sagen?“
„ Ich will damit sagen, dass Sie sterben werden und dass Sie
wissen, wann das sein wird. Es gibt nur wenige Menschen, die den
Zeitpunkt ihres Todes kennen. Soldaten im Kampf gehen vielleicht
davon aus, dass sie dem Tod geweiht sind, aber es besteht immer die
Chance, dass sie überleben. Opfer von Gewaltverbrechen wissen wohl
auch, dass sie sterben werden, aber dann bleibt ihnen nicht mehr
viel Zeit. Sie dagegen kennen das Datum Ihres Todes seit Monaten.
Und jetzt, da die Stunde naht, ist es vielleicht gar keine
schlechte Idee, sich mit Gott auszusöhnen.“
„ Ich kenne die Legende von Darreil Clark. Seine letzten Worte
waren >Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände<. Lukas
23, Vers 46, die letzten Worte Jesu, bevor er am Kreuz gestorben
ist, jedenfalls behauptet das Lukas. Aber Sie haben etwas
übersehen, Keith. Clark hat drei Menschen getötet, er hat sie
regelrecht hingerichtet, und nach seiner Verurteilung hat er nie
behauptet, unschuldig zu sein. Er war schuldig. Ich bin es nicht.
Clark hatte es verdient, bestraft zu werden - nicht mit dem Tod,
sondern mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Aber ich bin
unschuldig.“
„ Stimmt, aber Tod ist Tod, und am Ende zählt nur noch Ihr
Glaube an Gott.“
„ Ich soll also kurz vor Schluss zu Gott zurückrennen und die
letzten neun Jahre quasi vergessen?“
„ Geben Sie Gott die Schuld an den letzten neun
Jahren?“
„ Ja, das tue ich. Ich werde Ihnen erzählen, was mir passiert
ist. Ich war achtzehn Jahre alt, gläubiger Christ, immer noch aktiv
in meiner Kirchengemeinde, aber ich hatte auch ein paar Dinge
getan, die fast alle Jugendlichen tun, nichts Schlimmes, aber wenn
man so eine strenge Mutter hat wie ich, rebelliert man zwangsläufig
ein bisschen. Ich war ein guter Schüler, meine Footballkarriere war
auf Eis gelegt, aber ich habe weder mit Drogen gehandelt noch Leute
zusammengeschlagen. Ich habe mich nicht auf der Straße
rumgetrieben. Ich habe mich auf das College gefreut. Und dann, aus
irgendeinem Grund, den ich nie verstehen werde, trifft mich ein
Blitz mitten auf die Stirn. Ich trage Handschellen. Ich sitze im
Gefängnis. Mein Foto ist auf den Titelseiten der Zeitungen. Ich
werde schon lange vor dem Prozess für schuldig erklärt. Über mein
Schicksal entscheiden zwölf Weiße, die Hälfte von ihnen brave,
gläubige Baptisten. Der Staatsanwalt war Methodist, die Richterin
Presbyterianerin, zumindest gehörten sie einer Kirchengemeinde an.
Und sie hatten eine Affäre miteinander, aber wir sind wohl alle
schwach im Fleische. Sie hatten eine Affäre miteinander, doch
gleichzeitig taten sie so, als würde ich einen fairen Prozess
bekommen. Die Geschworenen waren allesamt Proleten. Ich weiß noch,
wie ich im Gerichtssaal saß und in ihre Gesichter starrte, als sie
mich zum Tod verurteilten - harte, unversöhnliche christliche
Gesichter -, und dachte: Wir haben nicht denselben Gott. Und das
stimmt. Wie kann Gott es Seinem Volk erlauben, so oft zu töten?
Beantworten Sie mir das bitte.“
„ Gottes Volk irrt häufig, Donte, doch Gott selbst irrt nie. Sie
können Ihm nicht die Schuld geben.“
Die Kampfeslust verließ ihn. Der Ernst des Augenblicks kehrte
zurück. Donte stützte die Ellbogen auf die Knie, beugte sich vor
und ließ den Kopf hängen. „Ich war ein treuer Diener Gottes, Keith,
und das habe ich jetzt davon.“
Robbie kam von draußen herein und stellte sich vor die Zelle.
Reiths Besuchszeit war um. „Würden Sie mit mir beten,
Donte?“
„ Warum? Ich habe die ersten drei Jahre im Gefängnis gebetet,
aber es wurde alles nur noch schlimmer. Selbst wenn ich zehnmal am
Tag gebetet hätte, würde ich jetzt trotzdem hier sitzen und mit
Ihnen reden.“
„ Haben Sie etwas dagegen, wenn ich bete?“
„ Tun Sie sich keinen Zwang an.“
Keith schloss die Augen. Es fiel ihm
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