Geständnis
schwer, unter diesen
Umständen zu beten - Donte starrte ihn an, Robbie wartete
ungeduldig vor der Zelle, die Uhr tickte immer lauter. Er bat Gott
darum, Donte Mut und Kraft zu geben und sich seiner Seele zu
erbarmen. Amen.
Als Keith geendet hatte, stand er auf und klopfte Donte auf
die Schulter. Er konnte immer noch nicht glauben, dass der junge
Mann in weniger als einer Stunde tot sein würde. „Danke, dass Sie
gekommen sind“, sagte Donte.
„ Es war mir eine Ehre, Sie kennengelernt zu haben,
Donte.“
Sie gaben sich die Hand. Dann dröhnte wieder Metall, und die
beiden Türen wurden geöffnet. Keith verließ die Zelle, Robbie
betrat sie. Die Zeiger der Uhr an der Wand zeigten auf
17.34.
Die unmittelbar bevorstehende Hinrichtung eines Mannes, der
von sich behauptete, unschuldig zu sein, war für die überregionalen
Medien uninteressant. Dieses Thema war zu alltäglich geworden. Aber
nachdem bekanntgeworden war, dass Weiße und Schwarze Kirchen
anzündeten, spitzten einige Produzenten von Nachrichtensendungen
die Ohren. Die Schlägereien an der Highschool machten das Ganze
noch etwas interessanter. Womöglich Rassenunruhen? Das war zu gut,
um es zu ignorieren. Als dann auch noch die Nationalgarde
angekündigt wurde, gab es kein Halten mehr. Am späten Nachmittag
wimmelte es in Slone nur so von bunt lackierten Übertragungswagen
aus Dallas, Houston und anderen Städten, von denen die meisten eine
Liveschaltung zu ihren Sendern einrichteten. Als das Gerücht
aufkam, dass ein Mann, der behauptete, der wahre Mörder zu sein,
vor den Kameras ein Geständnis ablegen wolle, zogen die Medienleute
in Scharen zum Bahnhof. Während Fred Pryor für Ordnung sorgte -
oder es zumindest versuchte -, stand Travis Boyette auf der
untersten Stufe der Treppe vor dem Bahnhof und sah in Richtung der
Reporter und ihrer Kameras. Wie Bajonette wurden ihm die Mikrofone
ins Gesicht gestoßen. Fred, der rechts von ihm stand, musste
handgreiflich werden und einige Reporter zurückstoßen.
„ Ruhe!“, führ Fred sie an. Dann nickte er Travis zu und sagte:
„Schießen Sie los.“
Travis stand stocksteif da, wie ein Reh, das im Licht von
Autoscheinwerfern erstarrt, doch er gab sich einen Ruck und begann
zu reden. „Mein Name ist Travis Boyette. Ich habe Nicole Yarber
getötet. Donte Drumm hat nichts mit dem Mord zu tun. Ich habe
allein gehandelt. Ich habe sie entführt, mehrmals vergewaltigt und
dann erwürgt. Ich habe ihre Leiche beseitigt, aber sie liegt nicht
im Red River.“
„ Wo ist sie?“
„ In Missouri.“
„ Warum haben Sie es getan?“
„ Weil ich nicht anders kann. Ich habe schon andere Frauen
vergewaltigt, viele Frauen. Manchmal bin ich erwischt worden,
manchmal nicht.“
Das überraschte die Reporter, und es vergingen einige
Sekunden, bis die nächste Frage gestellt wurde: „Dann sind Sie also
schon einmal wegen einer Vergewaltigung verurteilt
worden?“
„ Oh, ja. Vier oder fünf Mal.“
„ Kommen Sie aus Slone?“
„ Nein, aber ich habe hier gelebt, als ich Nicole getötet
habe.“
„ Haben Sie das Mädchen gekannt?“
Dana Schroeder saß seit zwei Stunden vor dem Fernseher und
starrte wie gebannt auf CNN. Sie wartete auf Neuigkeiten aus Slone.
Bis jetzt waren nur zwei Berichte gesendet worden, kleine Schnipsel
über die Unruhen und die Nationalgarde. Sie hatte zugesehen, wie
der Gouverneur sich lächerlich gemacht hatte. Doch die
Berichterstattung gewann an Fahrt. Als sie das Gesicht von Travis
Boyette sah, sagte sie laut: „Da ist er.“
Ihr Gatte war im Todestrakt und stand dem Jungen bei, der für
den Mord verurteilt worden war, und sie sah den Mann vor sich, der
den Mord begangen hatte.
Joey Gamble saß in einer Bar, der ersten, die er gesehen
hatte, nachdem er Agnes Tanners Kanzlei verlassen hatte. Er war
betrunken, bekam aber noch mit, was um ihn herum geschah. Am
anderen Ende der Bar hingen zwei Fernsehgeräte von der Decke; auf
dem einen lief ein Sportsender, auf dem anderen CNN. Als Joey die
Reportage aus Slone sah, ging er langsam zu dem Fernseher hin. Er
hörte zu, wie Boyette darüber sprach, Nicole getötet zu haben. „Du
Scheißkerl“, murmelte Joey. Der Barkeeper warf ihm einen fragenden
Blick zu.
Joey ging es wieder besser. Er hatte endlich die Wahrheit
gesagt, und jetzt war der wahre Mörder an die Öffentlichkeit
gegangen. Donte würde nicht hingerichtet werden. Er bestellte noch
ein Bier.
Richter Elias Henry saß mit seiner Frau zusammen im
Fernsehzimmer
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