Geständnis
ihres Hauses, das ganz in der Nähe des Civitan Park
lag. Die Türen waren verriegelt, die Jagdgewehre geladen und
schussbereit. Alle zehn Minuten führ ein Streifenwagen vor dem Haus
vorbei. Ein Hubschrauber beobachtete die Gegend von oben. Dichter
Rauch lag in der Luft. Er kam von dem Feuerwerk, das im Park
gezündet worden war, und von den niedergebrannten Gebäuden. Der Mob
war deutlich zu hören. Die Trommeln, der dröhnende Rap und die
Sprechchöre waren im Laufe des Nachmittags immer lauter geworden.
Richter Henry und seine Frau hatten darüber gesprochen, ob es nicht
vielleicht besser wäre, die Nacht woanders zu verbringen. Ihr Sohn
wohnte eine Stunde von Slone entfernt in Tyler und war dafür
gewesen, dass sie die Flucht ergriffen, selbst wenn es nur für ein
paar Stunden wäre. Doch sie beschlossen zu bleiben, vor allem weil
auch ihre Nachbarn blieben und sie sich im Notfall gegenseitig
helfen konnten. Der Richter hatte mit dem Polizeichef geredet, der
ihm etwas nervös versichert hatte, alles unter Kontrolle zu
haben.
Der Fernseher war eingeschaltet, und gerade wurde wieder etwas
aus Slone gesendet. Der Richter griff nach der Fernbedienung und
stellte den Ton lauter - und da war der Mann, den er vor drei
Stunden in einem Video gesehen hatte. Travis Boyette redete,
erzählte Details, starrte auf die Mikrofone vor sich.
„ Haben Sie das Mädchen gekannt?“, fragte ein
Reporter.
„ Nein, aber ich hatte Nicole beobachtet. Ich wusste, wer sie
war, ich wusste, dass sie Cheerleader war. Ich habe sie mir
ausgesucht.“
„ Wie haben Sie sie entführt?“
„ Ich habe ihr Auto entdeckt, direkt daneben geparkt, gewartet,
bis sie aus dem Einkaufszentrum kam. Ich hatte eine Waffe, sie hat
sich nicht gewehrt. Ich hatte so etwas schon einmal
getan.“
„ Sind Sie schon einmal in Texas verurteilt worden?“
„ Nein. Missouri, Kansas,
Oklahoma, Arkansas. Sie können das
überprüfen. Ich sage die Wahrheit, und die Wahrheit ist, dass ich
dieses Verbrechen begangen habe, nicht Donte Drumm.“
„ Warum gehen Sie jetzt an die Öffentlichkeit? Warum haben Sie
es nicht schon vor einem Jahr getan?“
„ Das hätte ich, aber ich habe mir gedacht, die Gerichte hier
würden irgendwann schon merken, dass sie den Falschen haben. Ich
habe in Kansas im Gefängnis gesessen und bin gerade erst
rausgekommen. Vor ein paar Tagen habe ich in der Zeitung gelesen,
dass die Vorbereitungen für Drumms Hinrichtung laufen. Das hat mich
überrascht. Deshalb bin ich hier.“
„ Jetzt kann nur noch der Gouverneur die Hinrichtung aufhalten.
Was würden Sie zu ihm sagen?“
„ Ich würde zu ihm sagen, dass er gerade dabei ist, einen
Unschuldigen zu töten. Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden, dann
zeige ich Ihnen die Leiche von Nicole Yarber. Ich brauche nur
vierundzwanzig Stunden.“
Richter Henry kratzte sich am Kinn und sagte: „Jetzt wird
alles nur noch schlimmer.“
Barry und Wayne saßen im Büro des Gouverneurs und verfolgten
Boyettes Interview auf CNN. Der Gouverneur stand draußen im
Korridor und ließ sich nach seiner couragierten Rede vor dem
wütenden Mob zum fünften oder sechsten Mal interviewen. „Ich
glaube, es ist besser, wenn wir ihn holen“, sagte Wayne.
„ Du hast recht. Ich hole ihn, du schaust dir das weiter
an.“
Fünf Minuten später sah sich der Gouverneur eine Wiederholung
des Interviews mit Boyette an. „Ein Spinner, ganz klar“, sagte er
nach ein paar Sekunden. „Wo ist der Bourbon?“
Drei Gläser wurden gefüllt, und die drei Männer tranken immer
mal wieder einen Schluck Bourbon, während sie zuhörten, wie Boyette
über die Leiche sprach.
„ Wie haben Sie die Leiche beseitigt?“
„ Sie ist unter der Erde. Mehr möchte ich dazu nicht
sagen.“
„ Wie weit von hier?“
„ Ich weiß nicht, fünf oder sechs Stunden. Wenn der Gouverneur
uns vierundzwanzig Stunden Zeit gibt, können wir sie finden. Die
Leiche ist der Beweis dafür, dass ich recht habe.“
„ Wer ist der Kerl?“, fragte der Gouverneur. „Ein
Serienvergewaltiger mit einem ellenlangen
Vorstrafenregister.“
„ Ich finde es erstaunlich, wie diese Spinner es schaffen, immer
kurz vor einer Hinrichtung aufzutauchen“, sagte Newton.
„Wahrscheinlich bekommt er Geld von Flak.“
Alle drei lachten nervös.
Das Gelächter am See ebbte ab, als einer der Gäste zufällig an
dem Fernseher vorbeilief, der im Innern der Hütte stand, und
mitbekam, was gerade passierte. Die Party verlagerte sich schnell
in die Hütte,
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