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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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sagte Martha.
    „ Ja und nein. Wenn eine Kanzlei für hundertfünfundzwanzig
Dollar die Stunde arbeitet, macht sie ernsthaft Verluste. Ich werde
das nie wieder tun. Ich kann es mir nicht leisten. Ebenso wenig wie
die Steuerzahler. Aber zumindest ist mir bewusst, dass mir die
Asche durch die Finger rinnt. Ihnen nicht. Fragen Sie mal den
Durchschnittsamerikaner auf der Main Street in Slone, ob er weiß,
wie viel er und seine Mitbürger für das Verfahren gegen Donte Drumm
zahlen. Wissen Sie, was er sagen wird?“
    „ Woher soll ich ...“
    „ Er wird sagen, dass er keinen Schimmer hat. Haben Sie von den
Tooley-Jungs gehört? Ein ganz berühmter Fall.“
    „ Tut mir leid, der muss mir entgangen ...“
    „ Zwei Brüder, die Tooleys, glorreiche Schwachköpfe, irgendwo im
Westen von Texas. Welches County, Bonnie?“
    „ Mingo.“
    „ Mingo County. Sehr
ländlich. Eine tolle Geschichte, hören Sie
gut zu. Die zwei haben kleine Supermärkte und Tankstellen
überfallen. Richtig anspruchsvolle Brüche. Eines Nachts ging etwas
schief, und eine junge Ladenangestellte wurde erschossen. Mit einer
abgesägten Schrotflinte, ganz übel. Die Tooleys wurden geschnappt,
weil sie die Videokameras nicht bedacht hatten. Die Stadt jubelte.
Die Polizei klopfte sich auf die Schulter. Der Staatsanwalt
versprach umgehende Gerechtigkeit. Alle wollten einen kurzen
Prozess und eine schnelle Hinrichtung. In Mingo County gibt es
nicht viel Kriminalität, und keine Jury hat dort je einen Menschen
in die Todeszelle geschickt. Nun gibt es in Texas viele
Möglichkeiten, sich herabgesetzt zu fühlen. Aber in einer Gemeinde
zu leben, wo noch nie einer hingerichtet wurde - das ist der Gipfel
der Peinlichkeit. Was sollen denn die Landsleute in Houston denken?
Die Mingos witterten also ihre Chance. Sie wollten Blut sehen. Die
Jungs ließen sich nicht auf einen Deal ein, weil der Staatsanwalt
in jedem Fall die Todesstrafe forderte. Wozu gestehen, wenn sowieso
die Giftspritze droht? Im Berufungsprozess wurden allerlei
Verfahrensfehler gefunden. Der Staatsanwalt hatte den Fall
ordentlich vermasselt. Die Urteile wurden aufgehoben. Der Fall
wurde aufgespalten. Jeder der Brüder bekam sein eigenes Verfahren.
Schreiben Sie mit?“
    „ Nein, ich suche noch nach einem Zusammenhang.“
    „ Es ist eine tolle Geschichte.“
    „ Nur daraufkommt es an.“
    „ Ein knappes Jahr verging. Die Jungs kamen getrennt voneinander
vor Gericht, es folgten zwei neue Todesurteile, die beiden landeten
wieder in der Todeszelle. Dann fand die nächste Instanz wieder
Verfahrensmängel. Massive Mängel. Der Staatsanwalt war ein echter
Hornochse. Also wurden die Urteile wieder aufgehoben und zwei neue
Verfahren eröffnet. Beim dritten Mal wurde der, der geschossen
hatte, von den Geschworenen schuldiggesprochen und bekam
lebenslänglich. Der andere, der nicht geschossen hatte, wurde
ebenfalls schuldiggesprochen, aber zum Tod verurteilt. Man stelle
sich das vor. Aber so ist Texas. Der eine Bruder sitzt also jetzt
bis an sein Lebensende ein, und der andere kam in die Todeszelle,
wo er nach ein paar Monaten Selbstmord beging. Irgendwie ist er an
eine Rasierklinge gekommen und hat sich die Pulsadern
aufgeschnitten.“
    „ Und worauf wollen Sie hinaus?“
    „ Passen Sie auf. Die Geschichte hat das Mingo County drei
Millionen Dollar gekostet. Die mussten mehrfach die Vermögenssteuer
erhöhen, was zu schweren Protesten seitens der Bevölkerung geführt
hat. Es gab drastische Einschnitte bei der Finanzierung von
Schulen, im Straßenbau und Gesundheitswesen. Die einzige Bücherei
wurde geschlossen. Das County stand jahrelang am Rande des
Bankrotts. Und das alles hätte vermieden werden können, wenn der
Staatsanwalt sich auf den Deal eingelassen hätte, gegen ein
Schuldbekenntnis die Todesstrafe in lebenslange Haft umzuwandeln.
Inzwischen soll die Todesstrafe in Mingo County nicht mehr so
beliebt sein, habe ich gehört.“
    „ Mich würde mehr interessieren, was ...“
    „ Summa summarum kostet es in Texas rund zwei Millionen Dollar,
einen Menschen legal zu töten. Vergleichen Sie das mit den
dreißigtausend Dollar, die eine Todeszelle pro Jahr
kostet.“
    „ Das habe ich schon mal gehört“, sagte Martha. In der Tat.
Robbie hatte immer eine Anekdote auf Lager, besonders wenn es um
die Todesstrafe ging, eines seiner Lieblingsthemen.
    „ Aber was soll's. In Texas haben wir ja Geld im
Überfluss.“
    „ Können wir über den Fall Donte Drumm sprechen?“
    „ Ach, warum

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