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Geständnis

Titel: Geständnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bernd
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habe noch mehr Geschwister. Mein Vater, also mein
echter Vater, ist nach Florida gegangen und hat dort was mit einer
anderen Frau angefangen. Sie hatten einen ganzen Stall voll Kinder,
daher gehe ich davon aus, dass ich noch mehr Geschwister habe. Und
angeblich hatte meine Mutter schon ein Kind, bevor sie meinen Vater
heiratete. Wenn Sie wissen wollen, wie viele Geschwister ich habe -
suchen Sie sich eine Zahl aus.“
    „ Mit wie vielen von Ihren Geschwistern haben Sie
Kontakt?“
    „ Kontakt würde ich das jetzt nicht nennen, aber meinem Bruder
habe ich ein paar Briefe geschrieben. Er ist in Illinois. Im
Gefängnis.“
    So eine Überraschung. „Warum?“
    „ Aus dem gleichen Grund wie alle anderen. Drogen und Alkohol.
Er brauchte Geld für seine Sucht, daher ist er in ein Haus
eingebrochen. Es war leider das falsche, und er hat dann einen Mann
zusammengeschlagen.“
    „ Schreibt er Ihnen auch?“
    „ Manchmal. Er wird nie wieder rauskommen.“
    „ Ist er auch missbraucht worden?“
    „ Nein, er war älter als ich, und soweit ich weiß, hat mein
Onkel ihn in Ruhe gelassen. Wir haben nie darüber
geredet.“
    „ Er war Darrells Bruder?“
    „ Ja.“
    „ Dann war er streng genommen nicht Ihr Onkel.“
    „ Ich habe ihn jedenfalls für meinen Onkel gehalten. Warum
stellen Sie mir eigentlich so viele Fragen?“
    „ Ich versuche, mir die Zeit zu vertreiben, und ich versuche,
wach zu bleiben. Seit Sie am Montagmorgen zu mir gekommen sind,
habe ich nur sehr wenig geschlafen. Ich bin müde, und es liegt noch
ein weiter Weg vor uns.“
    „ Diese vielen Fragen gefallen mir nicht.“
    „ Und was, glauben Sie, werden Sie in Texas zu hören bekommen?
Wir tauchen da auf, Sie behaupten, der wahre Mörder zu sein, und
dann verkünden Sie, dass Sie keine Fragen mögen. Travis, so läuft
das nicht.“
    Sie führen mehrere Kilometer, ohne dass ein Wort gesagt wurde.
Boyette starrte nach rechts in die Dunkelheit und trommelte mit den
Fingerspitzen auf seinem Stock herum. Er schien seit mindestens
einer Stunde keine starken Kopfschmerzen mehr gehabt zu haben.
Keith warf einen Blick auf den Tacho und stellte fest, dass er
hundertdreißig Kilometer pro Stunde fuhr, zwanzig mehr als erlaubt,
was überall in Kansas ausreichte, um einen Strafzettel zu bekommen.
Er trat auf die Bremse, und damit sein Gehirn etwas zu tun hatte,
stellte er sich vor, wie ihn ein Verkehrspolizist an den
Straßenrand winkte, seinen Führerschein überprüfte, Boyettes Namen
checkte und dann Verstärkung rief. Ein flüchtiger Straftäter. Ein
auf Abwege geratener Pastor der Lutheraner, der besagtem flüchtigem
Straftäter Beihilfe leistete. Handschellen. Eine Nacht im
Gefängnis, vielleicht in derselben Zelle wie sein Freund, ein Mann,
dem eine Nacht hinter Gittern nicht das Geringste ausmachte. Was
sollte Keith bloß seinen Söhnen erzählen?
    Wieder fielen ihm die Augen zu. Er musste noch jemanden
anrufen, und da es dafür sowieso keinen guten Zeitpunkt gab, konnte
er das auch gleich erledigen. Bei diesem Anruf würde er sich so
konzentrieren müssen, dass er zumindest vorläufig nicht mehr an
Schlaf dachte. Er zog sein Mobiltelefon aus der Tasche und drückte
die Kurzwahltaste für Matthew Burns' Anschluss. Matthew hatte
offenbar einen guten Schlaf. Es klingelte achtmal, bevor er sich
meldete.
    „ Wehe, wenn das nicht wichtig ist“, knurrte er.
    „ Guten Morgen, Matthew. Hast du gut geschlafen?“
    „ Ja. Warum zum Teufel rufst du an?“
    „ Den Teufel lass bitte aus dem Spiel. Hör zu, ich bin gerade
auf dem Weg nach Texas, in Begleitung eines Herrn namens Travis
Boyette, der letzten Sonntag in unserem Gottesdienst war. Du hast
ihn vielleicht gesehen. Er geht am Stock. Travis möchte ein
Geständnis ablegen, in Texas, in einer kleinen Stadt namens Slone,
und wir fahren jetzt dahin und versuchen, eine Hinrichtung zu
verhindern.“
    Matthew klang plötzlich hellwach. „Bist du verrückt geworden?
Du hast diesen Kerl bei dir im Auto?“
    „ Ja, wir sind vor etwa einer Stunde aufgebrochen. Matt, weshalb
ich anrufe - ich brauche deine Hilfe.“
    „ Natürlich werde ich dir helfen. Ich gebe dir einen kostenlosen
juristischen Rat. Du drehst jetzt sofort um und kommst
zurück.“
    „ Danke, Matt, aber in ein paar Stunden musst du in Slone
anrufen.“
    „ Was sagt Dana dazu?“
    „ Alles bestens. Du musst die Polizei, den Staatsanwalt und
vielleicht einen Strafverteidiger anrufen. Ich werde sie auch
anrufen, aber da du Staatsanwalt bist, werden

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