Geständnisse eines graumelierten Herren
Spätnachrichten sieht Lukas mit Ton, dabei kommt er auf eine Idee. Dann ist es wieder still, bis Daniela ihr Strickzeug in den Korb legt, austrinkt und aufsteht. „Ich geh’ ins Bett.“
Bella gähnt, streckt sich und folgt ihm in die Küche, wo er noch die Gemüsesuppe versucht. An der Tür gibt er Daniela einen Kuß. „Zu zweit ist es eigentlich auch sehr gemütlich. Gute Nacht.“
„Gute Nacht, Lukas.“
Der Schlüssel dreht sich, der Sperriegel schnappt ein. Bella war noch geschäftlich unterwegs und erwartet ihn am Zu-Haus.
„Wissen’s scho’s Neuste?“ platzte Frau Schmidhuber am Nachmittag in den Hof. Lukas kochte sich gerade Tee, Daniela war weggefahren. „Der Luggi ist tot! Im Suff in einem Weiher ersoffen. Was sagen’s jetzt? Einerseits tut er mir leid, andererseits bin ich erleichtert. Er war ein guter Mann, aber auch ein haltloser Mann — und da sag ich: dann lieber gar kein’ Mann! Immer die Sorge: Wann geht’s wieder los mit dem Gluck-Gluck? Da sitz ich abends lieber mit meiner Angela vor mein’m Farbfernseher und muß mich um nix kümmern. Sind doch alle Saubärn!“
Lukas war betroffen. Der Luggi tat ihm leid. Trotzdem mußte er Frau Schmidhuber recht geben. Vielleicht wär alles anders gekommen, wenn die beiden geheiratet hätten? Schicksal. Für diesen Dragoner war der Luggi zu sensibel. Spielend fand die Witwe einen Übergang von den Saubärn zum Messnerhof. „Soll ja sehr schön werden alles in allem. Mei gell, die ordnende Hand einer Frau. Der gute Mann hat schon ein Mordsglück. Ich tat sowas für keinen, und wär’s noch so ein alter Freund...
Traktortuckern kündigte Alois an.
„Dann weißt du’s schon“, sagte er mit einem Blick auf Frau Schmidhuber und äußerte sein Mitgefühl so ehrlich und überzeugend, daß die Witwe unter Tränen in ein Schuldbekenntnis floh.
Daniela kam zurück, vom ländlichen Nachrichtendienst bereits unterrichtet und nicht minder bestürzt. Sie hatte im Dorf eingekauft und Renate einige Dinge des täglichen Bedarfs auf den Messnerhof hinübergebracht. Es werde sehr repräsentativ. Renate wirkte überanstrengt und hätte sich gefreut, wenn Lukas mitgekommen wäre, sagte sie ihm.
Er hatte stundenlang im Zu-Haus Männchen gemalt, — nicht zu seiner vollen Zufriedenheit — , war nur zum Mittagessen hinübergegangen und als automatischer Anrufbeantworter erstmals gescheitert. Aus Verblüffung. Der Störer zur Essenszeit war Alexander, das Kuckucksei von seinem Zimmernachfolger seinerzeit, Renates Sohn in Uniform. Er wolle sich in der Heimat zurückmelden und werde Mutti so schnell wie möglich besuchen.
Daniela freute sich für Renate und rief sie sofort an. Bella knurrte. Ihr Blick besagte: Gehen wir! Lukas trank seinen Tee, sagte Renate am Telefon, daß auch er sich für sie freue, ging ins Zu-Haus hinüber und zeichnete weiter bis tief in die Nacht, nur einmal unterbrochen von Daniela, die ihm einen Teller mit belegten Broten hinstellte, ihm einen Kuß auf den Scheitel drückte und ohne ein störendes Wort wieder verschwand.
Der Arbeitseifer kam nicht von ungefähr. Lukas wollte den Werbeauftrag hinter sich bringen, der ihm mehr Kopfzerbrechen als Freude machte, weil er ihn gegen das bessere Wissen seiner Faulheit angenommen hatte.
Anderntags platzte Besuch ins gemütliche Frühstück: Der gewerbsmäßige Landesverteidiger, ein junger Mann im richtigen Beruf, der nicht nur im Gelände, sondern auch in der Stube, obwohl in Uniform, nicht auffiel. Das Kanapee, auf dem er saß, übertraf ihn an Ausstrahlung beträchtlich. Alexander war kein Charmespender, doch hatte er frische Farben, betrieb keine Pesönlichkeitsvortäuschung mittels Barthaar und überraschte durch glatte Höflichkeit. Über Lukas’ väterliches Du schien er sich zu freuen. Die letzte Begegnung in der Küche des Zierholt-Neubaus vor zehn Jahren war ihm unvergessen, weil Mutti sich da so wahnsinnig gefreut habe.
Danielas Blick fiel unter Wehrkraftzersetzung.
Versteht sich, daß der Krieger Onkel Detlef kannte, Muttis Ratgeber in der Firma und alten Freund. Daß sie ihm half, seinen Hof einzurichten, bedachte er mit selbstverständlichem Nicken.
Fahr mit ihm rüber! sagte Danielas Blick. Der ging Lukas entschieden zu weit. In Kartenlesen manöverfest, fand sich Alexander auf dem alten Straßenplan sofort zurecht und schätzte sogar die wenigen Kilometer richtig. Vom reich gedeckten Tisch nahm er nichts, verabschiedete sich nach Uniformumgangsform und fuhr zu
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