Geständnisse eines graumelierten Herren
Golftasche mit komplettem Besteck.
Halbstädterschickeria! Das wär doch was für Georgia.
In der Wohnung hatte er drei Briefe aus Schottland vorgefunden. Einer vom Produzenten Colin. Es klappt endgültig. Das schottische Fernsehen hat einen deutschen Coproduzenten gefunden, und Lukas hat dort angerufen. Schon am Telefon sind sie sich einig geworden. Er wird ein Honorar für die Idee bekommen und eins für fachliche Beratung. Die alpenländische Mannschaft soll er aussuchen, Steinheber, Fingerhakler, Armdrücker, Tauzieher. Da wird ihn Maxi beraten. Nach der Pendlergrenze geht es zügiger voran, doch bis er auf den Bühlhof kommt, ist es dunkel. In Stube und Küche brennt Licht. Die Stadt fällt von ihm ab, der Friede hat ihn wieder, Bella kommt ihm entgegen. Warum bellt sie? Auf dem Herd gedeiht etwas im Dampfkochtopf, in der Stube sitzt Daniela auf dem Kanapee und strickt vor dem Fernsehapparat — ein Bild der Behaglichkeit. Lukas setzt sich zu ihr. Bella hat sich noch nicht beruhigt, er überläßt ihr eine Hand und erfährt Neuigkeiten.
Um Mittag war die Fernsehbäuerin da, der Name trifft jetzt zu. Sie ist auf dem Michlhof eingezogen. Mit Kind und Lexa. Die alte Frau kam nach dem Tod ihrer Freundin nicht mehr zurecht, wollte aber nicht verkaufen und womöglich in einem Altersheim landen. Jetzt sitzt sie sozusagen im Leibgeding. Die jungen Frauen regeln alles, streichen Fenster, reparieren, kaufen ein. Es sieht sehr rosig aus, die Besitzerin hat in Martinas Kind eine Aufgabe, außerdem keine Erben.
Zwischen Fernsehen und Tischdecken amüsiert sich Lukas, Martinas Zielstrebigkeit so hilfreich kanalisiert zu sehen. Das ist okay.
„Nur zwei Teller.“
Daniela sagt es beiläufig. Renate kommt später, er hat sich’s schon gedacht. Daß sie dann überhaupt nicht kommt, erstaunt ihn nur für Sekunden. Ein Schwingungsumschwung geht hier vor sich, spürt er. Ist es das Ende der Trinität?
Nach Mitternacht reden sie auf einmal wie Eltern, deren Tochter einen Bräutigam anschleppt, der beiden gefällt, nur nicht für sie. Lukas unterstreicht den Ernst mit dem, was Georgia gesagt hat und läßt auch die Wertschätzung seiner Person anklingen.
Daniela hört nur halb hin. Sie scheint alles zu wissen. Offiziell bleibe Renate ein paar Tage im Messnerhof, um zu helfen, tatsächlich aber prüfe sie — auch wenn sie das nie zugeben würde — , ob ein Zusammenleben mit Detlef für sie in Frage kommt. Sie wolle sich entscheiden.
Lukas will keine Komplikationen. Für ihn ist sie in ein paar Tagen wieder da. Dessen ist sich Daniela nicht so sicher, nachdem Detlef schon mit Georgia gesprochen hat. Der Mann auf dem Hof rät abzuwarten und zeigt sich freudig. Er hat den heiteren Eros nicht untergraben. Diesmal nicht. Auch wenn Daniela ihn in Versuchung führen wollte, ihn bei der Krisenprobe mit Renate in der Badewanne allein ließ.
„Ich habe keine andere Möglichkeit mehr gesehen“, gesteht sie, „ich kenn’ Renate doch. Sie liebt dich! Und da spielst du den standhaften Zinnsoldaten...“
Mit einem Stück Kartoffel auf der Gabel unterstreicht er seine Korrektheit. „Dreisamkeit bis zur Gürtellinie. So haben wir’s in der Hochzeitsnacht abgemacht...“
„Sie schafft es nicht!“ sagt Daniela entschieden.
„Dann bin ich doch nicht der Zerstörer“, antwortet er ebenso.
Mit Handauflegen und in ruhigem Ton fährt sie fort: „Der Mann zerstört die Harmonie zwischen Frauen immer. Ob er aktiv ist oder passiv. Das ist ja andererseits das Nette an ihm.“ Geschmeichelt raunzt Lukas noch ein wenig nach: „Wenn ihr mir zu kompliziert werdet, zieh ich zu Detlef... das heißt, ich nehm ihn ins Zu-Haus. Zu viert ist es ja immer sehr harmonisch, oder?“
„Und Georgia?“
Er lacht. „Vielleicht sollte ich doch wieder nach Schottland.“ Sie räumen auf, spülen ab. Er hat seine Strickweste angezogen, setzt sich wieder aufs Kanapee. Daniela sitzt in der anderen Ecke und strickt, das Fernsehen zeigt ohne Ton Bilder des Indianermalers Catlin, Landleben, bevor der weiße Mann alles zerstörte. Sie schauen hin, wenn sie grad nicht reden. Lukas hat schweres, beruhigendes Fastenbier eingeschenkt. Übermorgen wird er zum Unterwirt gehen, wo der Kreisbaumeister spricht. Bella schläft auf dem Schafwollteppich, der Kachelofen strahlt Wärme, ohne die austrocknende Umwälzung von Heizkörpern. Im niederen Regal neben dem Kanapee steht das Album mit den Bildern von früher, zusammen blättern sie, erinnern sich. Die
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