Geständnisse eines graumelierten Herren
in Reinkultur“, dämpfte der Uhrmacher. „Ich sage nur: Gummibaum im Schubkarren, Butterfaß als Schirmständer, Krauthobel für Klopapier, Zugscheit als Doppellampe, Klohäusl als Telefonzelle — der ganze Originellkitsch. Pferdekummet mit Spiegel drin ist ja schon ein Klassiker.“
„Und nicht zu vergessen die Klassebanausen! Alles neu, auf alt“, erinnerte Tom, der Schreiner. „Natürlich größer, wuchtiger, in Eiche. Da sitzt auf dem Mooshof ein Fabrikant — hat uns die Gura vermittelt - Totaleinbau! Als wär’s ne Yacht. Das müssen Sie gesehen haben!“
Obwohl alle grinsten, teilte Lukas die Ansicht nicht. Eiche, Fabrikant und Yacht genügten seiner Phantasie.
Doch sie waren bereits entschlossen, ihm ihren Spaß aufzudrängen und kamen, durcheinanderredend, auf die beste Lösung: Wenn die bestellte Uhr bemalt sei — mit viel Gold, wie gewünscht — ihn als Lieferanten hinzuschicken.
Der Macher nickte dem Zögernden zu: „Nächsten Samstag, wenn Donicke da ist. Der zeigt Ihnen gleich alles vor lauter Stolz.“
„Sägten Sie Donicke?“ Lukas Augenbrauen schwebten in Alarmhöhe.
Der Macher nickte dem Begreifenden zu: „Hat’ ne Firma in der Stadt, ist Konsul, Doktor spendenhalber, Präsident einer Narrengesellschaft, sein Zweitwohnsitz wurde zum Naturschutzgebiet erklärt.“
Es gab keinen Zweifel mehr.
Das ist er! Mein ehemaliger Widersacher, der tüchtige. Jedesmal wenn ich nach Deutschland komme, stoße ich auf dieses Erfolgswürstchen! Als wär’ Antipathie magnetisch.
Besorgt hatten die sechs sein Schweigen verfolgt. „Haben wir was Falsches gesagt?“
„Im Gegenteil. Sie haben recht. Da muß ich hin.“
Der Hofschlüssel in Martinas Tasche war Lukas ärgerlich. Wann immer es ihr paßte, konnte sie in sein Privatleben eindringen. Zwar hatte sie das auch ohne Schlüssel schon geschafft, unter Umständen, die jetzt nicht mehr gegeben waren. Nach einer straffen, vor allem am Zeichenbrett verbrachten Woche, mit Abstechern ins Zu-Haus, wo er die zentrale Feuerstelle ertüfftelt, skizziert, markiert, auch Kaminsteine herangekarrt und aufeinandergetürmt hatte, zur Probe, um Renate die Vorstellung des fertigen Ausbaus zu erleichtern, kam er am Samstagnachmittag vom Einkauf im Dorf zurück und erkannte schon von weitem den Wagen vor dem Hof.
Die Fernsehbäuerin!
Seine Pedaltritte wurden schwächer, die Selbstbeherrschung zweigte Kraft ab, er mußte energisch mit sich reden.
Das ist nun mal so! Du bist hier nicht zu Hause. Wenn Renate und Daniela ihr Wohnrecht geben... Sei freundlich!
Die Beziehung des coolen Mädchens zu den beiden schien ihm nach allem, was er auf dem Riedhof erfahren hatte, verständlicher. Daniela war wohl für sie auch eine Art Gura; das Leben das sie führte, erforderte seelisches Zubrot.
„Lukas! Du liebst mich ja.“
Mit dieser Behauptung nahm sie ihn in die Daumenschraube und behelligte ihn mit geschmeidiger Ansagerinnenzunge. Dabei erfuhr der Überfallene Näheres. Wie immer sei sie gleich ins Zu-Haus rübergegangen, weil es doch einmal ihr Heimchen sein werde, — und dann diese Überraschung. Genau, wie sie’s ihm erklärt habe, er Lieber, Guter, er. Nur die Bar müsse höher werden. Okay? Aber das sei ja kein Problem. Renate werde sich wundern.
Dessen war er gewiß, jetzt da sie’s sagte und verstand sich selbst nicht mehr. Darüber vergaß er die Sache mit der Liebe richtigzustellen. Die Fernsehbäuerin schwelgte mit Mund und Händen. Scharf an den roten Fingernägeln entlang schnitt sie Zwiebeln und träumte voraus. Es gelang ihm, ihre frisch entdeckten Gefühle für ihn, die sie immer wieder betonte, auf den Haushalt umzulenken. Nach dem Essen ließ er sie allein abspülen und den Küchenboden aufwischen, was sie willig tat.
Sie quasi zum Dank ins Zu-Haus zu begleiten, um sich zeigen zu lassen, wie sie’s einrichten werde, erwies sich als Fehler. Ihre zuhäusliche Liebe nahm daumengreifliche Formen an. Weitere Attacken ließen nicht auf sich warten und veranlaßten ihn zum Rückzug in die Stube. Dort wollte sie sich dem Baumeister ihrer Träume schenken. Auf dem Kanapee diesmal, gewissermaßen im Trockendock.
Was ich vorhabe, ist nicht fair — was sie vorhat auch nicht. Vor allem nicht aufrichtig! wog Lukas ab und entschloß sich, schon aus der aufrechten Sitzhaltung gedrängt, zu dem alten Männer-Hausmittel gegen feministische Aktivität. „Entschuldige, ich muß dir das sagen. Du hast schlechten Atem.“ Der Satz verschaffte ihm einen
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