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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Stil.“ Sein Lächeln verriet die verstehende Distanz zu dem, was man halt so hört.
    Auch Lukas lächelte. „Soso. Sagt man das!“
    Hochwürden nickte mit Ritardando. „Leider nicht nur das.“ Wie vom Teufel sah sich der Hofhüter sekundenlang von seinem schlechten Gewissen besessen. Bauverbot, Strom, Wasser, Schwarzarbeit, Anzeige tanzten durch seinen Kopf. Bis der Druck Gewißheit verlangte. „Was denn noch?“
    Es dauerte. Pantomimischen Vorbehalten ließ Hochwürden verbale folgen. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will niemanden erschrecken. Aber ist es nicht besser, man weiß es so früh wie möglich? Ich habe da was läuten hören, von einer Straße, die gebaut werden soll. Eine Schnellstraße. Was es so heißt, käme sie ziemlich nah beim Bühl- und Pacherhof vorbei. Vierspurig.“
    Lukas blieb gelassen. Hysterische Meldungen gehörten zum täglichen Nachrichtenfutter, vierspurig komme immens teuer und der Gipfel trassierender Umweltzerstörung sei überschritten.
    Hochwürden reagierte geschmeidig. „Ich hab’s, wie gesagt nur läuten hören. Ziemlich weit oben allerdings. Nun geht so was ja nicht von heut auf morgen. Das hängt von vielem ab. Leider am wenigsten von den Betroffenen, soweit sie nicht Einfluß haben. Jedenfalls scheint mir Wachsamkeit geboten!“ Und er rieb sich die konischen Finger.
    Lukas schaute in das rhythmische Gewoge. Es war heiß, die Füße taten ihm weh, die Kapelle hinter ihm wurde immer lauter. Mit der Entschuldigung, er müsse einmal Luft schnappen, verließ er den Saal.

II.

Zärtlich und störend

    Lukas Dornberg fühlt sich wieder als Gast in seiner Heimatstadt. Nun ist die Ankunftshalle des Flughafens kein Ort, der Behaustheit vermittelt, und die Durchsage, die erwartete Maschine werde sechzig Minuten Verspätung haben, keine Freudenbotschaft. Andererseits gibt’s gegen eine Stunde Ruhe nichts einzuwenden. Hier kann er nichts tun, als sich strecken in der Plastikschale. Sein Hausmeisterehrgeiz, im Hof alles zu richten und der Endspurt im Zu-Haus, seit dem Anruf aus Athen, — es war zu viel. Aber er konnte ja nicht aufhören, mußte nach Verlegen der Böden, Einpassen der Türen oben unbedingt noch das Bad fliesen und sich ein Auto kaufen, um wieder auf eigenen Rädern zu stehen, — ein Programm, das ohne Renates und Danielas Umweg über Rom nicht zu bewältigen gewesen wäre.
    Gestern gab’s Ärger mit Georgia. Früh am Morgen war er zum Bahnhof geradelt und mit dem Zug in die Stadt gefahren. Weil die Übernahme des neuen Wagens mit dem ganzen Zusatzkram wie Reservekanister, Sanitätskasten, Abschleppseil, Feuerlöscher, Kreuzschlüssel, Handlampe und Warndreieck unsinnig Zeit kostete, hatte er ihr abgesagt. Ihm war nicht nach Zärtlichkeiten in seiner Wohnung gewesen, er mußte noch Besorgungen machen, den Kühlschrank auffüllen und wollte sich nicht hetzen, um die Blechlawine am späten Nachmittag zu vermeiden. Seine Offenheit kränkte sie, während er Lügen ihrer Beziehung unwürdig fand und meinte, wenn sie Arbeit hätte, würde sie anders reagieren, eine Bemerkung, die der Harmonie auch nicht nützte.
    Als er, doch in die Blechlawine geraten, nach Umweg über den Bahnhof, wo das Rad glücklicherweise noch lehnte, auf den Hof zurückkehrte, stand völlig außerplanmäßig Martinas Wagen vor der Tür, die Fernsehbäuerin saß bei Wein und Kaminfeuer mit Notizblock und Zollstock im Zu-Haus.
    „Irre chic!“ ereiferte sie sich, „wahnsinnig stark! Ich rechne grad, was ich an Möbeln brauche. Na, die beiden werden staunen, müssen ja bald kommen! Von Daniela kam ‘ne Karte aus Kairo. Lukas, du bist echt ein Klassetyp. Und das in deinem Alter! Zu meiner Housewarmingparty kommst du aber. Ehrensache. Und den Bartresen, du weißt, das Brett hier, machst du mir noch fünfzig Zentimeter höher und viel breiter natürlich, okay?“
    Das müsse Renate entscheiden, hat er ihr erklärt. Er habe sich strikt nach dem Plan gerichtet. Ob sie denn so sicher sei, daß sie hier einziehen werde?
    Dessen war sie sicher. Dadurch gelang es ihm, ihre Daumen, die sich dankbar in seine Schultern krallten, auf einen Schrubberstiel umzusiedeln. Eine volle Stunde lang hat sie mit einem Lösungmittel Zementspuren von den frisch verlegten Kacheln geschrubbt und ist dann, irn Hochgefühl, etwas für das eigene Leben getan zu haben, zurückgefahren. Tschüß!
    Eine Sterilstimme quakt durch den Lautsprecher. Sie verkündet, was der schwarze Schaukasten längst anzeigt: drei

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