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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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im Ferienclub. Zügig biegt er von der Straße in den Feldweg ab, die Kurve um das Bauerngärtchen aber nimmt er auffallend langsam, läßt die Scheinwerfer das Zu-Haus abtasten, die verputzte Mauer, wo vorher die Tore zum großen Raum waren. Doch sie sehen nichts. Die Schatten des Bühlhofs haben in ihnen jede andere Wahrnehmung abgeschaltet. Gefühle schwappen über, Daniela sperrt mit dem Hofschlüssel auf, den sie um die Erde geschleppt hat, Gegenstände werden zärtlich angesprochen oder umgestellt. Acht Wochen Schmidhuberfürsorge haben manches vom angestammten Platz verdrängt.
    Der Hofhüter räumt als letzte Leistung den Wagen aus; mit Gummistiefeln und Taschenlampe kommt ihm Renate entgegen. Sie geht nicht zum Zu-Haus, sie geht zu den Schafen, Daniela, die einen Koffer auspackt, läßt ihn wissen, was er wohin schleppen darf. Das Außenlicht des Hofs streift das Zu-Haus nur schwach. Er wendet den Wagen, läßt die Scheinwerfer die frischverputzte Mauer anstrahlen. Schafblind kommt Renate zurück. Er soll das Licht ausmachen, wegen der Batterie. Als es nichts mehr zu schleppen und aufzuräumen gibt, gelingt ihm eine Doppelumarmung, Lust nach Last, und die beiden danken ihm herzlich für seine Wachsamkeit.
    Seinem Vorschlag, gemeinsam um den Hof zu gehen, folgen sie nicht, entgleiten ihm, werkeln und drehen sich um sich selbst, wie Hunde, bevor sie sich auf ihre Plätze legen.
    Da kracht ein Schuß durch die Nacht. Noch einer und noch einer. Beim Pacherhof springt ein Motor an, Scheinwerfer leuchten auf, sie entfernen sich wegwärts.
    Renate und Daniela kommen aus dem Hof. Das kann nur der Alois sein mit seinem Böllerstutzen. Traktorlicht biegt ums Zu-Haus, streift die verputzte Mauer und erfaßt die Hofbesitzerinnen. Ein strahlender Alois steigt herunter, und ein Händeschütteln fängt an, fröhlich und bestätigend, wo’s eben doch am schönsten ist auf der Welt.
    „Hast’s eahna scho ‘zeigt?“ Die Frage an den Hofhüter geht ebenso unter wie die Antwort. „Sie sollen selber draufkommen!“
    In der Stube wird das Wiedersehen sofort gefeiert. Mit Wein und Salami aus Italien. Die Köstlichkeiten, die Lukas besorgt hat, harren im Kühlschrank. Selbstverständlich haben sie etwas mitgebracht. Dem Alois eine Mütze aus Nepal, für die Pacherbäuerin ein Schultertuch aus Brasilien. Alois bekommt eine Kurzfassung der Reise zu hören, die auch für Lukas neu ist. Nach zwanzig Minuten verabschiedet sich der Pacher. Man werde sicher müde sein, und er lobt den Hofhüter, was der alles gemacht habe, der gehöre aufs Land, nicht in die Stadt.
    „Hab ich extra g’sagt!“ erklärt er unter vier Augen beim Traktor und hängt sofort eine Abschwächung dran, um sich nicht aufzudrängen, „mir is ja wurscht, aber des kriegen ma schon, daß d’dableibst! Is doch nix, so’n Hof ohne Mann!“
    Wie er sich das Arrangement vorstellt, darüber fällt kein Wort. Sicher im Sinne des Pfarrers, denkt Lukas. Wer will, der muß!
    Mit diesem neuen Blickwinkel zum Landleben findet der Ex-Hofhüter seine beiden Möglichkeiten weltmüde am Stubentisch.
    Daniela gähnt. „Ich möchte in mein Bett! Auf das freu’ ich mich schon seit Wochen.“
    Renates Augenlider klappen noch einmal auf. „Ich auch! Du bleibst doch, Lukas? Oder fährst du wieder zurück?“
    Daniela streckt ihm den Arm hin, daß er sie hochziehe. „Bitte bleib! Morgen frühstücken wir ausgiebig und erzählen. Auf den einen Tag kommt’s bei dir jetzt auch nicht mehr an.“
    Zwei Küsse streifen ihn, sie gehen. Und plötzlich ist der Hunger da. Vor dem Kühlschrank, wo er sich stehend an seinen Aufmerksamkeiten labt, fördern Kalorien die Klarsicht.
    Ich darf also bleiben! So ist das. Ich sentimentaler Esel verändere Zustände, die mich nichts angehen. Diese alten Freundschaften! Man will, es wär noch wie früher — als Jungbrunnen. Was ich gemacht habe, das hab ich gemacht, damit ich etwas mache. Etwas, das ich gern mache. Kostspieliger Egoismus als nobles Geschenk getarnt. Sinn wird immer schwieriger. Und ob ich bleibe!

    „Stinkgemütlich!“
    Danielas Beschreibung trifft. Der Hofhüter außer Dienst hat sich Mühe gemacht, sein Frühstückstisch deckt so ziemlich alle am mittleren Vormittag möglichen Wünsche ab. Sie sitzen in der Stube, vom Kachelofen strahlt Wärme herüber, sie haben vorzüglich geschlafen. Ohne das ausdauernde Telefonklingeln um halb neun läge Lukas noch im Bett. Davor hat ihn sein neuer Freund Detlef bewahrt, was dem gar

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