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Geständnisse eines graumelierten Herren

Geständnisse eines graumelierten Herren

Titel: Geständnisse eines graumelierten Herren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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nicht recht war, er wollte Renate sprechen, doch Lukas verteidigte ihren Schlaf und schaltete nicht nach oben durch.
    Sie weiß davon noch nichts, genießt und orientiert sich. Das Klohäuschen auf der anderen Seite ist ihr aufgefallen, Daniela lobt den Tee und er verrät ihnen den Zusammenhang. Überhaupt bemerken sie den Mann im Haus: einen Wasserhahn, der nicht mehr tropft, eine Tür, die nicht mehr quietscht, einen Stecker, der nicht mehr wackelt. Der Tee wärmt von innen, die Vertrautheit durch Jahre erblüht neu, sie fühlen sich jung, dabei zum Glück alt genug, beides bewußt zu genießen. In diese Harmonie schrillt das Telefon. Renate hat den Störer in Reichweite.
    Lukas ist sich selber böse, daß er’s nicht ausgehängt hat. Während der Mahlzeiten sollte man das immer tun. Er beobachtet Danielas schöne Hände, sie merkt es. Stumm sehen sie einander an, um sich beim Mithören nicht zu stören, denn Renates Tonfall schwankt freundlich um den Gefrierpunkt.
    Martina! Wieso weiß sie von der Rückkehr? Aha, von Freund Detlef! In einem Lokal, gestern Abend... Gleich wird es sich an Renates Gesicht ablesen lassen, wenn sie die Überraschung verrät. Nun ja...
    Unverständlich quakt die Fernsehbäuerin aus dem Hörer und bewirkt Unverständnis, bei sinkender Tontemperatur. Als Renate mit Kopfschütteln auflegt und erklärt, Martina spinne komplett, sie behaupte, Lukas habe das Zu-Haus für sie ausgebaut, schüttelt er dagegen. „Das meint sie!“
    Er weiß, daß er damit zugegeben hat, etwas gemacht zu haben und steigert die Neugier amüsiert durch magere Auskunft. Die Gemütlichkeit hat sich verflüchtigt, kauend folgt er den beiden zum Tatort. Der Schornstein gefällt ihr, er gibt dem Zu-Haus Charakter.
    Jetzt sehen sie die Mauer, wo die Tore waren. Renate öffnet die Tür daneben. In die Sprachlosigkeit über das geflieste Entree mit Klo und dem Sockel für den Kachelofen neben der alten Tür zum Wohnraum ‘ schließt er mit dem Hinweis, es sollte eine Überraschung werden, zu ihnen auf.
    Überraschung ist es, rein atmosphärisch. Daniela hat die Tür zur nächsten Sprachlosigkeit geöffnet. Der Raum wirkt allein durch das alte Holz des Bodens, der Treppe, des gewachsten Lärchenbalkens auf der Durchreiche von der offenen Küche — Holz mit Schicksal. Im offenen Kamin liegen Scheite geschichtet.
    „Der Kachelofen fehlt noch.“
    Seine Entschuldigung verpufft. Auch understatement läßt sich übertreiben. Renate streicht mit der Hand über den Lärchenbalken, Danielas Hand das Treppengeländer hinauf. Ein Laut des Erstaunens läßt j Renate folgen. Sie werde wahnsinnig, behauptet sie; Daniela begnügt , sich mit der Wertung ungeheuer! Im Abstieg, auf halber Treppe nicken sie ihm zu, „Da hast du dir ein schönes Nest gebaut!“
    „Ich habe nur die Dreckarbeit gemacht“, beteuert er, „genau nach Plan.“
    Sie lachen. Zu seiner Untertreibung und zu seiner Erleichterung.
    Daniela kommt zu Einzelheiten: woher die Treppe, die Bohlen, Tür, Bank und Tisch? Soso, vom Riedhof, dann war’s teuer! Sofort zieht er Bank und Tisch ab, die sind für seine Wohnung, und läßt die große Geste folgen: „Sonst gehört alles euch! Das ist meine Überraschung, mein Hausmeistergeschenk.“
    „Kommt nicht in Frage!“ Renate hat im Küchenraum an einem Hahn gedreht und wird vom Wasserstrahl erschreckt. „Das ist ein kompletter Ausbau, ein Wertzuwachs um mindestens...“
    „Bitte!“ unterbricht er. „In diesem Land wird nur noch von Geld geredet. Bewahren wir etwas Geheimkultur. Ich hatte Zeit, ich hatte Lust, ich hatte Glück.“
    Was sich sein schlechtes Gewissen in diesen Wochen an Entschuldigungen ausgedacht hat, sprudelt ihm zu seinem Amusement wie ein Schülergedicht über die Lippen. Von den Helfern Maxi, Luggi und Alois über die Occasion beim Altmetallhändler bis zur Sintflut, wo er gelernt hat, daß nur der Unabhängige krisensicher ist. Er vergißt nichts, rühmt den Spaß am Improvisieren mit Ausweichmöglichkeiten, wie den Badeofen bei Stromausfall, den Brunnen bei defekter oder verseuchter Leitung, den zentralen Kachelofen, der das ganze Haus heizen wird, mit Kohlen, Holz, Torf, Sägmehl, Öl, Koks. Sonne kommt noch.
    Die Qualität seiner Argumente kann er an ihren Augen ablesen. Daniela nickt: „Erkenntnisse eines etablierten Herrn.“
    Renate hat sich auf die Bank gesetzt und schüttelt den Kopf. „Da hast du uns was Schönes eingebrockt. Zugegeben, was sehr Schönes! Und was sagen wir

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