Gestatten, dass ich sitzen bleibe: Mein Leben (German Edition)
blieb.
Ich habe mich gefragt, woher sich diese kriminelle Energie gespeist hat. Beweisen kann ich es nicht, aber ich habe den Verdacht, dass die spezielle politische Situation nach der Wende eine Rolle gespielt hat. K. kam aus dem Osten, die neuen Herren aus dem Westen. Sie gaben den Ton an, er machte die Arbeit. Chef wurde er nie, dreimal hat man ihm einen Wessi vor die Nase gesetzt. Seine Produzenten kamen auch aus dem Osten, hatten auch ihre Probleme, in der neuen Welt Fuß zu fassen. Ist es da wirklich so abwegig, dass Allianzen gegen die neuen Herren entstehen, erst nur gefühlsmäßig, dann geschäftlich? Kann man nicht sogar ein gutes Gefühl dabei haben? Ein Hauch von Resistance? Ich habe mir gelegentlich vorgestellt, der Bayerische Rundfunk zu meiner Zeit wäre von der DDR übernommen worden, und mangels anderer Leute hätte man uns weiterarbeiten lassen. Wären wir alten Bayern da nicht zusammengerückt und hätten ein wenig Widerstand versucht? Ich weiß, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Und man kann es auch nicht wirklich vergleichen, aber den Hauch einer Ahnung mag man doch bekommen, wenn man sich diese Gedanken einmal kurz erlaubt.
Die dritte Ursache, und das ist entscheidend, da hilft auch keine Privatpsychologie, waren Mängel in den Kontrollmechanismen des MDR. Ich will das hier nicht im Detail darstellen, aber eine Verwaltung, die zehn Jahre lang solche Missstände nicht erkennt, hat ein Defizit. Dass der damalige Verwaltungsdirektor zwar eine persönliche Schuld zurückgewiesen, aber die politische Verantwortung für den Skandal übernommen hat und von seiner anstehenden Vertragsverlängerung zurückgetreten ist, war ein konsequenter Schritt.
Noch einmal: Wenn es einen Skandal in der Geschichte des MDR gegeben hat, dann war es dieser KIKA-Betrugsfall. Dafür gibt es keine Entschuldigung, und das lässt sich nicht relativieren. Ein MDR-Mitarbeiter hat seine Positionmissbraucht, um Gebührengeld, das für ein Kinderprogramm bestimmt war, gezielt für sich selbst zur Seite zu schaffen. Das war ein enormer Imageschaden für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, für den Medienstandort Mitteldeutschland und für den MDR als Federführer. Letztlich habe ich dafür geradezustehen, und es fällt zu Recht ein Schatten auf meine Amtszeit. Natürlich haben wir sofort alle möglichen Schritte in die Wege geleitet, damit so etwas nicht wieder vorkommen kann.
Verglichen damit ist der Fall Foht, der dritte »Skandal«, den man uns vorgeworfen hat, eine Lappalie. Etwa so wie das Satyrspiel nach der griechischen Tragödie, vor allem wenn man an die Rollen denkt, die einige Kollegen in der Presse dabei gespielt haben. Auch hier erst einmal der Sachverhalt:
Am 26. Juli 2011 ging bei der Juristischen Direktorin des MDR ein Hinweis auf merkwürdige Geldgeschäfte des Herrn Foht ein. Udo Foht war der Chef
unserer Fernsehunterhaltung. Ein erfolgreicher Mann, den immer wieder andere Sender, darunter auch das ZDF, bei uns abzuwerben versucht hatten. Dieser
Herr Foht hatte offenbar außerhalb der normalen Finanzierungswege bei verschiedenen Produzenten Zahlungen veranlasst, mit denen er nicht oder noch nicht
genehmigte Produktionen vorbereitete und gelegentlich auch klammen Produzenten im Vorfeld einer Produktion unter die Arme griff. Diese »Vorfinanzierungen«
verstießen natürlich gegen jede Dienstvorschrift. Das Geld wurde dann offenbar mehr oder weniger mühsam zurückgezahlt oder verrechnet oder auf andere
Projekte übertragen, bis am Ende ein Geflecht von Vor-, Zwischen- oder Garnicht-Finanzierungen entstand, das durch den erwähnten Hinweis an die
Juristische Direktion aufflog. Daraufhin suspendierte der MDR Herrn Foht mit sofortiger Wirkung, erstattete Strafanzeige und übergab dieUnterlagen der Staatsanwaltschaft. Foht wurde entlassen. Ein direkter finanzieller Schaden ist dem MDR offenbar nicht entstanden. Später einigten sich der Sender und Foht auf einen arbeitsrechtlichen Vergleich.
Der Zirkus, den einige Zeitungen auf dieser kargen Basis veranstalteten, hatte sich gewaschen. Natürlich passte es schön zum Skandal um den Kinderkanal. Da taumelte offenbar ein Sender am Rande des Abgrunds. Ein wenig aufpeppen ließ sich die Sache noch durch einen Brief, in dem ein Produzent sich schon im September 2009 an mich gewandt und sich beklagt hatte, dass ihm Herr Foht 10 000 Euro schulde. Ich habe den Vorgang damals an den Fernsehdirektor Wolfgang Vietze weitergegeben und erhielt von ihm
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