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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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verstopft wird von unberechenbaren Touristen, von Bewohnern der Vororte, die für einen Tag in die Stadt strömen und von weit über zwanzig Obdachlosen, die sich vor der stickigen, schwülen Julihitze ins Innere geflüchtet haben.
    Mein Zug geht um 13   :   32   Uhr, und sosehr ich mich auch durch die Menschenmassen schiebe, ist es so gut wie aussichtslos, dass ich es innerhalb von hundertzwanzig Sekunden bis auf den Bahnsteig schaffe. Außerdem muss ich mir ja noch eine Fahrkarte kaufen.
    Schlitternd komme ich vor einem der Schalter zum Stehen, werfe dem Angestellten zwölf Dollar hin und bitte um eine Hin- und Rückfahrkarte nach Rye. Gerade als ich zur riesigen elektronischen Uhr direkt über mir blicke, schaltet die Anzeige um, und das war’s dann: Ich verpasse hochoffiziell die Eröffnungsfeierlichkeiten der Geburtstagsparty von Jacks Nichte. (Zur Einstimmung soll es Topfschlagen geben, danach die große Schatzsuche und zur Erfrischung später Snacks und Getränke.)
    Das war in der Vergangenheit anders. Meine Verspätung ist also alles andere als vorgesehen. Vorgesehen war, dass ich pünktlich auf die Minute und wie verabredet eintreffenwürde. Den Rest des Nachmittags sollte ich dann eigentlich damit verbringen, mich für Jacks drei Geschwister in Szene zu setzen, den Posten am Fass fürs Apfeltauchen zu besetzen und – am allerwichtigsten – seiner Mutter zu beweisen, dass ich klug genug, clever genug, kultiviert genug, schön genug, einfach in allem genug wäre, um die Lebensgefährtin ihres Sohnes zu sein.
    Und jetzt komme ich zu spät.
    Super! Wirklich super!
, denke ich, sinke auf eine Bank vor den Schaltern und wische mir die Schweißperlen aus der Stirn.
    Den ganzen Vormittag habe ich in der Agentur verbracht: Ich dachte doch tatsächlich, alle Details der Coke-Kampagne bis ins Letzte zu kennen. Aber es stellte sich heraus, dass es weit schwieriger ist, das Zepter selbst zu schwingen – im Gegensatz zum letzten Mal   –, und dass die Arbeit mich ganz schön schaffte.
    «Aber du kommst, oder?», hatte Jack mich heute Morgen gefragt, während ich einen alten Bagel runterschlang und ungeduldig darauf wartete, dass der Kaffee fertig wäre. «Weil ich nämlich glaube, dass das ziemlich nützlich sein könnte.»
    Ich kaute auf dem trockenen Bagel herum und schluckte schwer, um ihn durch meine Kehle zu würgen.
    «Natürlich komme ich», fuhr ich ihn an. «Ich wüsste nicht, was ich lieber täte, als den Tag damit zu verbringen, deine Mutter zu beeindrucken. Was, nach meinem Wissen, sowieso fast unmöglich ist.»
    «Jetzt komm schon, Jill», sagte Jack. «Sie hatte letzten Monat wirklich allen Grund dazu, beleidigt zu sein.»
    Obwohl es theoretisch fast ein Jahrzehnt zurücklag,wusste ich sofort, worauf er anspielte: das «Debakel», wie er es irgendwann nur noch nennen würde, inklusive zugehöriger Gänsefüßchen. Denn genau dieses «Debakel» war es, was unsere Beziehung schließlich vollends in Schieflage bringen würde, so wie die Titanic, ehe sie auseinanderbrach und in den eisigen Wassern des Atlantiks versank.
    Jacks Mutter Vivian wollte ihren sechzigsten Geburtstag feiern und war in die Stadt gekommen, um in der Wohnung einer Freundin ihre Gäste zu empfangen. Es war eine dieser langgestreckten Wohnungen, die ein ganzes Stockwerk einnehmen, und in denen es nach Geld riecht, falls Haushälterin und persönliche Floristin nicht alles mit einem penetranten Geruch nach Möbelpolitur und Rosen überdecken.
    Als wir ankamen, küsste Jack – im schicken grauen Anzug – seine Mutter liebevoll auf die Wange, und sie zog ihn so fest an sich, dass ich schon dachte, sie würde ihn nie mehr loslassen. Dann streckte sie mir kühl die Hand entgegen, sagte mit hochgezogener Augenbraue «Jillian», und ich fragte mich, ob mir von ihrer frostigen Ausstrahlung die Nase abfrieren würde.
    «Hast du das gesehen?», flüsterte ich Jack zu, als wir uns auf die Suche nach Getränken machten.
    «Das ist doch lächerlich», antwortete Jack und bat die Servicekraft um zwei Gläser Scotch. «Sie ist eben so. Sie ist nicht der Typ für überschwängliche Zuneigungen außerhalb der Familie.»
    «Wäre es denn zu viel verlangt, ihre Haltung der Frau gegenüber zu verändern, mit der du jetzt seit
zwei Jahren
zusammen bist?»
    «Nicht jetzt», sagte Jack. «Auf diese Diskussion habe ich jetzt wirklich keine Lust.»
    «Bei dir heißt es immer ‹nicht jetzt›», zischte ich in dem Augenblick, als Jacks ältere Schwestern

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