Gestern, heute - jetzt
Körper und einen delikaten, fruchtigen Abgang. „Gut“, murmelte sie. Rafael sagte nichts, sondern schritt einfach zum nächsten.
Sie nippten. Sie kosteten. Was Simone anging, so war auch dies ein sehr guter Wein. Etwas robuster als der zweite. Mit leicht pfeffriger Note. Klarer, glatter Abgang. Dennoch gefiel ihr der zweite Wein am besten.
„Welcher soll es sein, Prinzessin?“
„Der zweite.“
Er nickte und stellte die Flasche zur Seite. Ob er ihrer Wahl zustimmte, wusste sie nicht. Vielleicht wollte er auch einfach nur die Weinprobe beenden, damit er endlich gehen konnte. Vielleicht war das gar keine schlechte Idee.
Rafe griff nach dem Rotwein und schenkte wieder zwei Gläser ein. Angels Tears. Ein aufrüttelnder Name. Der Wein hatte eine wunderbare Farbe. Sie nippte erst einmal, dann gleich noch einmal. Er schmeckte herrlich. „Oh, ja“, lobte sie. „Luc wird diesen Wein lieben.“
„Und du?“ Rafael hatte sein eigenes Glas noch nicht angerührt. Sein Blick lag auf ihr, ganz so als wolle er ihre Reaktion auf den Wein genau beobachten. „Gefällt er dir?“
„Ist dir das wichtig?“
Er schaute fort, in Richtung des Kamins und der Blumen. „Nein.“
Nein. Eine Schwere senkte sich auf sie und mit ihr das Bedauern darüber, was hätte sein können. Aber nicht war. Es müsste nicht so sein. Wirklich nicht. „Er ist erstklassig“, sagte sie. „Aber das bist du schließlich auch. Du warst es schon immer.“
Rafe zuckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen.
Simone senkte den Kopf und schloss die Hände um das Weinglas.
„Sag Gabrielle, dass ich gehen musste.“ Seine Stimme klang gepresst und rau, so als hätte er sich heiser geschrien. „Sag ihr, dass es mir leidtut und dass an ihrem Hochzeitstag alles bestens sein wird.“
„Das werde ich.“ Sie blickte auf die dunkle, schimmernde Flüssigkeit in ihrem Glas. Das Bild verschwamm vor ihren Augen. Es folgten noch mehr Tränen. Ihre Tränen.
„Simone?“, sagte er als Nächstes, woraufhin sie die Augen schloss und den Schmerz, ihren Namen von seinen Lippen zu hören, durch ihren Körper fließen ließ.
„Rafael.“
„Ich bin froh, dass du den Wein magst.“
Sie wartete, bis seine Schritte verklungen waren, dann erst ließ sie den Tränen freien Lauf. „Ich auch.“
3. KAPITEL
„Dir ist schon klar, dass du dich unmöglich verhältst?“
Rafe blickte von dem Papierkram hoch, den er gerade bearbeitete, und betrachtete seine Schwester mit einer Art grimmigem Humor. Seit einer halben Stunde schlich sie nun schon um das Thema herum, wie er Simone behandelte, und wartete auf eine Eröffnungsmöglichkeit, die er ihr nicht lieferte. Das hier war nicht unbedingt die Taktik, zu der er ihr geraten hätte, aber das würde sie wohl noch schnell genug herausfinden. „Wieso das?“
„Die Art und Weise, wie du Simone das Gefühl gibst, nicht willkommen zu sein.“
„Sie ist nicht willkommen.“
„Sie ist meine Brautjungfer. Sie ist die Schwester des Bräutigams. Und sehr bald wird sie zur Familie gehören.“
Rafe machte ein finsteres Gesicht. Daran musste er wirklich nicht erinnert werden.
„Sag mir eins, Rafe, was willst du an Weihnachten tun, wenn wir alle zusammen sind? Oder wenn du zur Taufe eingeladen wirst?“
„Welche Taufe?“ Sein Blick flog zum Bauch seiner Schwester. „Du bist doch nicht etwa …?“
„Noch nicht“, entgegnete sie. „Aber eines Tages möchte ich es sein, mehrfach sogar, und ich will, dass du ein Teil des Lebens meiner Kinder bist.“
Oh, großer Gott, jetzt redete sie schon von mehreren Kindern. „Können wir dieses Gespräch nicht führen, nachdem du sie bekommen hast?“
Gabrielle betrachtete ihn streng. „Was ich sagen will, ist, dass du und Simone zwei der drei wichtigsten Menschen in meinem Leben seid. Kannst du nicht wenigstens versuchen, dich länger als fünf Minuten mit ihr in einem Raum aufzuhalten?“
„Fünf Minuten sind eine lange Zeit“, versetzte er. Besonders dann, wenn ein Mann hin- und hergerissen war zwischen dem Bedürfnis, einer Frau die Kleider vom Leib zu reißen und sich tief in ihr zu versenken, oder sie nackt an den nächsten Bettpfosten zu binden und sie dafür auszupeitschen, dass sie ihm solchen Schmerz bereitete. Wie auch immer, es schien oberste Priorität zu haben, sie auszuziehen. „Immerhin habe ich mich von drei Minuten auf fünf gesteigert.“
„Kannst du nicht einfach …?“
„Nein“, unterbrach er sie ruhig und kontrolliert. Dennoch war der
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