Gestern, heute - jetzt
sie den Eindruck dieser harschen, harten Worte beschreiben, die er sich in die Haut hatte ritzen lassen, auch wenn es noch so kunstvoll gemacht worden war? „… trostlos. Es gibt doch sicherlich Dinge, die es wert sind, sich daran zu erinnern?“ Ein junges Mädchen und ein hübscher älterer Junge, die einen kleinen Frosch aus ihrem Stiefel herauslockten und in das Nest hineinbetteten, das sie für ihn gemacht hatte. Ein erster Kuss, der süßer als Wein schmeckte. Die erste zärtliche Berührung der großen Liebe. Sie suchte seinen Blick und hielt ihn fest. „Oder etwa nicht?“
Rafe sagte nichts. Er schaute einfach nur zur Seite, griff nach dem frischen T-Shirt und streifte es über.
„Wann hast du es machen lassen?“, fragte sie als Nächstes. Irgendwie kam sie nicht darüber hinweg, dass er jemanden bezahlt hatte, um diese Worte in seine Haut zu ätzen.
Zuerst glaubte sie, dass er auch darauf nicht antworten würde, doch dann lächelte er bitter und schaute sie grimmig an. „Gleich als ich nach Australien gekommen war. Direkt nachdem ich dich verlassen hatte.“
„Oh“, murmelte sie, während tief in ihrem Inneren Zorn darüber aufflammte, dass er unterschwellig ihr die Schuld an seinem Schmerz und dieser Tätowierung gab. „Ich habe einfach nur sechs Monate lang geweint, dich weitere sechs Monate verflucht und dann die glücklichen Erinnerungen an dich in mir aufbewahrt. Das tue ich immer noch. Muss so eine Frauensache sein.“
„Vielleicht hat es eher etwas mit der Stärke der Gefühle zu tun.“
„Darauf würde ich nicht wetten“, versetzte sie wütend. Wie konnte er es wagen, ihre Liebe für ihn als etwas Schwaches und Flüchtiges darzustellen? Wie konnte er es wagen, sie zur Verräterin abzustempeln? „Du willst die Vergangenheit vergessen, Rafael? Schön. Wie du willst. Es ist dein Verlust.“ Empörung sprach aus ihren Worten, während sie auf ihn zuging. „Du willst nur für den Augenblick leben und vielleicht noch für die Zukunft? Bitte sehr. Zeig mir dein verdammtes Weingut!“
„Vorsicht, Simone.“ Seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. Ein Nerv zuckte an seiner Wange. „Flüche stehen einer Lady nicht gut zu Gesicht.“
„Wenn deine Erinnerung dich noch nicht völlig im Stich gelassen hätte, dann wüsstest du, dass es mir oft große Freude bereitet, mich nicht wie eine Lady zu benehmen. Möchtest du eine Demonstration?“
„Was willst du tun, Prinzessin?“ Sie standen jetzt direkt voreinander. Die Anspannung, die von ihm ausging, war förmlich greifbar. „Mich schlagen?“
„Oh, nein.“ Auch wenn die Versuchung groß war. „Davon hast du in deiner Kindheit genug abbekommen, erinnerst du dich? Ich dachte an etwas wesentlich Subtileres.“ Sie legte ihre Hand erst auf seine Brust, ehe sie sie um seinen Nacken gleiten ließ und dabei ihre Lippen auf seine Wange presste. Zärtlich.
„Du glaubst, dass ich dich nicht geliebt habe“, hauchte sie. Ein weiterer Kuss auf sein störrisches Kinn, gefolgt von einem Kuss auf seinen Mundwinkel. „Du glaubst, dass deine Gefühle stärker waren als meine und dass du der Einzige warst, der sich verzweifelt und verlassen gefühlt hat.“
Sie gab ihm Zeit, sich von ihr zu lösen, ja, diese Möglichkeit gab sie ihm.
Seine Brust hob und senkte sich heftig, und er holte tief Luft, doch er blieb, wo er war.
„Du täuschst dich“, wisperte sie und presste ihre Lippen auf seine. Gott steh ihr bei.
Seine Lippen waren fest und warm. Und geschlossen. Mit der Zungenspitze berührte sie ihn vorsichtig und schmeckte Salz. Sie spürte den Schauer, der durch seinen Körper ging, doch sein Mund blieb hartnäckig geschlossen. Simone begann, sich von ihm zurückzuziehen. Experiment beendet. Experiment misslungen.
Da schnellte seine Hand hoch, er umschloss ihr Gesicht, seine Lippen öffneten sich unter den ihren, irgendwo brach ein Damm, und die Welt um sie herum versank.
Waghalsig. Sie war so verdammt waghalsig. Das war schon immer so gewesen, ganz besonders wenn es dazu kam, sich zu lieben. Rafe vertiefte den Kuss und schwelgte in ihrer uneingeschränkten Hingabe. Die Art und Weise, wie sie ihre Finger in seinem Haar vergrub oder wie sich ihr hungriger, gieriger Mund unter seinem anfühlte. Erinnerungen stürzten auf ihn ein. Ja, er erinnerte sich an diesen Mund und daran, ihren ganzen Körper mit seinen Lippen markiert zu haben. Das hatte er nie vergessen.
Glühend heißes Verlangen verzehrte ihn, und sie tat nichts dagegen, die
Weitere Kostenlose Bücher