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Gestern, heute - jetzt

Gestern, heute - jetzt

Titel: Gestern, heute - jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Hunter
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würde sie schützen. Von wegen.
    „Du musst es ihm sagen“, drängte Gabrielle.
    „Wem sagen?“
    „Jetzt hör bloß auf.“ Gabrielle warf ihr einen scharfen Blick zu. „Meinem Bruder. Rafael. Hat er dich seit der Hochzeit kontaktiert?“
    „Nein.“ Simone blickte zur Seite, während sich ihr Herz schmerzhaft zusammenzog. „Ich erwarte es auch nicht. Wir haben eine Nacht miteinander verbracht, Gabrielle. Sie hat ihm nichts bedeutet.“
    „Nun, sie hat aber etwas produziert“, versetzte Gabrielle knapp. „Du musst es ihm sagen.“
    „Meinst du nicht, dass ihm schon genug Verantwortung auferlegt wurde?“
    „Mir ist völlig egal, wie viel Verantwortung ihm auferlegt wurde“, fauchte Gabrielle. „Das hier ist eine Verantwortung, die er sich selbst eingebrockt hat! Um Himmels willen, Simone. Willst du wirklich, dass dein Kind aufwächst, ohne seinen Vater kennenzulernen? Willst du, dass die Kindheit dieses Babys der von Rafael gleicht?“
    „Ich liebe dieses Baby“, erwiderte Simone heftig. „Und es wird niemals so eine Kindheit erleben wie Rafael.“
    Gabrielle ließ sich erneut zurückfallen. „Willst du meine Meinung hören? Als deine Freundin und Rafaels Schwester?“
    Simone nickte.
    Gabrielle runzelte besorgt die Stirn. „Also schön. Ich weiß zu schätzen, dass du Rafael nicht noch mehr aufbürden willst, als er ohnehin schon tragen muss, aber hier gibt es keinen anderen Weg, Simone. Dich noch länger davor zu drücken, macht es nicht leichter. Du musst es ihm sagen.“
    „Das werde ich ja auch.“ Simones Hand zitterte, als sie nach dem Messer griff. „Bald.“ Sobald sie den Mut gefasst hatte. „Nur noch nicht jetzt.“
    Etiennes Weingut war eine imposante Steinfestung, die im spanischen Stil errichtet worden war. Rafael hatte nicht vorgehabt, sich dort wohlzufühlen, doch er konnte nicht leugnen, dass er es dennoch tat.
    Ihm gefiel dieser Ort.
    Etienne hatte sich gewünscht, dass er im großen Palast in der Hauptstadt wohnte, doch dagegen hatte Rafael sich gesträubt. Das Weingut, für dessen Restaurierung er von Etienne bezahlt wurde, befand sich hier. Er brauchte keine Unterkunft im Palast. Er wollte auch gar nicht dort wohnen.
    Seit er in Maracey angekommen war, quollen die Zeitungen über mit Fotos von ihm und Etienne. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen war niemandem verborgen geblieben. Ein schlichtes Statement des Palastes hatte den Rest besorgt.
    Herzlich willkommen, Rafael Alexander de Morsay, Sohn von Etienne de Morsay.
    Die Presse hatte sich fast überschlagen.
    Rafael lächelte grimmig. Er war jetzt seit einem Monat hier und stürzte sich seitdem in die Arbeit. Hin und wieder bat ihn Etienne um seine Teilnahme an einem Staatsdinner oder bei einem Bankett. Immer häufiger nahm er auch an Etiennes Regierungsberatungen teil. Diese Sitzungen genoss er. Wenn der Arbeitstag achtzehn Stunden lang war und voller komplexer politischer Angelegenheiten, dann hatte er keine Zeit, um über die Dinge nachzudenken, die er zu Simone Duvalier gesagt hatte.
    Und über die Dinge, die er nicht gesagt hatte.
    Harrison drängte ihn wiederholt, nach Caverness zu fahren und mit ihr zu sprechen. Zumindest solle er sie anrufen.
    Rafe griff ungefähr hundertmal zum Hörer und wählte die Nummer, doch jedes Mal legte er aus Angst wieder auf. Was konnte er Simone schon bieten? Eine weitere Nacht?
    Das wäre ihm niemals genug.
    Ein paar Stunden, die sie sich zwischen seine und ihre Verpflichtungen stahlen?
    Dann dachte er jedes Mal an die letzten, bitteren Worte, die er ihr entgegengeschleudert hatte, und er wusste, dass Simone danach mit Sicherheit keine wie auch immer geartete Beziehung mehr mit ihm führen wollte.
    Nein, das Einzige, was sie erwarten würde, wäre eine Entschuldigung. Das war das Mindeste, was er ihr schuldete, und er hätte sie schon vor Wochen, vor Monaten aussprechen sollen. Je länger er damit wartete, desto schwerer wurde es.
    Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe.
    Das war der Anfang. Das war der leichte Teil.
    Wenn es in meinem Leben eine Frau gäbe, der ich vertrauen könnte, dann wärst du es. Wenn.
    War das eine Entschuldigung? Er wusste es nicht. Vermutlich nicht.
    Die Sonne brannte unbarmherzig auf seinen Rücken, während er Meter um Meter die steinige, harte Erde mit der Spitzhacke bearbeitete. In diesem Moment meldete sich sein Handy mit lautem Klingeln. Es lag mitten zwischen einer Auswahl an Werkzeugen, die sich in dem Schubkarren ein paar Schritte entfernt befand.

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