Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
Vom Netzwerk:
abwechselnd verhalten und euphorisch. Verhalten, wenn seine Freundin Marianne, die links neben ihm stand, misstrauisch zu ihm schaute. Begeistert, wenn sie das nicht tat. Seine im Grunde phantastische Lebensabschnittsgefährtin neigte zu unkontrollierten Eifersuchtsausbrüchen, und er wollte nicht, dass sie ihm den restlichen Abend Vorhaltungen darüber machte, er hätte der Hauptdarstellerin flirtend zugeklatscht.
    Rechts neben Seifferheld stand seine Schwester Irmgard, die ihren Beifall damenhaft spendete, mit den weißen Spitzenhandschuhen, die sie von ihrer (und seiner) Mutter geerbt hatte. Ihre Zurückhaltung gründete auf dem Umstand, dass sie es dem Intendanten übelnahm, mainstreamschnittige Erfolgsstücke zu inszenieren wie diese für die Bühne bearbeitete Fassung des Romans von Emmanuel Bové mit Gesang und Tanz. Ihrer Meinung nach gehörten die drei Klassiker Schiller, Goethe und Shakespeare auf die Treppe und sonst nichts. Und natürlich das Haller Traditionsstück, der Jedermann. Theater hatte gefälligst zu bilden, nicht zu unterhalten, und ausverkaufte Vorstellungen stellten für Irmgard einen Kotau vor dem korrupten Kommerzgott dar.
    Die anderen Mitglieder des Seifferheld-Clans hielten jedoch mit ihrer Begeisterung nicht zurück. Inklusive Seifferhelds geistlichem Schwager Helmerich Hölderlein, seiner Nichte Karina und ihrem Lebensabschnittsgefährten Fela, seiner Tochter Susanne und deren Lebensabschnittsgefährten Olaf sowie Olga, ihrer kasachischen Nicht-Putzfrau, hatte die Sippe fast die komplette Stuhlreihe belegt.
    »Bravo!«, grölte Karina, steckte sich zwei Finger in den Mund und pfiff.
    »Brava!«, rief ihr Freund Fela und »Zugabe!«, weil er sich insgeheim noch einmal den flotten Ohrwurm-Song Tu m’enivres wünschte, bei dem Salina Tressler durch die Reihen schritt und Männern über den Kopf strich. Fela hoffte, dass sie dieses Mal bei seinem krausen Kurzhaarschnitt haltmachen würde, eine nicht ganz unbegründete Hoffnung, schließlich saß er außen am Rand der Reihe und sah aus wie der junge Will Smith.
    »Zugabe!«, jubelte auch Pfarrer Hölderlein, dem während der Vorstellung von allen Seiten immer wieder ein »Pscht!« zugezischelt worden war, weil er sämtliche Lieder, auf das dicke Programmheft in seinem Schoß trommelnd, begleitet hatte. Trommeln war seine Leidenschaft, seit er eine unvergessliche Woche lang als Missionar in Kenia geweilt hatte.
    »Bravo!«, rief auch Susanne Seifferheld, die gutes Theater zu schätzen wusste.
    »Bravo!«, stimmte Susannes Partner Olaf mit ein, der einen Großteil der Aufführung verpennt hatte – bis auf die Badewannenszene mit Salina Tressler, in der die Schauspielerin tatsächlich im Evakostüm in eine am Kopfende der Treppe aufgestellte Jugendstilwanne gestiegen war. Die Szene fand er klasse. Die war ein Bravo wert. Theater war ja sonst nicht so seins.
    »Ausziehen, ausziehen!«, schrie Nicht-Putzfrau Olga, die eine Schwäche für gut gebaute Männer hatte. Ins Stück war eine – jugendfreie! – Stripnummer integriert worden, bei der drei männliche Tänzer die Hüllen bis auf Boxershorts in den französischen Nationalfarben fallen ließen. Das hatte Olga zum Anlass genommen, ihr Smartphone zu zücken, aufzuspringen und Fotos zu schießen, obwohl das natürlich streng untersagt war. Es waren auch gleich zwei Ordner in roten Polohemden herbeigeeilt und hatten sie höflich aufgefordert, das Fotografieren bitte zu unterlassen. Und in den Reihen hinter Olga hatte es – sehr viel weniger höflich – »Setzen!«-Rufe gehagelt. Zu dem Zeitpunkt hatte sie jedoch die halbnackten Jungmänner schon mehrdutzendfach abgelichtet.
    Die Begeisterung des Publikums trug Früchte.
    Es gab noch drei Zugaben – eine Tanznummer und zwei Liebeslieder, eins davon aus der Kehle von Sunil Gupta, einem indischen Tenor, der am Goethe-Institut in Hall Deutsch gelernt hatte und dann in der Stadt ansässig geworden war –, – und darauf folgte noch mehr Applaus. Alle waren sich einig: ein Triumph!
    Allerdings kühlte es, kurz vor dreiundzwanzig Uhr, dann doch merklich ab. Der Applaus verebbte, Bewegung kam in die Menge, die Premierenfeier rief.
    Die Honoratioren der Stadt zogen in langer Schlange ins barocke Rathaus ein, wo es für die geladenen Premierengäste Häppchen und Alkoholika gab sowie die Gelegenheit, die frisch geduschten Darsteller hautnah zu erleben.
    »Mir nach!«, befahl Irmgard Seifferheld.
    »Wir sind doch nicht eingeladen«, protestierte

Weitere Kostenlose Bücher