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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Siegfried Seifferheld.«
    Die Männer nickten sich zu.
    »Verzeihung, ich dachte, Sie sind der Landesschau -Freund von Frau Söback«, sagte Seifferheld und biss in sein frisch ergattertes Schinkenhörnchen. Das war die hohe Kunst des Smalltalks am kalten Buffet: eine Frage stellen, abbeißen, kauen. Während man kaute, antwortete das Gegenüber, und zwar punktgenau so lange, wie man zum Kauen brauchte, um dann seinerseits eine Frage zu stellen. Wie bei einem Tennismatch hüpfte der Ball der Gesprächsführung von einem zum anderen, bis Hörnchen und Käsestange verzehrt wären. Dann erforderte es die Etikette, dass man sich einen anderen Partner zum Smalltalkmatch suchte. Oder an den Tisch mit den Getränken weiterwanderte.
    »Meine Frau hat keinen Landesschau -Freund. Ich bin der Einzige bei der Landesschau, den sie kennt. Ich hätte übrigens großes Interesse an Ihnen«, erklärte Herr von Krottwitz und schob sich den Rest seiner Käsestange in den Mund mit den blütenweißen Zähnen.
    Das war jetzt blöd, weil keine Frage. Und ein »Ach ja, wie meinen Sie das?« als Antwort dauerte nicht lange genug, bis Krottwitz zu Ende gekaut hatte. Seifferheld hielt gesprächstechnisch den Schwarzen Peter in der Hand.
    Und überhaupt, wie redete man einen von Krottwitz an? War der Mann ein Baron oder ein Freiherr oder einfach nur ein »von«?
    Aus den Augenwinkeln nahm Seifferheld wahr, wie die beiden Servicefrauen am Getränketisch kritisch zu ihm herüberschauten. Jetzt, wo die erste Hektik vorüber war, registrierten sie allmählich, wer genau anwesend war. Und Seifferheld stand nicht auf der Gästeliste.
    In der Zwischenzeit erlöste von Krottwitz ihn von seinen Überlegungen, indem er nämlich mit vollem Mund die Worte »Ich will Sie ins Fernsehen bringen« äußerte und noch »Als Stopfer« hinterherspuckte.
    War es unhöflich, sich jetzt die Krümel mit dem Handrücken aus dem Gesicht zu wischen? Aber die Krümel waren ohnehin nicht Siggis dringlichstes Problem.
    »Wieso als Stopfer?«, fragte Seifferheld mit absolut verständnislosem Blick.
    »Ja, sind Sie denn nicht der, der noch von Hand Socken stopft?«, fragte der Landesschau -Mensch und tupfte sich Käsestangenkrümel mit der Serviette aus den Mundwinkeln. »Wackerer Ausübender der längst in Vergessenheit geratenen Sockenstopfkunst, kühn dem Aussterben trotzend?«
    »Nein!«, erwiderte Seifferheld stinkesauer. »Ich sticke! Ich sticke Zierkissen und Wandbehänge und manchmal auch Tischläufer.«
    »Ach«, sagte von Krottwitz. »Na, macht nichts. Ist auch irgendwie interessant. Kommen Sie bei Gelegenheit nach Stuttgart, dann machen wir ein Interview im Studio.«
    Seifferheld konnte es nicht glauben. Anders ausgedrückt, er war fassungslos. »Das kann ich nicht«, stammelte er.
    »Quatsch. Sie haben doch eine interaktive Radiokolumne, hat mir meine Frau erzählt. Da bringen Sie locker ein Live-Interview zustande. Und wer weiß, wenn Sie kameratauglich sind, könnten Sie vielleicht einmal die Woche nachmittags bei Kaffee oder Tee eine Ratgeberecke für stopfende – Verzeihung – stickende Männer präsentieren«, erklärte der Stuttgarter, mit nunmehr leerem Mund und daher ohne Versuche im Krümelweitspucken.
    Im Ratssaal brandete der Schlussapplaus auf, die ersten Premierengäste strömten in Richtung Getränketisch.
    »Überlegen Sie es sich, ich melde mich wieder, meine Frau hat ja Ihre Daten.« Von Krottwitz klopfte Seifferheld noch einmal abschließend auf die Schulter und beeilte sich dann, vor den Honoratioren, die wie eine Stampede von Bisons quer über die Parkettprärie in Richtung der Alkoholika stürmten, an den Getränketisch zu kommen. Keine Chance. Er wurde seitlich in Richtung Toilette abgedrängt.
    Seifferheld sah ihm kopfschüttelnd nach, dann nahm er sich noch ein Schinkenhörnchen.
    »Herr Seifferheld, Sie auch hier?« Plötzlich materialisierte sich Polizeichefin Gesine Bauer neben ihm. Das Sie auch hier klang ungläubig, als habe man vonseiten des Party-Organisationsteams lebende Kakerlaken als Tischdekoration fürs Buffet ausgesucht.
    Er versuchte, trotzig zu schauen, aber es gelang ihm nicht. Diese halb so alte Frau jagte ihm einen Heidenrespekt ein.
    »Äh …«, fing er an.
    »Frau Bauer!«, bellte Irmgard, seine Schwester und rettender Engel, mit ihrer Nebelhornstimme. Die Umstehenden fuhren zusammen. Dabei war das noch ihre freundliche Begrüßungsstimme. Wen sie nicht leiden konnte, den donnerte sie mit ihrem Organ gern auch mal in

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